
SWR Kultur lesenswert - Literatur Pajtim Statovci – Meine Katze Jugoslawien
Sep 18, 2024
04:09
Katzen, immer wieder Katzen. Sie spielen im Leben des rund dreißig Jahre alten Bekim ebenso eine Rolle wie in dem seiner Eltern, die Anfang der 1990er Jahre aus dem albanischen Kosovo nach Finnland emigrierten, als der Kosovokrieg sich schon abzeichnete. Bekim wuchs in Helsinki auf und sah die Heimat nur in den Sommerferien. Fremd ist er dort genauso wie in dem Land, dessen Sprache er jetzt spricht. Soweit decken sich seine Erfahrungen mit denen des Autors Pajtim Statovci. Er kam 1992 im Alter von zwei Jahren mit seinen kosovo-albanischen Eltern nach Finnland und schreibt in finnischer Sprache.
Mit Schlange und sprechender Katze
In seinem Debütroman „Meine Katze Jugoslawien“ berichtet er abwechselnd aus der Ich-Perspektive von Bekim und seiner Mutter Emine. Bekim lebt alleine, er ist schwul und hat lieblosen Sex mit Männer, die er in Chatrooms kontaktet. Vertrauter ist ihm die Würgeschlange, die er in seiner kleinen Wohnung hält, und eine Katze, die er in einer Schwulenbar kennenlernt. Sie trägt einen Anzug und kann sprechen – ein magisches Menschen-Tier, das bei Bekim einzieht, sich aber bald als verfressener Spießer mit homophoben und fremdenfeindlichen Ansichten entpuppt.Ausländer sind dumm und laut, und wenn sie an einem vorbeigehen, betäubt einen der Gestank, den sie absondern. Wenn man ihnen Arbeit gibt, stehlen sie Geld. Und gibt man ihnen eine Wohnung, machen sie darin alles kaputt, auch wenn sie nicht einmal selbst dafür bezahlen.Auf der zweiten Erzählebene beginnt Bekims Mutter Emine ihre Lebensgeschichte mit ihrer Verheiratung im Jahr 1980, einem archaischen, kosovarischen Fest, das nach festen Regeln abläuft. Es findet ein abruptes Ende, weil Tito stirbt und das Land in Trauer versinkt. Früher, so erfährt Emine vor der Hochzeitsnacht, sei es Brauch gewesen, dass der Ehemann eine Katze ins Schlafgemach brachte, um sie vor den Augen der Braut zu erwürgen und so seine Macht zu demonstrieren.Quelle: Pajtim Statovci – Meine Katze Jugoslawien
Erst in dem Moment begriff ich, dass ich mein ganzes restliches Leben mit ihm verbringen würde, und dieser Gedanke schlug in meine Rippen ein wie eine Abrissbirne in ein Haus. (…) Und wenn wir nie lernen würden, uns zu lieben? Was würde dann geschehen?Quelle: Pajtim Statovci – Meine Katze Jugoslawien
