Moritz Marthaler, Reporter beim Tages-Anzeiger, erkundet die Erfahrungen von Expats in der Schweiz. Jährlich ziehen 50.000 gut ausgebildete Internationalen in die Schweiz, und ihre Integration bietet ein spannendes Spektrum an Meinungen. Sie sprechen über die Herausforderungen in Genf und Zürich, kulturelle Unterschiede und die dynamische Wahrnehmung der Schweiz. Melissa Bean, eine Expatin aus London, teilt ihre persönlichen Erlebnisse und reflektiert über soziale Barrieren und den Austausch zwischen Schweizern und Expats.
Expats haben oft Schwierigkeiten bei der Integration in die Schweiz, da sie hauptsächlich unter Gleichgesinnten verkehren und wenig Kontakt zu Einheimischen haben.
Die Erfahrung von Expats variiert stark je nach Region, wobei sie in Zürich eine einfachere Integration berichten als in Genf.
Deep dives
Die Herausforderungen der Integration von Expats
Expats in der Schweiz, wie die aus Nordengland stammende Melissa Bean, erleben oft Schwierigkeiten bei der Integration in das lokale Umfeld. Viele kommen in die Schweiz, um bei internationalen Unternehmen zu arbeiten, und neigen dazu, sich hauptsächlich unter Gleichgesinnten zu bewegen, wodurch der Kontakt zu Einheimischen eingeschränkt bleibt. Melissa berichtete, dass sie trotz eines guten Lebensstils und Freundschaften mit anderen Expats nur wenige lokale Freunde hatte, was ihre Integration erschwerte. Die vorherrschende Sprache unter den Expats ist meist Englisch, was den Austausch mit Einheimischen zusätzlich kompliziert, besonders wenn die Sprache nicht ausreichend beherrscht wird.
Regionale Unterschiede in der Schweiz
Die Erfahrungen von Expats können je nach Region in der Schweiz stark variieren. Melissa empfand die Integration in Zürich als einfacher im Vergleich zu ihren ersten Jahren in Genf, wo sie den Eindruck hatte, dass die Menschen dort insgesamt weniger offen sind. In Zürich fühlte sie sich mehr als Teil der Gemeinschaft, was möglicherweise auf die größere Bevölkerungsvielfalt zurückzuführen ist. Studien zeigen, dass in größeren Städten wie Zürich und Genf die soziale Bewegung stärker ausgeprägt ist, wodurch es für Expats einfacher sein kann, neue Bekanntschaften zu schließen.
Soziale Dynamiken und Herausforderungen
Ein zentrales Thema, das die meisten Expats in der Schweiz ansprechen, sind die sozialen Herausforderungen und die Wahrnehmung von Einheimischen. Viele Expats berichten von einem geschlossenen Freundeskreis unter Einheimischen, was es schwierig macht, tiefergehende Beziehungen aufzubauen. Diese Tatsache kombiniert mit der oft als kühl empfundenen Schweizer Mentalität kann zu einem Gefühl der Isolation führen. Melissa bemerkte, dass die Haltung der Schweizer manchmal als reserviert wahrgenommen wird und dass dies sowohl bei Expats als auch bei Schweizern Missverständnisse hervorrufen kann.
Sie sprechen Englisch und verdienen viel Geld in der Schweiz: Etwa 50’000 gut ausgebildete Expats kommen jedes Jahr in die Schweiz. Besonders in Städten sind die Zuzügerinnen und Zuzüger sicht- und spürbar. Wie sie in der Schweiz leben, sich bewegen und sich mehr oder weniger integrieren, das ist ein häufiges Thema von Kontroversen unter Einheimischen.
Umgekehrt funktioniert das jedoch genauso. In Onlineforen tauschen sich potenzielle Expats regelmässig mit bereits Erfahrenen aus – und das nicht nur «pro» Schweiz. Es fallen Sätze wie: «Die Schweiz ist sauber, sicher und gut organisiert. Wer das schätzt, kann die Macken der Einheimischen gut in Kauf nehmen» oder auch «Mein erster Eindruck ist, dass die Schweiz feudal, konservativ und in manchen Fällen rückständig ist».
Wohin die Expats in der Schweiz ziehen, ist kein Zufall. Die Unterschiede zwischen den Landesregionen seien spürbar. Das bestätigt auch Melissa Bean. 2008 ist sie aus London nach Genf gezogen, später nach Zürich und mittlerweile lebt sie im Kanton Thurgau.
Moritz Marthaler, Reporter beim «Tages-Anzeiger», hat Bean porträtiert und mit ihr über ihre Erfahrungen gesprochen. In einer neuen Folge des täglichen Podcasts «Apropos» erzählt er von seiner Recherche im Expats-Milieu.
Host: Philipp Loser Gast: Moritz Marthaler Produktion: Sara Spreiter