Warum Menschen traumatische Erlebnisse oft „wegdrücken“
Nov 14, 2024
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Katalin Dormann, Psychologin am Kompetenzzentrum Psychotraumatologie der Universität Konstanz und Expertin für Traumatherapie, beleuchtet, wie Menschen traumatische Erlebnisse oft verdrängen. Sie erklärt, dass diese Verdrängung kurzfristig hilfreich sein kann, aber langfristig zu schweren psychischen Belastungen führt. Dormann diskutiert die Rolle der sozialen Unterstützung und gibt hilfreiche Tipps, wie Freunde und Familie Betroffenen zur Seite stehen können. Außerdem wird die Bedeutung von Psychoedukation in der Therapie hervorgehoben.
Verdrängung von traumatischen Erlebnissen kann als kurzfristiger Überlebensmechanismus wirken, führt jedoch langfristig zu erhöhter psychischer Belastung.
Die Auseinandersetzung mit Trauma in der Therapie erfordert Geduld und fördert die Neuordnung der Erinnerungen, um Heilung zu ermöglichen.
Deep dives
Umgang mit Trauma: Verdrängung und Verleugnung
Traumatische Erlebnisse führen oft dazu, dass Betroffene verdrängen oder verleugnen, um mit dem emotionalen Schmerz umzugehen. Während eines Traumas erleben Menschen extreme Angst und Hilflosigkeit, was einen natürlichen Überlebensmechanismus aktiviert, der es ihnen ermöglicht, die schrecklichen Erinnerungen vorerst zu ignorieren. Diese Verdrängung kann kurzfristig hilfreich erscheinen, doch sie schafft einen Teufelskreis, da die unterdrückten Erinnerungen oft gewaltsam zurückkommen, sobald die Betroffenen versuchen, sie zu meiden. Ein Beispiel dafür ist die Vorstellung eines Wasserballs, den man unter Wasser drückt—je mehr man versucht, ihn wegzudrücken, desto kraftvoller springt er zurück und bringt die Erinnerungen zurück, was den inneren Druck erhöht und das Gefühl von Bedrohung verstärkt.
Auftauchen der Erinnerungen und die Rolle der Therapie
Betroffene sollten sich mit ihrem Trauma auseinandersetzen, besonders wenn die Erinnerungen unwillkürlich wieder auftreten und belastend sind. Eine professionelle Aufarbeitung ist sinnvoll, da frühes Handeln vor weiteren psychischen Schäden schützen kann. In der Therapie profitieren Menschen mit Traumafolgestörungen von einer behutsamen Aufklärung über ihre Symptome und dem Geduld des Therapeuten, der ihnen die Möglichkeit gibt, ihre Geschichte zu erzählen. Dieser Prozess trägt zur Neuordnung der Erinnerungen bei, wodurch der traumatische Charakter verringert wird und die Notwendigkeit von Vermeidung weniger wird.
Der Publikumseffekt und seine Auswirkungen
Der Publikumseffekt zeigt, dass die Anwesenheit anderer sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit haben kann. Forschungsstudien, die unter anderem mit Schimpansen durchgeführt wurden, haben gezeigt, dass Tiere bei schwierigen Aufgaben besser abschnitten, wenn sie Zuschauer hatten, während sie bei einfacheren Aufgaben unter Druck schlechter abschnitten. Dieses Phänomen findet auch Anwendung in der Sportpsychologie, wo Athleten durch Zuschauer angetrieben werden, ihre Leistung zu maximieren, wie es beim Radrennen Tour de France der Fall ist. Der Fokus und die erhöhte Aufmerksamkeit können Sportler motivieren, ihre körperlichen Grenzen stärker auszureizen.
Eine Naturkatastrophe oder Gewalt kann ein Trauma auslösen. Viele Betroffene verdrängen das Erlebte zunächst. Doch wenn sie es nie verarbeiten, bleibt die psychische Belastung und chronische Beschwerden können auftreten. Was Anzeichen dafür sind und wie Freunde und Familie helfen können, erklärt die Psychologin Katalin Dohrmann vom Kompetenzzentrum Psychotraumatologie der Universität Konstanz.
Außerdem geht es um den Publikumseffekt.
"Aha! Zehn Minuten Alltags-Wissen" ist der Wissenschafts-Podcast von WELT. Wir freuen uns über Feedback an wissen@welt.de.
Redaktion: Wiebke Bolle
Produktion: Christian Schlaak