Der vergessene Wegbereiter des Aspirin: Arthur Eichengrün
Dec 23, 2024
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Arthur Eichengrün, ein brillanter Chemiker, war entscheidend an der Entwicklung von Aspirin beteiligt. Trotz seiner Erfolge musste er gegen massive Widrigkeiten kämpfen, insbesondere während der NS-Zeit. Seine Entdeckung der Acetylsalicylsäure wäre ohne seine kreativen Ansätze nie realisiert worden. Tragisch ist sein dramatischer Fall: Von den Nazis verfolgt, verlor er alles, sogar seine Patente. Seine Geschichte ist eine Mahnung, das vergessene Erbe und die Beiträge eines übersehenen Erfinders zu würdigen.
Arthur Eichengrün führte heimliche Tests an Acetylsalicylsäure durch, die zur Genehmigung von Aspirin führten, trotz anfänglicher Ablehnung durch Bayer.
Nach dem Zweiten Weltkrieg lebte Eichengrün in Armut und gesundheitlichem Elend, obwohl er bedeutende Beiträge zur Chemie geleistet hatte.
Deep dives
Der umstrittene Anfang von Aspirin
Arthur Eichengrün, ein deutscher Chemiker, brach die Regeln bei Bayer, als er die Acetylsalicylsäure geheim testen wollte, nachdem sein Chef, Professor Heinrich Dreser, das Medikament abgelehnt hatte. Trotz Dresers Meinung, dass die Substanz schädlich sei, war Eichengrün überzeugt von ihrem Potenzial und testete es heimlich an sich selbst. Um die Arzneimittelprüfung zu umgehen, schickte er die Substanz an einen Vertreter und ermöglichte so erste Tests bei Ärzten. Diese riskante Entscheidung führte zur Genehmigung der Acetylsalicylsäure als Aspirin, obwohl Eichengrüns Beitrag von Bayer später nicht anerkannt wurde.
Eichengrüns Aufstieg und Fall
Eichengrüns Karriere begann vielversprechend, und er wurde ein angesehener Erfinder in Deutschland, mit bedeutendem Einfluss in der Chemie und Medikamentenentwicklung. Nach der Entdeckung von Aspirin erhielt er jedoch keine finanziellen Vorteile, während Dreser, der gegen das Medikament war, davon profitierte. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten musste Eichengrün bald seinen Status und Besitz aufgeben, da er als Jude verfolgt wurde. Seine Situation verschlechterte sich drastisch und mündete schließlich in seine Deportation ins KZ Theresienstadt.
Eichengrüns Vermächtnis
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs kehrte Eichengrün in ein zerstörtes Berlin zurück, wo er gesundheitlich angeschlagen und ohne Vermögen lebte. Sein früheres Leben als erfolgreicher Erfinder war stark beeinträchtigt, und er war seiner Patente beraubt worden. Obwohl er bedeutende Beiträge zur Chemie geleistet hatte, ist sein Name heute weitgehend vergessen, was den Aufruf zur Erinnerung an seine Leistungen und zur Ehrung seines Lebens verstärkt. Viele plädieren dafür, dass er in Berlin und Leverkusen angemessen gewürdigt wird, um die Dringlichkeit der Erinnerung an seine Geschichte zu betonen.
Ohne Arthur Eichengrün (gestorben am 23.12.1949) wäre das erfolgreichste Medikament der Welt nie zugelassen worden. Den tiefen Fall des Erfinders hat das nicht verhindert...
In diesem Zeitzeichen erzählt Maren Gottschalk:
wie Arthur Eichengrün den Wirkstoff Acetylsalicylsäure illegal auf Nebenwirkungen testet,
welche Rolle der Chemiker bei der Entwicklung von Aspirin spielt,
wie es dazu kommt, dass Eichengrün auf dem Obersalzberg Hitlers Nachbar ist und in Berlin mit Göring in einem Haus wohnt.
Arthur Eichengrün wird in eine Familie von Tuchfabrikanten geboren, doch ihm steht der Sinn nach etwas anderem: Chemie. Nach dem Studium in Aachen erfindet Eichengrün das erste Tripper-Medikament, später entwickelt er bei Bayer neue Arzneimittel und andere chemische Stoffe. 1909 erfindet Eichengrün den Kunststoff Cellon und erhält das Patent darauf.
Doch nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten verliert er als Jude alles, auch die von ihm gegründeten Cellonwerke in Berlin. 1944 wird Eichengrün ins Ghetto Theresienstadt deportiert. Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrt er nach Berlin zurück - bankrott, ausgebombt, seiner Patente beraubt und gesundheitlich angeschlagen. Der Chemiker zieht nach Bad Wiessee in Bayern, wo er am 23. Dezember 1949 stirbt.
Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
Ulrich Chaussy (Investigativ-Journalist)
Ulrich Chaussy: Arthur Eichengrün - Der Mann, der alles erfinden konnte, nur nicht sich selbst. Freiburg im Breisgau 2023
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