#638 - Der Macher des Ibiza-Videos, Julian Hessenthaler ("Ibiza-Affäre")
Apr 25, 2023
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Julian Hessenthaler, ein ehemaliger Sicherheitsberater aus Österreich, erzählt von seiner unfreiwilligen Rolle bei der Herstellung des Ibiza-Videos, das einen politischen Skandal auslöste. Er erklärt die emotionalen und rechtlichen Herausforderungen seiner Tätigkeit und beleuchtet die Schattenseiten der Tabakindustrie sowie die Grauzonen des Informationsdiebstahls. Hessenthaler reflektiert über die korrupten Strukturen in Österreich und die Folgen des Videos auf sein Leben. Abgerundet wird das Gespräch mit Einsichten in politische Intrigen und den Umgang mit medialer Aufmerksamkeit.
Julian Hessenthaler beschreibt, wie freundschaftliche Motive zu einem politischen Projekt führten, als er das Ibiza-Video initiierte.
Die entscheidenden Informationen über Strache kamen von seinem Bodyguard, der nach einer Erkrankung bereit war, zu reden, was das Video riskant machte.
Hessenthaler erklärt, dass sie eine Legende um eine russische Oligarchin aufbauten, um Strache zu schlüpfrigen Aussagen zu verleiten.
Obwohl das Ibiza-Video einen Skandal auslöste, blieb die politische Unterstützung für die FPÖ stärker als zunächst erwartet.
Hessenthaler hebt hervor, dass das Video und seine Folgen die Relevanz von Korruptionsermittlungen in Österreich verstärkten und die Demokratie bedrohen.
Deep dives
Die Entstehung des Ibiza-Videos
Julian Hessenthaler, ein ehemaliger Sicherheitsberater, erzählt die Geschichte hinter dem Ibiza-Video, das einen politisch brisanten Skandal auslöste. Der ursprüngliche Anstoß kam von einem Freund und Anwalt, der ihm brisante Informationen über den österreichischen Vizekanzler Heinz-Christian Strache überbrachte. Die Beweislage war jedoch schwach, bestehend aus Foto- und Textnachrichten, was prompt die Idee aufwarf, die Informationen visuell festzuhalten. Die Motivation war anfänglich freundschaftlicher Natur, entwickelte sich jedoch bald auch zu einer politischen Absicht, als Hessenthaler das Potenzial erkannte, das Verhalten von hochrangigen Politikern zu beleuchten.
Die Rolle von Straches Bodyguard
Ein zentraler Akteur in der Ibiza-Affäre war der Bodyguard von Strache, dessen Informationen den Ermittlungen eine entscheidende Wendung geben sollten. Hessenthaler schildert, dass der Bodyguard nach einer schweren Erkrankung bereit war, seine Erlebnisse und Informationen über Strache preiszugeben, jedoch dringend eine Absicherung suchte. Diese Beziehung kippte in Richtung, dass der Bodyguard zu einer potenziellen Quelle geworden ist, von der das Video abhängt. Ohne dessen Absicherung war eine Veröffentlichung während der politischen Diskussionen rund um die Wahlen ein großes Risiko.
Der Plan zur Videoaufnahme
Der ursprüngliche Plan für die Erstellung des Videos war es, den Vizekanzler unter dem Vorwand eines Geschäfts anzulocken, um ihn dann mit belastenden Aussagen und Verhaltensweisen zu konfrontieren. Hessenthaler räumt ein, dass sie versuchten, eine Legende um eine russische Oligarchen-Verbindung aufzubauen, um die Glaubwürdigkeit zu erhöhen. Die Erwartung war, dass Strache in dieser weniger gesicherten Umgebung bereitwillig über illegale Praktiken und Korruption sprechen würde. Durch den Einfluss dieser fiktiven Oligarchin versuchten sie, Strache zu riskanten Aussagen zu verleiten.
Die Durchführung des Ibiza-Drehs
Der Dreh des Ibiza-Videos fand in einer Villa statt, die als luxuriös beschrieben wird, und Strache und Gudenus waren anwesend. Der gesamte Drehtag erstreckte sich über mehrere Stunden, da es beim Gespräch viele Unterbrechungen gab und Strache oft versuchte, sich vor direkten Aussagen zu drücken. Hessenthaler beschreibt, wie sie versuchten, eine Art Vertrauensverhältnis zu schaffen, um die Bereitschaft von Strache zu erhöhen, sich auf schlüpfrige Diskussionen einzulassen. Letztendlich wurden einige belastende Aussagen festgehalten, die sich um Korruption und Einflussnahme drehten, auch wenn Strache nicht direkt fragwürdige Angebote gemacht hat.
Die Veröffentlichung und ihre Folgen
Nach der Veröffentlichung des Ibiza-Videos durch die Medien erlebte Österreich eine politische Erschütterung, die mit Rücktritten und Neuwahlen einherging. Hessenthaler schildert, dass das Video zwar einen großen Aufschrei auslöste, jedoch die politische Landschaft nicht so stark beeinflusste, wie er erwartet hätte. Die FPÖ schaffte es, bei der EU-Wahl respektable Stimmen zu erhalten, was zeigte, dass die Wähler trotz des Skandals weiterhin hinter der Partei stehen. Der Fokus auf die Spesenaffäre und die anschließenden Ermittlungen führten dann letztendlich zur Absetzung von Strache.
Die Relevanz und Nachwirkung von Ibiza
Hessenthaler hebt hervor, dass die Relevanz des Ibiza-Videos weit über den Skandal selbst hinausgeht, da es eine Welle von Ermittlungen zu Korruption und Machtmissbrauch in Österreich auslöste. Dies führte unter anderem zu weiteren Untersuchungen in der Glücksspielindustrie und der Regierungsführung. Besonders die Spesenaffäre wirkte als triggernde Komponente, die eine tiefere Untersuchung der FPÖ und ihrer Praktiken nach sich zog. Er betont die Wichtigkeit solcher Enthüllungen für die Aufrechterhaltung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit.
Reaktionen und Warnungen
Nach der Videoveröffentlichung erhielt Hessenthaler eine Warnung über mögliche Repressionen, unter anderem durch einen Beamten des Innenministeriums, was ihn zusätzlich in Sorge versetzte. In seinem Brief an den Bundespräsidenten beschrieb er seine Befürchtungen hinsichtlich der Integrität seiner Person und der seines Umfeldes. Die Drohungen und die damit verbundene Unsicherheit belasteten ihn während des gesamten Prozesses erheblich. Diese Erfahrungen führten zu einem gesteigerten Bewusstsein für die Anfälligkeit von Journalisten und Whistleblowern in politisch heiklen Situationen.
Mediale Aufmerksamkeit und deren Auswirkungen
Hessenthaler erlebte nach der Veröffentlichung des Ibiza-Videos eine mediale Hetzkampagne, die aufgrund seines vermeintlichen Hintergrundes und der Erlebnisse schockierend war. Er beschreibt den Druck, dem er ausgesetzt war, und wie schnell sich die Narrativen in den Medien gegen ihn wandten. Trotz seiner Bemühungen um Transparenz und rechtliche Schritte gegen diese Vorurteile erlebte er eine Vielzahl von Fehlinformationen und Diffamierungen. Diese Unsicherheiten verstärkten seinen Wunsch nach rechtlichen Klärungen und einer Überprüfung des Verfahrens, in dem er verurteilt wurde.
Zukünftige Ermittlungen und Entwicklungen
Abschließend äußert Hessenthaler die Hoffnung, dass die Ermittlungen rund um das Ibiza-Video und die damit verbundenen Skandale auch in Zukunft weitere Aufdeckungen und rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen werden. Er glaubt, dass es nach wie vor Möglichkeiten gibt, die das System hinterfragen und reformieren können. Die Erkenntnisse aus der Ibiza-Affäre haben gezeigt, dass es wichtig ist, politische Integrität zu fördern und Korruption konsequent zu bekämpfen. Vor diesem Hintergrund sieht er es als notwendig, dass die Öffentlichkeit und die Medien wachsam bleiben und weiter hinterfragen.