Russlands Rolle in Nahost und Putins Revanche - #1018
Oct 22, 2023
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Michael Thumann, Korrespondent der ZEIT und Autor von "Revanche", diskutiert Putins komplexe Rolle im Nahen Osten und dessen Einfluss auf die geopolitischen Spannungen. Er analysiert Russlands Beziehungen zu Israel und den Palästinensern, sowie die wachsende Kluft zum Westen. Thumann thematisiert die besorgniserregende Atomwaffenrhetorik und die stillen Stimmen des Widerstands in Russland. Zudem beleuchtet er das Leid politischer Gefangener, wie Alexei Nawalny, und die Rolle des Staatsfernsehens bei der Kriegswahrnehmung in der russischen Gesellschaft.
Putins wachsende Nähe zu Palästinensern und dem Iran zeigt eine strategische Neuausrichtung Russlands im Nahen Osten.
Der neue Nationalismus in Russland dient sowohl der Machterhaltung Putins als auch der rechtfertigenden Erzählung imperialer Ansprüche auf Nachbarländer.
Deep dives
Putins Einfluss im Nahen Osten
Die Position von Präsident Putin im Nahen Osten ist komplex und weist sowohl strategische als auch politische Aspekte auf. Er hat sich in jüngster Zeit von den traditionell guten Beziehungen zu Israel distanziert und zeigt eine zunehmende Neigung, sich mit Palästinensern und dem Iran zu solidarisieren. Dies wird durch die wachsende Unterstützung aus der Duma für eine restriktivere Haltung gegenüber Israel und den Beitritt zu dem Widerstand gegen die israelische Besatzung deutlich. Insbesondere wird die mögliche militärische Zusammenarbeit zwischen Russland und palästinensischen Kräften thematisiert, was Fragen über Russlands künftige Rolle in der Region aufwirft.
Veränderungen in Russlands geopolitischer Ausrichtung
Der Krieg in der Ukraine hat eine signifikante Wende in der geopolitischen Ausrichtung Russlands geschafft, hin zu einer stärkeren Orientierung nach Osten. Diese Abkehr von europäischen Beziehungen ist besonders markant, da Putin und die russische Elite zunehmend den Fokus auf die Zusammenarbeit mit asiatischen Mächten legen. Dies spiegelt sich in den diplomatischen Anstrengungen wider, die auf eine Stärkung der Beziehungen zu China und dem Iran abzielen. Zudem wird die Idee eines imperialen Russlands propagiert, indem historische und ethnische Ansprüche auf Nachbarländer betont werden.
Putins ideologische Transformation
Die ideologische Basis von Putins Herrschaft hat sich über die Jahre gewandelt, wobei sich ein neuer Nationalismus herausgebildet hat, der mit imperialen und antiwestlichen Narrativen kombiniert wird. Diese Ideologie, die auf traditionellen Werten basiert, zielt darauf ab, die russische Bevölkerung hinter sich zu versammeln und zugleich die Vorherrschaft Russlands in ehemaligen Sowjetstaaten zu rechtfertigen. Es wird argumentiert, dass dieser Nationalismus nicht nur als Machterhaltungsstrategie dient, sondern auch tief in der Geschichte Russlands verwurzelt ist, was ihn für zukünftige Generationen stabil hält. Dies zeigt sich auch in der Erziehung junger Russen, die in dessen Ideale eingeführt werden.
Stimmen des Widerstands in Russland
Trotz des strengen repressiven Klimas gibt es in Russland nach wie vor Stimmen des Widerstands gegen den Krieg und die Politik des Kremls. Diese Stimmen äußern sich häufig still und verdeckt, da direkte Proteste gefährlich sind. Beispiele wie das gelegentliche Ablegen von Blumen an Denkmälern ukrainischer Dichter zeigen den leisen, aber wirkungsvollen Widerstand in der Bevölkerung. Dennoch bleibt die Menschlichkeit der politischen Gefangenen, wie Alexei Nawalny und andere, in einer politisch repressiven Umgebung oft ungehört, was die drängende Notwendigkeit für internationale Solidarität unterstreicht.
Wie der russische Präsident das bedrohlichste Regime der Welt geschaffen hat, bespricht Raimund Löw mit ZEIT-Korrespondent Michael Thumann im Bruno Kreisky Forum.