Berivan Aslan ist eine engagierte Menschenrechtsaktivistin und ehemalige grüne Nationalratsabgeordnete, während Lukas Matzinger als FALTER-Redakteur über aktuelle Geschehnisse berichtet. Thomas Schmidinger, Politikwissenschaftler und Experte für die Türkei, bringt zusätzliche Perspektiven. Sie diskutieren die gewaltsamen Auseinandersetzungen in Favoriten und die Rolle der Grauen Wölfe. Das Gespräch beleuchtet den Einfluss der türkischen Diaspora und die komplexen politischen Zusammenhänge, die zu diesen Spannungen führen.
Die gewaltsamen Angriffe von rechtsextremen Jugendbanden auf linke Demonstranten verdeutlichen die anhaltenden gesellschaftlichen Spannungen und den Einfluss nationalistischer Ideologien in der Wiener Community.
Die diplomatische Verstimmung zwischen Österreich und der Türkei zeigt, wie lokale Konflikte transnationale Dimensionen annehmen und internationale politische Entwicklungen prägen können.
Deep dives
Angriffe auf linke Demonstranten in Favoriten
In Wien Favoriten kam es in der vergangenen Woche zu wiederholten Angriffen von türkischstämmigen rechtsextremistischen Jugendbanden auf linke Demonstranten. Bei den Auseinandersetzungen flogen Pflastersteine und es wurden Scheiben eines Gebäudes zerstört, das einen kurdischen Kulturverein beherbergt. Die Wiener Polizei verzeichnete mehrere Verletzte, darunter zwei Beamte und einen Diensthund, und es wurden zahlreiche Anzeigen erstattet. Diese Gewaltakte führten zu einer diplomatischen Verstimmung zwischen Österreich und der Türkei, wobei der türkische Botschafter im Außenministerium vorgeladen wurde, was die Brisanz der Situation verdeutlicht.
Hintergründe der Demonstrationen
Die Ausgangssituation für die Demonstrationen war eine Kundgebung gegen Gewalt an Frauen, die von verschiedenen Frauenorganisationen, einschließlich kurdischer und linker türkischer Gruppen, organisiert wurde. Diese Veranstaltung war eine Antwort auf die steigende Gewalt gegen Frauen in der Türkei und stellte die repressiven politisch-militärischen Zustände in Nordsyrien in den Mittelpunkt. Das aggressive Auftreten der rechtsextremen Jugendlichen wurde als direkte Reaktion auf diese Solidaritätsdemonstration wahrgenommen, was die Spannungen zwischen den politischen Lagern weiter verstärkte. Die Auseinandersetzungen zeigen, wie tief die gesellschaftlichen und politischen Gräben in der von Migration geprägten Community in Wien sind.
Die Rolle rechtsextremer Gruppen
Die rechtsextremen Jugendlichen, die an den Ausschreitungen beteiligt waren, zeigen eine beunruhigende Mobilisierung und Vernetzung, die teilweise auf türkische Propaganda zurückzuführen ist. Man stellte fest, dass viele dieser jungen Menschen, obwohl sie in Wien aufgewachsen sind, stark unter dem Einfluss nationalistischer Ideologien standen und wenig Kenntnisse über die politischen Inhalte der Proteste hatten. Die gewaltsamen Auseinandersetzungen werden als gezielte Angriffe auf kurdische und linke Veranstaltungen gesehen, die nicht als spontane Reaktionen, sondern als organisierte Aktionen verstanden werden können. Ein besonderes Augenmerk liegt auf den sogenannten Grauen Wölfen, einer nationalistischen Jugendgruppe, die mit ähnlichen Vorfällen in Verbindung gebracht wird.
Transnationale Konflikte und ihre Auswirkungen
Die Ereignisse in Favoriten sind Teil eines transnationalen Konflikts, der nicht nur lokale, sondern auch internationale Komponenten aufweist. Während die Jugendlichen in Österreich aufwachsen, haben sie zudem Verbindungen zur politischen und sozialen Entwicklung in der Türkei, die wiederum Einfluss auf ihr Verhalten hier in Österreich hat. Die Anhänger von Präsident Erdogan nutzen teilweise türkische Medien, um aggressive Haltungen gegen jegliche Opposition zu schüren, was auch zu einer Verunsicherung in der türkischstämmigen Community geführt hat. Diese Dynamiken veranschaulichen, wie wichtig es ist, die Wechselwirkungen zwischen den lokalen und internationalen politischen Entwicklungen zu verstehen und geeignete Maßnahmen zu deren Resilienz zu entwickeln.
In Wien wurden in den vergangenen Tagen, Ende Juni 2020, mehrfach linke Demonstranten und Kurden von jugendlichen Banden türkischstämmiger Rechtsextremer attackiert. Über die Hintergründe und wie es zu den Zusammenstößen kommen konnte, informieren in dieser aktuellen Folge des FALTER Radio mit Raimund Löw die Menschenrechtsaktivistin und Juristin Berivan Aslan, der Politikwissenschaftler Thomas Schmidinger sowie FALTER-Redakteur Lukas Matzinger.
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