Kaschmir-Konflikt: Verspielt Indien seinen Aufstieg?
May 10, 2025
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Srirupa Roy, Professorin für Staat und Demokratie im modernen Indien, Friederike Böge, FAZ-Korrespondentin für Pakistan, und Christoph Hein, Leiter des FAZ pro Weltwirtschaft-Newsletters, diskutieren die geopolitischen Spannungen im Kaschmir-Konflikt. Sie beleuchten die Ursache der jüngsten Eskalation, die Rolle von Terrorgruppen und den Einfluss von Hindu-Nationalismus auf die indische Innenpolitik. Außerdem wird der Aufstieg Indiens zur globalen Macht und die Herausforderungen, die damit einhergehen, intensiv analysiert.
Der jüngste Terroranschlag im indischen Kaschmir hat die Sicherheitslage in einer bereits destabilisierten Region weiter gefährlich verschärft.
Indiens aggressive militärische Reaktion auf den Anschlag unterstreicht das fragile Gleichgewicht zwischen den Atommächten Indien und Pakistan.
Die historischen und religiösen Wurzeln des Kashmir-Konflikts komplizieren eine mögliche Lösung, während der nationale Stolz beider Länder im Spiel ist.
Deep dives
Terroranschlag in Kashmir
Am 22. April ereignete sich ein Terroranschlag im indischen Teil von Kashmir, bei dem 26 Menschen, vor allem indische Touristen, getötet wurden. Die Angreifer von der Terrorgruppe The Resistance Front griffen während eines Urlaubstags in der pittoresken Landschaft an, was zu einem Schock in der indischen Bevölkerung führte. Die Attacke fand statt, während die Urlauber bei einer Zipline-Attraktion Spaß hatten, unwissend über die Gewalt, die in der Nähe stattfand. Diese brutale Tat verdeutlicht die fragilen Sicherheitsbedingungen in einer Region, die bereits als der gefährlichste Ort der Welt bezeichnet wurde.
Indiens militärische Reaktion
Indien reagierte auf den Anschlag mit einer militärischen Operation namens Sindur, die gegen Terrorlager in Pakistan gerichtet war. Diese Operation markiert eine Eskalation im bereits bestehenden Konflikt zwischen Indien und Pakistan, da beide Länder seit langem gegenseitige Vorwürfe der Terrorunterstützung erhebt. Mit dem Angriff auf vermutete Terrorzellen versuchte Indien, sich sowohl international als auch national stark zu positionieren und deutlich zu machen, dass Vergeltung eine Notwendigkeit ist. Gleichzeitig beklagt Pakistan zivilen Verlust durch die indischen Angriffe, was die Spannungen weiter verschärft.
Geopolitische Implikationen
Die geopolitischen Spannungen zwischen Indien und Pakistan haben weitreichende Folgen, insbesondere weil beide Länder Atommächte sind. Indien macht Pakistan für den Terroranschlag verantwortlich und hat sich daraufhin aggressiv positioniert, was zu möglichen weiteren militärischen Auseinandersetzungen führen könnte. China hat enge Beziehungen zu Pakistan, was die Dynamik des Konflikts noch komplizierter macht, da Indien versucht, seine eigenen strategischen Interessen zu wahren. Dabei bleibt unklar, wie sich die internationale Gemeinschaft, einschließlich der USA, verhalten wird, da das Land in der Vergangenheit oft als Vermittler agiert hat.
Hintergründe des Konflikts
Der Kashmir-Konflikt hat tief verwurzelte historische und religiöse Wurzeln, die bis zur Teilung Indiens und Pakistans im Jahr 1947 zurückreichen. Dabei wurde Kashmir zwischen den beiden Ländern aufgeteilt, aber der Streit um die Kontrolle über die Region ist nie wirklich beigelegt worden. Indiens Premierminister Narendra Modi verfolgt eine Politik, die die Hindu-Identität des Landes betont, und Schritte unternimmt, um den Status Kashmir zu verändern, was von Pakistans Seite als Provokation angesehen wird. Diese Komplexität wird durch die ethnischen Spannungen im Land und die ungleiche Verteilung der Macht zwischen den Religionsgemeinschaften verstärkt.
Innere politische Dynamik
Der Terroranschlag und die darauf folgende militärische Reaktion haben indische Politiker unter Druck gesetzt, sowohl gegenüber der eigenen Bevölkerung als auch im internationalen Kontext. Modi nutzt den Konflikt zur Stärkung seines politischen Standpunkts und zur Mobilisierung nationalistischer Gefühle, was seinen Einfluss in politischen Kreisen festigt. Gleichzeitig muss Pakistan, angesichts innerer politischer und wirtschaftlicher Schwierigkeiten, auch Erfolge im Kampf gegen den Terrorismus vorweisen. Die dynamische Lage macht eine Lösung des Konflikts überaus schwierig, da beide Seiten in einer Eskalationsspirale gefangen sind, während sie gleichzeitig interne Stabilität wahren müssen.
Die Sorge vor einer neuen militärischen Eskalation wächst: Nach einem Terroranschlag mit 26 Toten spitzt sich der Kaschmir-Konflikt zwischen den beiden Atommächten Indien und Pakistan weiter zu.
Wieso flammt der Streit um das Gebiet im Himalaya aber immer wieder neu auf? Und kann es eine Lösung im Konflikt geben? Wir sprechen über die geopolitische Bedeutung Kaschmirs, die möglichen Folgen eines neuen Krieges und warum sich den eigentlich gerade keiner erlauben kann – vor allem die weiter aufstrebende Wirtschaftsmacht Indien.
Dafür haben wir mit Prof. Srirupa Roy (Uni Göttingen), Christoph Hein (Leiter des Newsletters F.A.Z. PRO Weltwirtschaft), Friederike Böge (Korrespondentin für Pakistan) und Till Fähnders (Korrespondent für Indien) gesprochen.
Hosts: Sandra Klüber, Michael Götz
Mitarbeit: Kathrin Jakob, Matias Hartmann, Kevin Gremmel