#36 2021 Über die "Operation Luxor" - mit Farid Hafez
Nov 2, 2021
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Farid Hafez ist ein renommierter Politikwissenschaftler, der sich mit Rassismus und Rechtspopulismus beschäftigt. In einem packenden Gespräch reflektiert er über die Operation Luxor, die weitreichende Folgen für Muslime in Österreich hatte. Er schildert die emotionale Last der Razzia und deren Auswirkungen auf betroffene Familien, insbesondere Kinder. Hafez erörtert die Kontroversen rund um den Europäischen Islamophobie-Report und kritisiert die politische Instrumentalisierung des Begriffs „Islamophobie“. Zudem beleuchtet er die Herausforderungen von Wissenschaftlern im Exil.
Die brutale Durchführung der Operation Luxor führte zu psychischen Traumata für Farid Hafez und seine Familie und zerstörte ihr wirtschaftliches Leben.
Farid Hafez kritisiert die politischen Vorurteile gegen die Muslimbruderschaft, die oft auf unbewiesenen Annahmen und verzerrten Sichtweisen basieren.
Deep dives
Operation Luxor und ihre Auswirkungen
Die Operation Luxor fand am 9. November 2020 statt und war eine umfassende Antiterroraktion gegen mutmaßliche Anhänger der Muslimbruderschaft und Hamas in Österreich. Fast 1000 Polizeibeamte führten während dieser Razzia 60 Hausdurchsuchungen durch, bei denen 30 Personen befragt wurden. Farid Hafez, der selbst als Beschuldigter in den Fokus geriet, schildert die brutale Art der Durchsuchung, bei der seine Familie und Kinder im Morgengrauen geweckt und mit Waffen konfrontiert wurden. Diese Erfahrung stellte für ihn nicht nur eine psychische Belastung dar, sondern führte auch zur Vernichtung seines wirtschaftlichen Lebens, da sein Haus beschlagnahmt und sein Konto eingefroren wurde, trotz der späteren Bestätigung der Rechtswidrigkeit dieser Maßnahmen durch ein Gericht.
Psychologische und emotionale Folgen der Razzia
Die Razzia hatte tiefgreifende psychologische Auswirkungen auf Hafez und seine Familie. Er beschreibt, wie die Sicherheit seines Zuhauses, traditionell ein Rückzugsort, durch den Übergriff der Staatsgewalt erschüttert wurde. Seine Kinder, die das Trauma der Mitternachtsrazzia erlebten, zeigten aufgrund der Angst vor weiteren Übergriffen Anzeichen von psychischem Stress und benötigten therapeutische Unterstützung. Diese traumatischen Erfahrungen vertieften sich durch die brutale Art und Weise, wie die Polizei auftrat, und hinterließen bleibende Spuren in der emotionalen Verfassung seiner Familie.
Vorwürfe gegen die Muslimbruderschaft und Islamophobie
Hafez diskutiert die Vorwürfe, die ihm und anderen gemacht wurden, Mitglieder der Muslimbruderschaft zu sein, einer Organisation, deren genaue Definition und Gefährlichkeit oft missverstanden wird. Die Unterstellungen basieren in vielen Fällen auf vagen und unbewiesenen Annahmen, die in Berichten des Verfassungsschutzes formuliert wurden. Er argumentiert, dass solche Vorurteile oft politisch motiviert sind und darauf abzielen, Menschen zu diskreditieren, die sich öffentlich gegen die Islamophobie aussprechen. Diese Generalisierung von Muslimen und deren Einrichtungen führt dazu, dass die Gesellschaft einen verzerrten Blick auf den Islam und Muslime entwickelt.
Islamophobie-Report und seine Kritiker
Der Islamophobie-Report, den Hafez seit 2015 herausgibt, hat in der akademischen und öffentlichen Wahrnehmung für Kontroversen gesorgt. Kritiker werfen ihm vor, den Begriff der Islamophobie als Kampfbegriff zu nutzen, um Islamkritiker zu mundtot zu machen. Hafez kontert, dass der Bericht eine wichtige Funktion erfüllt, indem er empirische Daten und Fakten zu antimuslimischem Rassismus liefert und die Problematik in der Gesellschaft sichtbarer macht. Der Report hebt die Notwendigkeit hervor, rassistische Diskurse zu hinterfragen und eine differenziertere Sichtweise auf das Problem der Islamophobie zu entwickeln.
Knapp eine Woche nach dem Wiener Terroraranschlag vor einem Jahr fand in Österreich die größte Anti-Terroraktion der Zweiten Republik statt: die Operation Luxor. 930 Beamte waren in vier Bundesländern im Einsatz, um im Auftrag der Staatsanwaltschaft Graz mutmaßliche Anhänger der Muslimbruderschaft und der Hamas aufzuspüren. Der Politikwissenschafter Farid Hafez war einer Beschuldigten. Mit ihm spricht Solmaz Khorsand über die Nacht der Großrazzia, den Vorwurf der Muslimbruderschaft anzugehören, den - für viele WissenschafterInnen im deutschsprachigen Raum umstrittenen - „Europäischen Islamophobiereport", den er seit 2015 mitherausgibt und warum er den Begriff „Islamophobie“ nicht als Kampfbegriff verstanden wissen will.
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