Wie ist das, wenn sich die Philippinen auf der größten Buchmesse der Welt präsentieren? Und ihre Bücher mitbringen? Wenn es aber nur eine einzige deutschsprachige Übersetzerin aus dem Tagalog gibt?
Tagalog ist die Sprache des Großraums Manila und wurde 1987 auf dem vielsprachigen Archipel zur zweiten Nationalsprache gemacht und heißt seither auch offiziell Filipino. Annette Hug heißt die Frau, die momentan als einzige aus dem Tagalog ins Deutsche übersetzt.
„Es ist wichtig, dass wir Gruppen bilden!“
Hat Annette Hug auf der Messe viel zu tun? „
Viel ist ein Euphemismus!“, lacht die Zürcherin. Sie hofft dringend auf neue Kolleg*innen. Auf der Messe wurde sie schon angesprochen und gefragt, wie man Tagalog-Übersetzerin wird. Annette Hug mag das: „Es ist so aufregend, diese neuen Netzwerke zu knüpfen!“ Auf ein Alleinstellungsmerkmal legt sie keinen Wert: „Es ist wichtig, dass wir Gruppen bilden!“
Plastikfolie gegen Ameisen und Termiten
Der Gastland-Pavillon auf der Messe besitzt zwei Podien, auf denen Programm stattfindet, aus mehreren Leseinseln aus Holz und Bambus sowie aus vielen Stühlen aus Rattan. Lokale Materialien. In jeder Leseinsel kann man sich niederlassen und in den ausgestellten Büchern stöbern. Als sie den Pavillon zu Beginn der Buchmesse erstmals betrat, fand Hug ihn ein bisschen zu leer.
„Doch dann setzte ich mich in so eine Insel, die wie ein kleines Häuschen ist. Da fühlte ich mich plötzlich ganz geboren“, erzählt sie. „Da liegen neue, aber auch schon ältere Bücher aus, die teils in Plastikfolie eingeschlagen wurden. Das ist wegen der Luftfeuchtigkeit auf den Philippinen und auch wegen der Ameisen und der Termiten. Das hat mich so angerührt!“
„Auch in meinem eigenen Schreiben denke ich inzwischen mehrsprachig.“
Annette Hug lebte schon in den 1990er Jahren für einige Jahre auf den Philippinen. Zum Übersetzen kam sie aber erst sehr viel später. Eigentlich ist sie Autorin. Vier Romane hat sie bereits geschrieben, darunter den Roman „Wilhelm Tell in Manila“. Das ist ein Roman, der davon erzählt, wie
Nationalheld José Rizal Ende des 19. Jahrhunderts Schillers „Wilhelm Tell“ ins Tagalog übertrug.
„Mittlerweile bin ich so richtig auf den Geschmack gekommen und kann das Schreiben und das Übersetzen gar nicht mehr auseinanderhalten.“ Für ihre Übersetzungsarbeiten hat sie ein eigenes Romanprojekt unterbrochen, das sie nach der Buchmesse aber wieder aufgreifen möchte. „Ich merke übrigens, dass ich auch im eigenen Schreiben inzwischen mehrsprachig denke. Das Übersetzen beeinflusst mein Schreiben.“
Schon ein paar neue Autor*innen im Köcher
Doch auch neue Übersetzungen möchte sie anfertigen. Die Buchmesse wirkt auf sie sehr inspirierend, vor allem die vielen Begegnungen. Oft denkt sie: „Wow, was man noch alles machen kann!“ Ein Problem aber ist: „In Europa ist der Buchmarkt stark auf Romane fixiert. Auf den Philippinen aber schreiben viele Autoren niemals einen Roman, sondern sehr oft Gedichte und Kurzprosa.“
Zuletzt hat sie die Autor*innen Merlie M. Alunan, Paring Bert und Rowena P. Festin entdeckt. Noch nie von ihnen gehört? Das könnte sich vielleicht ändern, wenn die Messe vorbei ist und Annette Hug wieder Zeit hat.