Ep. 279: Der CEO-Mord und das Gesundheitssystem der USA
Dec 11, 2024
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Ein CEO eines Krankenversicherers wird in New York ermordet, und das Internet reagiert mit schwarzem Humor und Beilustigungen. Der Fall wirft ein Schlaglicht auf die brutalen Praktiken der amerikanischen Krankenversicherung. Die Diskrepanz zwischen den Systemen in den USA und Deutschland wird beleuchtet. Themen wie Preisdiskriminierung und die problematische Rolle von KI in Genehmigungsprozessen werden diskutiert. Schließlich wird die gesellschaftliche Akzeptanz von Gewalt gegen Versicherer in Krisenzeiten thematisiert.
Der Mord an Brian Thompson spiegelt die Frustration vieler Menschen über ein ungerechtes und brutales amerikanisches Versicherungssystem wider.
Das amerikanische Gesundheitssystem ist durch Unterversicherung geprägt, was oft zu finanziellen Ruinen und Privatinsolvenzen aufgrund medizinischer Kosten führt.
Im Gegensatz dazu sorgt das deutsche Krankenversicherungssystem durch Pflichtversicherung dafür, dass alle Bürger unabhängig von ihrem Einkommen Zugang zu medizinischer Versorgung erhalten.
Deep dives
Der Mord und die Reaktionen der Gesellschaft
Der Mord an dem CEO einer großen amerikanischen Krankenversicherung löste in der Bevölkerung gemischte Reaktionen aus, die von Häme bis zu schwarzem Humor reichten. Es wurde diskutiert, dass der Täter ein Zeichen gegen das Versicherungswesen setzen wollte, das er als schädlich erachtete. Die Verwendung von Begriffen auf dem Tatort, die an die Praxis der Versicherungsgesellschaften erinnerten, deutet darauf hin, dass der Mord nicht nur ein persönlicher Akt, sondern auch eine politische Botschaft war. Diese Reaktionen werfen ein Licht auf die Frustration der Menschen mit einem System, das viele als brutal und ungerecht empfinden.
Das amerikanische Versicherungssystem
Das amerikanische Versicherungssystem ist komplex und durch zahlreiche Probleme gekennzeichnet, die oft in finanziellen Ruinen für die Betroffenen enden. Viele Amerikaner sind unterversichert, was bedeutet, dass sie hohe medizinische Kosten haben, die durch ihre Versicherung nicht abgedeckt sind. Statistiken zeigen, dass eine erhebliche Anzahl von Privatinsolvenzen in den USA auf medizinische Kosten zurückzuführen ist, selbst bei Versicherten. Diese Bedingungen verdeutlichen, dass die Absicherung im Falle einer Krankheit oder Verletzung oft nicht die erhoffte Sicherheit bietet, sondern vielmehr zu einer finanziellen Belastung führt.
Unterschiede zur deutschen Krankenversicherung
Im Gegensatz zum amerikanischen System gilt in Deutschland eine Krankenversicherungspflicht, die sicherstellt, dass nahezu alle Bürger versichert sind. Hier ist die Versicherung nicht freiwillig; die Menschen haben einen Anspruch auf medizinische Leistungen, unabhängig von Alter oder vorherigen Erkrankungen. Während es in den USA massive Preisunterschiede gibt und bestimmte Gruppen benachteiligt werden, ist das deutsche System relativ egalitär, da alle Versicherten den gleichen Beitrag zahlen und ähnliche Leistungen erhalten. Dieses System sorgt dafür, dass möglichst viele Menschen Zugang zu medizinischer Versorgung haben, was in den USA stark eingeschränkt ist.
Die Rolle von KI und Struktureller Gewalt
Technologische Fortschritte, wie der Einsatz von Künstlicher Intelligenz bei Krankenkassen, haben zur Ablehnung berechtigter Ansprüche geführt, was in vielen Fällen fatale Folgen hat. Diese KI wird in den Verfahren genutzt, um Anträge abzulehnen, was als eine Form struktureller Gewalt betrachtet werden kann, da sie zum Tod von Patienten führen kann, die auf diese medizinischen Leistungen angewiesen sind. Der Einsatz dieser Technologien wirft ethische Fragen auf, da Profitmaximierung oft über die gesundheitlichen Bedürfnisse der Menschen gestellt wird. Diese Praktiken verdeutlichen die Absurdität eines Systems, in dem Kapital vor Menschlichkeit kommt.
Gesundheit als Ware und soziale Ungerechtigkeit
Die Kommerzialisierung des Gesundheitswesens wird als eine der Hauptursachen für das Versagen des amerikanischen Systems in der adäquaten Versorgung der Bevölkerung angesehen. Diese Kommerzialisierung führt zu massiven sozialen Ungleichheiten, da der Zugang zu medizinischer Versorgung oft vom Einkommen abhängt. Reiche Amerikaner können sich bessere Versicherungen leisten und erhalten damit auch bessere medizinische Leistungen, während ärmere Bürger oft unterversichert sind und in einer ständigen finanziellen Unsicherheit leben. Dies hat nicht nur individuelle Konsequenzen, sondern führt auch zu einer breiteren gesellschaftlichen Kluft, die die grundlegende Menschenwürdigkeit in Frage stellt.
Wohlstand für Alle
Vergangene Woche wurde Brian Thompson, der 50-jährige CEO von UnitedHealthcare, vor einem Hotel in New York City erschossen. Wie Ermittlungen ergaben, steckt dahinter mutmaßlich der 26-jährige Luigi Mangione, der in einer McDonald's-Filiale in Pennsylvania festgenommen wurde.
Es scheint eine politische Tat zu sein: Am Tatort entdeckte man Patronenhülsen mit den eingravierten Worten "deny, defend, depose", was auf das Vorgehen von Versicherungen hinweist, mit denen Kunden geprellt und Profite maximiert werden. Im Netz gibt es jedenfalls keine Beileidsbekundungen, stattdessen lachende Smileys und schwarzhumorige Memes. Auch seriöse Journalisten rechtfertigen zwar nicht die Gewalt, aber sie verweisen auf ein mörderisches Versicherungssystem, das Menschen in die Armut und in den Tod treibst.
UnitedHealtcare steht für dieses System, nicht zuletzt, weil das Versicherungsunternehmen seit einer Weile eine KI einsetzt, die meist zugunsten des Konzerns entscheidet. In der neuen Folge von „Wohlstand für Alle“ sprechen Ole Nymoen und Wolfgang M. Schmitt über den Fall und die strukturelle Gewalt dahinter.
Literatur:
Jay M. Feinman: Delay, Deny, Defend: Why Insurance Companies Don't Pay Claims and What You Can Do About It.
Michael Morrisey: Health Insurance, teils online verfügbar unter:
https://account.ache.org/iweb/upload/Morrisey2253_Chapter_1-3b5f4e08.pdf.
Nora Schmitt-Sausen: "US-Gesundheitssystem: Revolution oder Scheitern", online verfügbar unter:
https://www.aerzteblatt.de/archiv/67199/US-Gesundheitssystem-Revolution-oder-Scheitern.
Julian Seiferth: "Ermordeter Konzernchef. Viele reagieren mit Häme auf das Attentat", online verfügbar unter: https://www.t-online.de/finanzen/aktuelles/wirtschaft/id_100546836/unitedhealthcare-ceo-brian-thompson-in-new-york-erschossen-spott-im-netz.html.
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