#22 Braucht Deutschland eine eigene Solarindustrie?
Aug 8, 2024
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Die Abhängigkeit Deutschlands von chinesischen Solarmodulen wird intensiv diskutiert. Experten beleuchten die Notwendigkeit, eine heimische Photovoltaikindustrie zu fördern. Ideale Strategien reichen von Anschubanreizen bis hin zu kreativen Maßnahmen ohne Dauersubventionierung. Die Herausforderung besteht darin, wettbewerbsfähige Produktionskapazitäten aufzubauen, um geopolitische Risiken zu minimieren. Zudem wird die Frage erörtert, ob PV ein Kernbestandteil der europäischen Industrieidentität sein sollte.
Die Abhängigkeit Deutschlands von importierten Photovoltaik-Modulen aus China könnte langfristig die nationale Energieautonomie und Sicherheit gefährden.
Experten empfehlen, dass der Aufbau einer heimischen Solarindustrie durch gezielte Investitionen und innovative Technologien gefördert werden sollte, um im globalen Wettbewerb bestehen zu können.
Die Diskussion um eine eigene Solarindustrie verdeutlicht die Spannungen zwischen kurzfristiger Kosteneffektivität und langfristigen ökologischen und sicherheitspolitischen Zielen.
Deep dives
Boom der Photovoltaik-Industrie
Der weltweite Boom der Photovoltaik zeigt sich in stark wachsenden Produktionskapazitäten, die voraussichtlich 1000 Gigawatt erreichen werden, hauptsächlich in China. Im Gegensatz dazu plant Deutschland lediglich den Bau von 13 Gigawatt in diesem Jahr, was weniger als 2 Prozent der globalen Kapazitäten entspricht. Diese Diskrepanz offenbart die Abhängigkeit Deutschlands von importierten Solarmodulen, da die heimische Produktion nahezu nicht mehr vorhanden ist. Die niedrigen Preise für Photovoltaik-Panels sind in den letzten Jahren gesunken, was auf Überkapazitäten in der Produktion zurückzuführen ist, die nur zu etwa 50 Prozent ausgelastet sind.
Die Rolle von China in der PV-Produktion
Etwa 90 Prozent der Wertschöpfungskette in der Photovoltaik findet derzeit in China statt, was Deutschland und Europa in eine prekäres Abhängigkeitsverhältnis zu einem einzigen Anbieter bringt. Es wird diskutiert, ob Deutschland wieder eine eigene Photovoltaikindustrie aufbauen sollte, um diese Abhängigkeit zu verringern und gleichzeitig die Schaffung von Arbeitsplätzen und Wertschöpfung voranzutreiben. Während einige Stimmen für eine staatliche Förderung der heimischen Produktion plädieren, befürchten andere, dass ohne wesentliche Investitionen in neue Technologien und Produktionskapazitäten der Wettbewerbsvorsprung nicht erreichbar sein könnte. Der wirtschaftliche Druck durch die günstige chinesische Produktion stellt eine Herausforderung für eine mögliche Rückkehr zur Produktion in Europa dar.
Politische Ansätze zur Förderung der Solarindustrie
Verschiedene Experten empfehlen unterschiedliche politische Strategien bei der Förderung der Solarindustrie in Europa. Einige rufen nach der Schaffung spezifischer Resilienzmechanismen, um die Abhängigkeit von China zu mindern, während andere kreative Lösungen wie die Schaffung von Photovoltaik-Reserven vorschlagen, um Lieferengpässe abzufedern. Es wird sogar angeregt, dass Staaten wie die USA als Vorbild dienen können, die massiven Investitionen in ihre Solarindustrie tätigen, um ihre Unabhängigkeit zu stärken. Jedoch herrscht Uneinigkeit darüber, ob eine langfristige Subventionierung der Industrie notwendig oder sogar sinnvoll ist.
Das Spannungsfeld von Klimaschutz und Industriepolitik
Die Diskussion um den Aufbau einer eigenen Solarindustrie berücksichtigt auch den Klimaschutz. Eine Argumentationslinie besagt, dass die aktuellen Importe aus China die deutschen Klimaziele unterstützen, wobei die kostengünstigen Module die Geschwindigkeit des Ausbaus fördern könnten. Gleichzeitig gibt es Bedenken hinsichtlich der Sicherheitspolitik und der Abhängigkeiten, die langfristig problematisch werden könnten. Ein klares Zielkonflikt zwischen der Notwendigkeit der kurzfristigen Kosteneffektivität und der nachhaltigen Produktionsfähigkeit wird in den Gesprächen deutlich.
Zukunftsausblick für die Photovoltaik in Deutschland
Die Experten sind sich darüber einig, dass Deutschland und Europa eine strategische Überlegung anstellen müssen, wie die heimische Photovoltaikindustrie gestaltet werden kann, um sowohl wirtschaftlich als auch ökologisch nachhaltig zu sein. Dieser Prozess könnte durch Investitionen in innovative Technologien und Unternehmensgrößen gefördert werden, die mit den großen chinesischen Herstellern konkurrieren können. Gleichzeitig wird betont, dass die Nachhaltigkeit des Ausbaus der Photovoltaik in Deutschland langfristig von einer diversifizierten Beschaffungsstrategie abhängt. In der Diskussion um die zukünftige Entwicklung ist es entscheidend, sowohl aktuelle Produktionsherausforderungen als auch geopolitische Risiken im Auge zu behalten.
Noch nie wurden so viele neue PV-Module installiert wie aktuell. Jedoch kommt mittlerweile der überwiegende Anteil der in Deutschland installierten Anlagen aus China, eine heimische PV-Industrie gibt es kaum mehr. Ist diese Abhängigkeit von China ein Problem, und wiederholen wir denselben Fehler wie beim Import vom russischen Erdgas? Sollte Deutschland und die EU den Wiederaufbau einer heimischen PV-Industrie fördern, oder gibt es andere Optionen? In dieser fossilfrei-Folge hört ihr, was verschiedene Energieexpert*innen zu diesem Thema zu sagen haben.
Kapitel
00:00 Willkommen zu fossilfrei
02:40 Hintergrund zur PV-Industrie
08:05 Claudia Kemfert: Förderung einer heimischen PV-Industrie wäre sinnvoll und finanzierbar
11:15 Carsten Körnig: Keine Dauersubventionierung, aber „kraftvolle Anschubanreize“