Marco Bohnhoff, Geophysiker und Professor für Experimentelle Seismologie, diskutiert, wie menschliche Aktivitäten wie Fracking und Klimawandel zur induzierten Seismizität beitragen. Er erklärt die Herausforderungen in der Erdbebenforschung und die Schwierigkeiten bei der Vorhersage. Zudem wird das theoretische Konzept erörtert, kleinere Beben gezielt zu erzeugen, um größere zu kontrollieren. Auch die seismischen Auswirkungen von Atomtests sowie die Risiken des Lebens in erdbebengefährdeten Regionen werden thematisiert.
Der Klimawandel beeinflusst die Häufigkeit von Erdbeben, indem das Schmelzen von Eismassen den Unterdruck verändert und plötzliche Erdbeben auslöst.
Induzierte Seismizität, verursacht durch menschliche Aktivitäten wie Fracking und Bergbau, verändert das Spannungsfeld im Untergrund und führt zu Erdbeben.
Die Forschung zu Erdbeben profitiert von der Analyse von Erdbebenwellen, welche wesentliche Informationen über die Ursachen und Mechanismen der Erdbeben liefern.
Deep dives
Verbindung zwischen Klimawandel und Erdbeben
Der Klimawandel hat direkte Auswirkungen auf die Häufigkeit von Erdbeben, da das Schmelzen von Eismassen den Druck im Untergrund erhöht. Diese Veränderungen im Druck können zu plötzlichen Erdbeben führen, die sonst nicht aufgetreten wären. Ein Beispiel hierfür ist die Beziehung zwischen der Erhöhung des Meeresspiegels durch das Schmelzen von Gletschern und der Auslösung von Erdbeben durch diesen erhöhten Druck. Diese Wechselwirkungen zeigen, wie menschliche Aktivitäten die geologischen Prozesse der Erde beeinflussen und möglicherweise die Erdbebenaktivität verstärken.
Induzierte Seismizität durch menschliche Eingriffe
Induzierte Seismizität beschreibt Erdbeben, die durch menschliche Aktivitäten wie Bergbau, Fracking oder das Pumpen von Wasser in den Untergrund ausgelöst werden. Diese menschlichen Eingriffe verändern das Spannungsfeld im Untergrund, was in einigen Fällen zur Entstehung von Erdbeben führt. Ein historisches Beispiel ist das Erdbeben in Halle, das mit den Aktivitäten im Salzbergbau in Verbindung gebracht wird. In bestimmten Regionen, wie dem Ruhrgebiet, sind solche induzierten Erdbeben über einen langen Zeitraum beobachtet worden, was deren Bedeutung für die seismische Sicherheit zeigt.
Herausforderungen bei der Erdbebenforschung
Die Erforschung von Erdbeben steht vor der Herausforderung, dass direkte Beobachtungen im Untergrund nur begrenzt möglich sind. Tiefe Bohrungen sind kostspielig und oft nur an wenigen Orten durchführbar, was die Datenlage einschränkt. Stattdessen werden Erdbebenwellen, die bei Erdbeben ausgesendet werden, analysiert, um Informationen über deren Ursachen und Mechanismen zu gewinnen. Diese indirekten Methoden haben jedoch in den letzten Jahren bedeutende Fortschritte in der Erdbebenforschung ermöglicht und helfen, die Dynamiken des Erdbebengeschehens besser zu verstehen.
Die Magnitude und ihre Bedeutung
Die Magnitude von Erdbeben, ein Maß für die freigesetzte Energie, wird logarithmisch erfasst, was bedeutet, dass jeder Anstieg um eine Einheit eine signifikante Erhöhung der Energiefreisetzung darstellt. Beispielsweise bedeutet ein Anstieg von Magnitude 3 auf 4 eine 30-fache Energiezunahme, während ein Anstieg auf 5 schon eine Energie von 900-fach bedeutet. Diese Unterschiede bei der Magnitude sind entscheidend für das Verständnis der potenziellen Schäden, die ein Erdbeben verursachen kann. Das Bewusstsein über die Magnitude ist wichtig, insbesondere in erdbebengefährdeten Regionen, um angemessene Vorsichtsmaßnahmen und gebautes Schutzmaßnahmen zu implementieren.
Vorsorge und Schutzmaßnahmen
Der beste Schutz vor Erdbeben erfolgt durch erdbebensicheres Bauen und passende Baunormen, die auf die seismischen Risiken einer Region abgestimmt sind. Insbesondere in stark besiedelten und erdbebengefährdeten Gebieten, wie Istanbul, ist es notwendig, bestehende Gebäude nachzurüsten, um ihre Sicherheitsstandards zu verbessern. Langfristig werden Fortschritte in der Erdbebenforschung die Entwicklung eines Frühwarnsystems ermöglichen, das auf Wahrscheinlichkeiten basiert, um Menschen vor bevorstehenden Erdbeben zu warnen. Dies erfordert jedoch weiterhin umfassende Forschungen und Investitionen in die bauliche Sicherheit.
Ein Vortrag des Geophysikers Marco Bohnhoff Moderation: Katrin Ohlendorf
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Erdbeben können für uns eine große Bedrohung sein. Aber nicht alle Erdbeben sind schicksalhafte Naturphänomene. Auch wir Menschen verursachen welche. Marco Bohnhoff erklärt, wie Erdbeben, Energiewende und Klimawandel geophysikalisch zusammenhängen.
Seinen Vortrag zu den geophysikalischen Zusammenhängen von Erdbeben, Energiewende und Klimawandel hat Marco Bohnhoff als Hörsaal-Live-Podcast am 1. November 2024 beim Silbersalz Science & Media Festival in Halle (Saale) gehalten. Das Festival fand dieses Jahr zum siebten Mal statt. Neben Live-Podcasts und Talks gibt es dort jedes Jahr auch Filme, Ausstellungen, Performances und andere Events, der Eintritt ist frei. Das nächste Silbersalz findet vom 29. Oktober bis 2. November 2025 statt.