Wie wird man vom Gangmitglied zum Polizisten, Herr Mollenhauer?
Feb 27, 2024
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Jens Mollenhauer, ein ehemaliger Polizist aus Hamburg mit 40 Jahren Erfahrung, spricht über seinen Wandel vom Gangmitglied zum Polizisten. Er erzählt von seiner Zeit als verdeckter Ermittler und den Herausforderungen, Jugendliche zu unterstützen, die oft durch Vernachlässigung oder Gewalt geformt werden. Mollenhauer reflektiert über die Wichtigkeit von Kommunikation und Zivilcourage sowie sein Engagement an Schulen, um gegen Mobbing und Gewalt anzukämpfen. Auch die Balance zwischen Beruf und Familie als Vater von acht Kindern wird thematisiert.
Jens Mollenhauer beschreibt seinen Werdegang vom Mitglied einer Jugendgang zum Polizisten und betont die Bedeutung von gewaltfreier Kommunikation in der Polizeiarbeit.
Er hebt hervor, wie Vernachlässigung und soziale Medien die Jugendkriminalität beeinflussen und appelliert an Eltern, aktiver im Leben ihrer Kinder zu sein.
Deep dives
Jens Mollenhauers Werdegang als Polizist
Jens Mollenhauer begann seine Karriere in der Bereitschaftspolizei in Hamburg, wo er an zahlreichen Großveranstaltungen und Demonstrationen teilnahm. Er reflektiert, dass die Realität des Polizeidienstes oft mit seinen Vorstellungen aus dem Fernsehen übereinstimmte, die idealisierte Bilder von malerischen Einsätzen präsentierten. Die echte Polizeiarbeit erforderte jedoch ruhige Gespräche und das Verfassen vieler Berichte, anstatt actiongeladener Verhaftungen. Während seiner Zeit in der Bereitschaftspolizei erlebte er auch die Intensität von Demonstrationen, die oft in chaotischen Auseinandersetzungen mit der autonomen Szene endeten.
Ein Schlüsselerlebnis und die Entwicklung von Gewaltfreiheit
Mollenhauer berichtete von einer prägnanten Episode während seiner Zeit in den USA, als er sich gegen Rassismus und soziale Ungleichheit einsetzte, was ihn zu seinem Wunsch führte, Polizist zu werden. Dieser Wunsch wurde weiter geprägt von einem Vortrag des Psychologen Marshall B. Rosenberg, der die gewaltfreie Kommunikation lehrte und Mollenhauer inspirierte, einen positiven Einfluss auf Menschen zu haben. Dies führte dazu, dass Mollenhauer den Fokus auf gewaltfreie Interaktionen während seiner Polizeiarbeit lenkte und versuchte, in kritischen Situationen die Menschlichkeit aufrechtzuerhalten. Diese Lehre war entscheidend für seine späteren Erfahrungen im Umgang mit Straftätern und in der Jugendschutzarbeit.
Der Übergang zur Jugendschutzarbeit
Nach seiner aktiven Dienstzeit konzentrierte sich Mollenhauer auf die Jugendschutzeinheit der Hamburger Polizei und stellte fest, wie wichtig präventive Arbeit zur Verhinderung von Jugendkriminalität ist. Er führte Gespräche mit Eltern, um problematische Verhaltensweisen von Jugendlichen frühzeitig zu erkennen und ihnen Unterstützung anzubieten. Besonders erinnerte er sich an einen Fall von zwei Mädchen, die erheblichen Sachschaden verursachten, und wie die fehlende Verbindung der Eltern zu ihren Kindern zu solchen Verhaltensmustern führen konnte. Mollenhauer betont die Notwendigkeit, als Gesellschaft an den Wurzeln der Probleme zu arbeiten, um sicherzustellen, dass Kinder nicht in problematische Verhaltensweisen abgleiten.
Herausforderungen durch digitale Medien
Mollenhauer diskutiert die Auswirkungen der digitalen Welt auf Kinder und Jugendliche, insbesondere in Bezug auf die Herausforderung, die sozialen Medien und deren Einfluss zu verstehen. Er hebt hervor, dass Kinder sich heute oft an negativen Vorbildern aus dem Internet orientieren, was ihre sozialen und emotionalen Fähigkeiten beeinträchtigen kann. Mollenhauer plädiert dafür, dass Eltern aktiver in den Online-Welten ihrer Kinder sein sollten und die Risiken, die mit sozialen Medien verbunden sind, besser verstehen. Dies erfordert ein Umdenken und eine engagierte Aufklärung sowohl auf elterlicher Seite als auch in Schulen, um den Kindern gesunde Verhaltensweisen und die richtige Nutzung neuer Technologien zu vermitteln.
"Als Jugendlicher war ich Teil einer Jugendgang, nie hätte ich gedacht, dass ich später mal Polizist werde", sagt Jens Mollenhauer. "Doch irgendwann wollte ich zu den Guten gehören". Vierzig Jahre lang war er Polizist in Hamburg, eingesetzt unter anderem als verdeckter Ermittler im Rotlichtmilieu. "Dann wurde das zu gefährlich und ich bin erstmal in den Innendienst versetzt worden", sagt er.
Doch dort blieb er nicht lange. Zuletzt leitete Mollenhauer bis zu seiner Pensionierung im Frühjahr 2023 die Jugendschutzeinheit der Hamburger Polizei. Er kümmerte sich um straffällig gewordene Jugendliche und sucht dabei immer auch das Gespräch mit den Eltern. "Ich hatte zum Beispiel zwei 15-jährige Mädchen auf der Wache, die einen alten Mann verletzt hatten", erzählt er. Doch als er die Eltern anrief, sagten die nur: "Keine Zeit".
Wenn Kinder und Jugendliche kriminell werden, liege das oft an Vernachlässigung oder eigenen Gewalterfahrungen, sagt Mollenhauer. "Diese Wut im Bauch, die muss dann einfach raus." Er kenne das von sich selbst aus seiner Jugend. Auch heute noch engagiert sich der 60-Jährige ehrenamtlich an Schulen und Kindergärten und bietet dort Kurse zur gewaltfreien Kommunikation und gegen Mobbing an.
Im Podcast spricht er mit Host Elise Landschek darüber, wie er den Absprung von einer Jugendgang in ein Leben als Polizist geschafft hat. Und wie schwer es ihm gefallen ist, als Vater von acht Kindern Berufs- und Familienleben über die Jahre zu vereinen.
"Frisch an die Arbeit" wird jeden zweiten Dienstag veröffentlicht. Es moderieren im Wechsel Daniel Erk, Hannah Scherkamp und Elise Landschek. Das Team erreichen Sie unter frischandiearbeit@zeit.de.
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