Die neue Unordnung der globalen Wirtschaftspolitik - #1234
Oct 12, 2024
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James Galbraith, ein US-amerikanischer Ökonom und Kritiker der westlichen Wirtschaftspolitik, diskutiert die Herausforderungen der globalen Wirtschaft. Er prangert die Ineffektivität der Russland-Sanktionen an und zeigt, wie diese unerwartete Vorteile für russische Unternehmen geschaffen haben. Zudem beleuchtet er die Notwendigkeit neuer Ansätze in der Industriepolitik, um den Herausforderungen der Deindustrialisierung und Globalisierung gerecht zu werden. Galbraith fordert eine innovative Zusammenarbeit zwischen öffentlichem und privatem Sektor, um moderne wirtschaftliche Probleme zu lösen.
James Galbraith kritisiert die westlichen Russland-Sanktionen, da sie die russische Wirtschaft nicht schwächen, sondern deren Einnahmen durch Exporte steigern.
Die neue Industriepolitik der Biden-Administration steht vor Herausforderungen, insbesondere durch die globale Konkurrenz und die fehlenden technischen Fähigkeiten in den USA.
Deep dives
Die Inflation und ihre Ursachen
Die Rückkehr der Inflation seit 2021 wird als nicht einfach durch fiskale Stimuli erklärt, sondern viel mehr durch Anstiege der Ölpreise und Störungen in den Lieferketten. James Galbraith argumentiert, dass die gängigen Erklärungen der Ökonomen, die Inflation sei das Ergebnis übermäßiger Nachfrage und durch die Zentralbanken zu steuern, nicht die aktuelle Realität widerspiegeln. Es wird darauf hingewiesen, dass die Inflation von Preissteigerungen in bestimmten Sektoren, wie den Halbleitern, beeinflusst wurde, was sich auf die Neuwagenpreise ausgewirkt hat. Zusätzlich hat eine starke Erhöhung der Öffentlichen Schuld in den USA nicht zu einer erwarteten Abkühlung der wirtschaftlichen Aktivität geführt, sondern das Einkommen in das System gepumpt.
Auswirkungen der Sanktionen gegen Russland
Galbraith kritisiert die westlichen Sanktionen gegen Russland als fehlgeleitet, da sie das auf den ersten Blick intendierte Ziel, die russische Wirtschaft zu schwächen, nicht erreicht haben. Stattdessen haben die Sanktionen die Einnahmen Russlands durch Exportsteigerungen begünstigt, während die Importe zurückgingen. Zudem wurden durch die Sanktionen western Unternehmen in Russland Vermögenswerte entzogen, die dann an einheimische Firmen übertragen wurden, was zu einem profitablen Geschäft für diese führte. Diese dynamischen Ergebnisse der Sanktionen zeigen, dass die initialen Annahmen der westlichen Ökonomen oft nicht den realen Gegebenheiten entsprechen.
Industriepolitik in den USA
Die neue Industriepolitik der Biden-Administration wird als Rückkehr zu Ansätzen betrachtet, die in den 1970er und 1980er Jahren abgelehnt wurden, um eine vor allem selbstgenügsame Mittelschichtwirtschaft aufzubauen. Allerdings sieht Galbraith erhebliche Herausforderungen, insbesondere aufgrund der globalen Realität, in der die meisten Schlüsselindustrien, wie Halbleiter, heutzutage global operieren. Die Vorstellung, dass durch nationale Anreize und Wettbewerb die fertigen Produkte auf dem Weltmarkt bestehen können, wird in Zweifel gezogen, insbesondere angesichts der Größe und Effizienz anderer Produktionsländer. Er weist darauf hin, dass die US-Regierung in der Lage sein muss, technische Fähigkeiten zu erhalten, die sie derzeit nicht besitzt.
Die Illusion des Autarkiebestrebens
Die Vorstellung, dass Industrien wie Halbleiter oder erneuerbare Energien wirklich zurück nach Europa oder in die USA gebracht werden können, wird als problematisch angesehen. Galbraith argumentiert, dass diese Produkte oft nicht zu wettbewerbsfähigen Preisen produziert werden können, wenn man sich auf lokale Fertigung verlässt, während Wettbewerber wie China in der Lage sind, in großem Maßstab und zu niedrigeren Kosten zu produzieren. Auch wird darauf hingewiesen, dass vergangene Initiativen, die zur Unterstützung der Industrie gedacht waren, durch eine hastige Verteilung von Geldern und einem Mangel an Expertise in der Regierung behindert werden. Dies stellt die langfristige Tragfähigkeit solcher Industriebestrebungen in Frage und führt zu Problemen in der Wettbewerbsfähigkeit der amerikanischen Produktion.
Der US-Ökonom James Galbraith kritisiert die Russland-Sanktionen und die altbackene Wirtschaftspolitik des Westens. Schlüssige Modelle zur Verbindung von Industrie und ökologischer Transformation fehlen in den USA und Europa. Ein Gespräch mit dem Journalisten Robert Misik im Bruno Kreisky Forum.