Max-Planck-Präsident Cramer: „Wir können noch mit USA und China mithalten – müssen aber auf die Tube drücken“
Oct 25, 2024
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Patrick Cramer, Präsident der Max-Planck-Gesellschaft und führender Wissenschaftler in der Molekularbiologie, diskutiert über die Spitzenposition Deutschlands in der globalen Forschung und die Notwendigkeit, die Kommerzialisierung von Innovationen zu fördern. Er betont die Herausforderungen, mit denen Europa gegenüber den USA und China konfrontiert ist. Zudem beleuchtet er, wie KI die Forschung revolutioniert, insbesondere in der Diagnostik und Therapie, und die Chancen, die daraus für die Zukunft der Medizin entstehen.
Europa bleibt eine führende Kraft in der wissenschaftlichen Forschung, muss jedoch verstärkt in Start-ups investieren, um global konkurrenzfähig zu bleiben.
Die Integration von Künstlicher Intelligenz in die Forschung revolutioniert Diagnostik und Therapie und beschleunigt die Entwicklung präziserer Anwendungen.
Die Max-Planck-Gesellschaft plant, sich stärker mit Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft zu beschäftigen, um innovative und umweltfreundliche Lösungen zu schaffen.
Deep dives
Forschung und Patente in Europa
Europa bleibt in der wissenschaftlichen Forschung weltweit führend und kann mit Ländern wie den USA und China konkurrieren. In den letzten drei Jahren hat beispielsweise das Max-Planck-Institut 190 Patente und 20 Start-ups gegründet. Dennoch fehlt in Europa die notwendige kritische Masse, um global führende Unternehmen hervorzubringen. Um dies zu ändern, benötigt Europa größere Investitionen in Start-ups, um riskantere Projekte realisieren zu können.
Zukunft der Wissenschaft
Die Wissenschaft der Zukunft umfasst ein breites Spektrum, von Künstlicher Intelligenz über Astrophysik bis hin zu neuen Medikamenten für die Krebsbehandlung. Der Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, Patrick Kramer, hat alle 84 Institute besucht, um deren Forschungsvielfalt zu verstehen. Diese Erfahrungen hat er in einem Buch zusammengefasst, das die Bedeutung der wissenschaftlichen Entdeckungen für Deutschland herausstellt. Besonders betont wird die Notwendigkeit, Forschungsergebnisse schnell in wirtschaftlich relevante Anwendungen umzuwandeln.
Führende Forschungsgebiete in Deutschland
Deutschland bleibt in vielen Forschungsfeldern an der Spitze, darunter Künstliche Intelligenz und Lebenswissenschaften. Insbesondere die Entwicklung von mRNA-Impfstoffen zeigt die Bedeutung langjähriger Grundlagenforschung. Auch im Bereich Ökologie sind deutsche Forscher weltweit führend, etwa durch die Verfolgung von Zugvögeln aus dem All. Die Vielfalt und Tiefe der deutschen Forschung sollte genutzt werden, um innovative Produkte zu entwickeln, die auch international konkurrieren können.
Herausforderungen bei der Kommerzialisierung von Forschung
Trotz exzellenter Forschung hat Deutschland Schwierigkeiten, die Kommerzialisierung erfolgreicher Innovationen voranzutreiben. Während die Grundlagenforschung stark ist, fehlen oft die notwendigen finanziellen Mittel, um Start-ups schnell zu fördern. Im Vergleich zu den USA erhalten amerikanische Firmen oft größere Investitionen, die die Gründung und Expansion erleichtern. Es wird vorgeschlagen, Risikokapital in Europa zu bündeln, um die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern und größere Unternehmen zu schaffen.
Bedeutung von Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft
Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft sind zentrale Themen für die Zukunft der Wissenschaft und Industrie. Es ist wichtig, einen Kreislauf zu schaffen, der Materialien zurückgewinnt und neue Produkte nachhaltig gestaltet. Die Max-Planck-Gesellschaft plant, sich verstärkt mit Kreislaufwirtschaft zu befassen, um innovative Lösungen zu entwickeln. Indem die Industrie umgebaut wird, sollen Effekte erzielt werden, die sowohl wirtschaftliche Chancen bieten als auch gesellschaftliche Herausforderungen angehen.
Patrick Cramer; Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, hat in seinem Buch „Zukunftswelten“ seine Reise zu den 84 Forschungsinstituten der Max-Planck-Gesellschaft festgehalten. Dort tauschte er sich mit Forscherinnen und Direktoren über die Zukunft der Wissenschaft aus – von der Astrophysik über die Medizin bis hin zur Künstlichen Intelligenz (KI). „Die Zukunft entsteht eben in den Köpfen der Menschen. Es liegt an uns, was wir daraus machen“, so Cramer.
Im Gespräch mit Handelsblatt-Chefredakteur Sebastian Matthes geht es auch um Deutschlands und Europas Position in der globalen Wissenschaft. „In der Forschung sind wir Weltspitze. Wir können in Europa immer noch mit USA und China mithalten und müssen einfach auf die Tube drücken, dass das auch so bleibt“, erklärt Cramer.
Er betont jedoch auch die Herausforderungen bei der Kommerzialisierung wissenschaftlicher Innovationen: „Es muss uns irgendwann mal gelingen, dass wir in Europa auch Big Money haben und wir riskant reingehen in diese Start-ups und versuchen, die groß zu machen, so dass wir dann einzelne große Firmen, auch Global Players, in Europa haben können.“
Cramer geht außerdem darauf ein, wie KI die Forschung revolutioniert. Besonders in der Diagnostik und Therapie werde die Integration von KI-Tools die Entwicklung erheblich beschleunigen und präziser machen.
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