#290 Warum die Familie, die wir kennen, mit der Care-Revolution endet
Jan 29, 2025
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Heide Lutosch, Autorin und Übersetzerin mit Fokus auf feministische und marxistische Perspektiven, spricht über die Herausforderungen des Kinderhabens in einer kapitalistischen Gesellschaft. Sie kritisiert die traditionelle Kleinfamilie und diskutiert die Notwendigkeit einer kollektiven Organisation von Sorgearbeit. Lutosch beleuchtet die Probleme der Unkollektivierbarkeit von Kindern und thematisiert alternative Familienstrukturen. Ihre Vision für eine befreite Gesellschaft fordert eine radikale Veränderung in der Planung von Sorgearbeit.
Die Entprivatisierung von Sorgearbeit fordert einen radikalen Umbruch in der sozialen Reproduktion und richtet sich gegen kapitalistische Strukturen.
Heide Lutosch betont, dass demokratische Planung und feministische Ansätze unerlässlich sind, um die Herausforderungen der Sorgearbeit effektiv zu adressieren.
Die Vorstellung einer kollektiv verwalteten Gesellschaft ist nötig, um die Grundbedürfnisse zu erfüllen und die Lebensqualität für alle zu verbessern.
Deep dives
Die Privatisierung von Sorgearbeit
Das Konzept der Familie wird als eine Form der Privatisierung von Sorgearbeit betrachtet. In einer Gesellschaft, in der Grundbedürfnisse wie Essen, Wohnen und Gesundheit bedingungslos erfüllt sind, könnte der traditionelle familiäre Rahmen an Bedeutung verlieren. Sophie Lewis argumentiert, dass die Familie nicht mehr als eine Institution betrachtet werden sollte, sondern vielmehr als ein Produkt gesellschaftlicher und kapitalistischer Strukturen verstanden werden muss. Dies stellt die bestehende Vorstellung von Familie und ihre Rolle in der modernen Gesellschaft in Frage.
Soziale Reproduktion und feministische Kritik
Heide Lutosch kritisiert, dass in aktuellen Planungsdebatten die Dimension der sozialen Reproduktion häufig ignoriert wird. Dabei ist es entscheidend, die Perspektive derjenigen, die Sorgearbeit leisten und die empfangen, in den Mittelpunkt zu stellen. Lutosch betont, dass sowohl die Art der industriellen Produktion als auch die Organisation von Sorgearbeit radikal verändert werden müssen, um eine emanzipatorische Gesellschaft zu ermöglichen. Eine feministische Perspektive muss die Arbeitsbedingungen von Sorgenden in der Diskussion über gesellschaftliche Transformationen ernst nehmen.
Die Unkollektivierbarkeit von Kindersorge
Das Thema der Unkollektivierbarkeit von Kindern wird relevant, wenn es um die Bedürfnisse von Kleinkindern geht. Kinder benötigen in ihren frühen Lebensjahren stabile Bezugspersonen, die sich individuell auf sie einstellen können. Lutosch weist darauf hin, dass die Kleinfamilie oft nicht in der Lage ist, die emotionalen und physischen Bedürfnisse von Kindern zufriedenstellend zu erfüllen, weil diese überlastet ist. Eine demokratische Organisation der Sorge erfordert daher ein Umdenken im Hinblick auf soziale Strukturen, um echte Geborgenheit zu gewährleisten.
Sorgearbeit als schwere Arbeit
Die Herausforderungen der Sorgearbeit werden häufig unterschätzt, obwohl sie körperlich und emotional sehr anspruchsvoll ist. Lutosch hebt hervor, dass Arbeit mit Kindern intensive physische Anstrengungen erfordert und nicht als einfache, natürliche Aufgabe betrachtet werden kann. Die sensationelle Vorstellung, dass Care-Arbeit nur aus Liebe besteht, verschleiert die Belastungen, die mit dieser Arbeit verbunden sind. Um den Diskurs über Care-Arbeit zu reformieren, ist es notwendig, ihre ökonomische und gesellschaftliche Wertigkeit klarzustellen.
Utopische Perspektiven und gesellschaftlicher Wandel
In Anbetracht der gegenwärtigen gesellschaftlichen Herausforderungen wird betont, dass utopische Ideen für eine bessere Zukunft von entscheidender Bedeutung sind. Lutosch argumentiert, dass eine visionäre Planung für die Zukunft notwendig ist, um von der gegenwärtigen emotionalen und physischen Überlastung wegzukommen. Die Vorstellung, dass eine alternative Gesellschaft möglich ist, in der Grundbedürfnisse kollektiv verwaltet werden, ist nicht nur realistisch, sondern auch notwendig, um die Lebensqualität für alle zu verbessern. Die Aufrechterhaltung solcher Perspektiven bildet eine wichtige Basis für die Gestaltung einer zukünftigen, gerechteren Gesellschaft.
"Was ist der Plan?" - Teil 2: Heide Lutosch über die Entprivatisierung und Planung von Sorgearbeit
Die befreite Gesellschaft von den Bedürfnissen von Sorgenden und Umsorgten her zu denken, sollte Ausgangspunkt jedes linken Utopieentwurfs sein. Doch eine emanzipatorische Transformation der Sorgearbeit kommt in der neueren Planungsdebatte zu kurz, kritisiert die Autorin Heide Lutosch. In Folge zwei der Serie "Was ist der Plan?" spricht sie über die Frustrationen des Kinderhabens in Kleinfamilie und kapitalistischer Gesellschaft, die demokratische Planung von Sorgearbeit und das Ende der Familie.
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Heide Lutosch, geboren 1972, ist Autorin und Übersetzerin. Ihr Buch "Kinderhaben" erschien 2023, darin schreibt sie aus marxistischer, feministischer und psychoanalytischer Perspektive über die Frustrationen des Kinderhabens in Kleinfamilie und kapitalistischer Gesellschaft. In die neuere Planungsdebatte hat sich Heide Lutosch mit einer feministischen Kritik des dabei vorherrschenden Bedürfnis- und Arbeitsbegriffs eingebracht.
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Die weiteren Folgen aus der Serie "Was ist der Plan?", eine Serie über die neuere Planungsdebatte und einen emanzipatorischen Planungsbegriff:
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