Ralf Hoffrogge, Autor und Experte für soziale Bewegungen, diskutiert den alarmierenden Zusammenhang zwischen steigenden Mieten und dem Aufstieg der AfD. Eine neue Studie zeigt, dass eine Mieterhöhung um nur 1 Euro pro Quadratmeter die Unterstützung für die Partei bei Geringverdienern um bis zu 4 Prozent steigern kann. Zudem beleuchtet er, wie die AfD Ängste schürt und populistische Strategien nutzt, während wichtige Antworten der Mietenbewegung auf soziale Gerechtigkeit in urbanen Räumen gefordert werden.
Die steigenden Mietpreise führen dazu, dass Geringverdiener um bis zu 4 Prozent anfälliger für die AfD werden, was eine gefährliche Verbindung zwischen sozialer Unsicherheit und rechtspopulistischen Ansichten aufzeigt.
Die Mietenbewegung steht vor der Herausforderung, ihre Erfolge in der Wohnungspolitik zu verteidigen und gleichzeitig sichtbare Forderungen auf soziale Gerechtigkeit zu formulieren, um der AfD entgegenzuwirken.
Deep dives
Einfluss der Mietpreise auf die AfD-Unterstützung
Eine Studie zeigt, dass die Unterstützung für die AfD bei Geringverdienern um bis zu 4 Prozent steigt, wenn die Mietpreise um 1 Euro pro Quadratmeter steigen. Diese Entwicklung ist vor allem in ländlichen Regionen zu beobachten, wo die AfD bereits an Popularität gewinnt. Die Forscher stellen fest, dass nicht nur steigende Mietkosten, sondern auch Mietsteigerungen in der Umgebung ein Gefühl der Bedrohung erzeugen, das rechte Parteien auszunutzen wissen. Während einkommensstärkere Haushalte von der Mietpreisentwicklung profitieren, empfinden einkommensschwache Mieter eine akute Existenzangst, die sie anfälliger für rechtspopulistische Ansichten macht.
Strategien der AfD und ihre ideologische Basis
Die AfD hat sich erfolgreich als Sprachrohr für Eigenheimbesitzer und Großvermieter positioniert. Sie verfolgt eine Politik, die vermeintlich gemeinsamen Interessen dieser Gruppen entspricht, während die Mieter in ihrer Agenda nicht ausreichend berücksichtigt werden. Ihre Rhetorik greift auf die Ideologie der Homeowner Society zurück, die bereits in anderen Ländern für die Massenprivatisierung von Wohnraum genutzt wurde. Durch das Schüren von sozialen Ängsten und das Versprechen von Kontrolle über nationale Grenzen schafft es die AfD, eine politische Basis zu mobilisieren, ohne dass soziale Lösungen für die Mieterfrage in den Fokus rücken.
Herausforderungen und Erfolge der Mietenbewegung
Die Mietenbewegung hat bedeutende Erfolge erzielt, insbesondere in Bezug auf die Aufwertung öffentlicher Wohnungsbestände durch Volksentscheide, während sie sich zugleich mit Herausforderungen konfrontiert sieht. In Städten wie Berlin wurde es durch Proteste gelungen, die Privatisierung von Wohnungen weitgehend zu stoppen, und es wurden Initiativen zur Enteignung großer Immobilienkonzerne gestartet. Trotz dieser Erfolge ist die Bewegung seit 2021 in einer Krise, da zentrale Reformprojekte wie der Mietendeckel durch gerichtliche Entscheidungen gestoppt wurden und die politische Aufmerksamkeit auf Mietfragen erlahmte. Um erfolgreich gegen die AfD und ihre Ideologie anzutreten, muss die Mietenbewegung ihre Kämpfe um soziale Gerechtigkeit und konkrete politische Maßnahmen weiterbestehen und gezielt wahrnehmbar machen.
Eine neue Studie zeigt, dass die AfD bei Geringverdienern um bis zu 4 Prozent beliebter wird, wenn die Miete um 1 Euro pro Quadratmeter steigt. Bisher punktet die AfD vor allem abseits der Großstädte. Doch der Mietenwahnsinn droht zum urbanen Einfallstor für die Rechten zu werden.
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