Ursula Krechel sagt, sei „überrascht und erfreut“ gewesen, als sie erfuhr, dass sie mit dem
diesjährigen Georg-Büchner-Preis ausgezeichnet wird: „Ich habe davon erfahren durch einen Anruf, an einem heißen Tag, und er kam vom Akademie-Präsidenten Ingo Schulze. Das war doch eine große Freude.“
Den Verhärtungen der Gegenwart die Kraft der Literatur entgegensetzen
Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung zeichnet mit Ursula Krechel eine Autorin aus, die „in ihren Gedichten, Theaterstücken, Hörspielen, Romanen und Essays den Verheerungen der deutschen Geschichte und Verhärtungen der Gegenwart die Kraft ihrer Literatur entgegensetzt“. „Ich bin mit dieser Begründung sehr glücklich“, sagt Ursula Krechel im Gespräch auf SWR Kultur.
Franz W. – versteckt in Krechels neuem Roman
Sieht sie Parallelen zu Büchners Werk, der ja ebenfalls politisch arbeitete und sowohl Romane als auch Dramen schrieb? „In gewisser Weise passt das schon, und das macht mich auch glücklich“, sagt Ursula Krechel. Fröhlich verrät sie, dass es in ihrem neuen Roman
„Sehr geehrte Frau Ministerin“ sogar einen Franz W. gibt, also einen Franz Woyzeck.
Auf Seite 356 liest man: „Erwähnt wurde der Fall des Franz W., dessen Tötungsdelikt auf vielen Bühnen des In- und Auslands dargestellt würde, ohne dass die Tat Abscheu errege. Im Gegenteil: W. werde wie ein bedauernswertes Opfer behandelt.“
Ein vorzeitiger Gruß an Georg Büchner? Ursula Krechel: „Ich habe einfach eine gewisse Freude gehabt, Franz W. hineinzugeheimnissen. Ich glaube, niemand hat es bis jetzt gemerkt.“
„Ich habe kein Interesse an Eheproblemen im Einfamilienhaus.“
Rund 30 Bücher hat Ursula Krechel bislang geschrieben: Romane, Dramen, Gedichte, Essays. Außerdem zahlreiche Hörspiele fürs Radio, auch für den SWR. Schon immer war sie eine politische Autorin. „Ich bin sicher keine Autorin, die ein Interesse hat, über Eheprobleme im Einfamilienhaus mit einem Gärtchen davor zu schreiben“, sagt sie, „das interessiert mich nicht, das hat mich nie interessiert.“
Im Gegenteil: „Ich neige dazu, große Panoramen und auch vielstimmige Texte zu bauen. Es macht mir mehr Freude, wenn ich viel Verschiedenes, viel Gebautes, eine Architektur oder ein Panorama von Gegenwart oder von Nachkriegsgeschichte in ein Buch nehme.“
Über dies und noch viele andere Themen spricht Ursula Krechel im „lesenswert Magazin". Etwa über die Bedeutung juristischer Fragen für ihr Werk, über ihre Recherche in Archiven und ihren eigenen Vorlass, den sie kürzlich der Berliner Akademie der Künste überlassen hat.