Die FPÖ wendet sich strategisch an muslimische und migrantische Wählergruppen, indem sie gezielt angepasste Botschaften kommuniziert.
Die SPÖ wird voraussichtlich stärkste Kraft bei der Wien-Wahl bleiben, während die FPÖ mit interner Konkurrenz und Strache zu kämpfen hat.
Deep dives
Wahlwillige Wählergruppen
Die bevorstehende Wien-Wahl ist geprägt von einer strategischen Wende der FPÖ, die versucht, gezielt muslimische und migrierte Wählergruppen anzusprechen. Diese Taktik, Microtargeting genannt, zielt darauf ab, unterschiedliche Botschaften an spezifische Zielgruppen zu kommunizieren, ohne dabei großes Aufsehen zu erregen. Beispielsweise organisiert die FPÖ Veranstaltungen, die ausschließlich auf türkische Medien und Kandidaten mit Migrationshintergrund ausgerichtet sind. Dies stellt einen starken Stilbruch für die Partei dar, die traditionell gegen muslimische Einwanderung polemisiert hat, und zeigt ihre Bemühungen, das Wählerpotential diverser Gemeinschaften zu erschließen.
SPÖ und ihr Starker Auftritt
Die Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ) wird voraussichtlich stärkste Kraft bei der Wien-Wahl sein, obwohl die aktuellen Umfragen eine leicht negative Tendenz im Vergleich zur letzten Wahl zeigen. Bürgermeister Michael Ludwig strebt an, die stark gefestigte Position der SPÖ in Wien zu behaupten, während er gleichzeitig darauf abzielt, die Verluste zu minimieren, die andere Regierungspartei in jüngsten Wahlen erlitten haben. Ludwig ist bestrebt, ein Wahlergebnis zu erreichen, das eng an das vorherige anknüpft, und sieht seine Chancen angesichts der stabilen Beliebtheit Wiens als positiv an. Wien ist über die Grenzen hinaus für seine gute Stadtführung und seinen sozialen Wohnbau bekannt, was der SPÖ trotz möglicher Herausforderungen Vertrauen in den Wahlausgang gibt.
FPÖ im Aufwind, aber Gefahr durch Strache
Die FPÖ zeigt sich im Vorfeld der Wien-Wahl mit steigenden Umfragewerten, hat jedoch mit dem politischen Comeback von Heinz-Christian Strache zu kämpfen, der gegen die aktuellen Spitzenkandidaten der FPÖ antritt. Während die FPÖ prognostiziert, von 7% auf etwa 21% zu steigen, wird Straches Rolle in den Umfragen als potenzieller Störfaktor gesehen, da er Stimmen der gleichen Wählerschaft anziehen könnte. Straches Rückkehr könnte der FPÖ einige Prozentpunkte kosten, die sie sonst hätte gewinnen können, und verstärkt die interne Konkurrenz innerhalb des rechtspopulistischen Spektrums. Sein Comeback könnte für die FPÖ erneut eine Herausforderung darstellen, da sie bereits mit dem Negativimage aus der Vergangenheit kämpfen muss.
Mit Migrationshintergrund um Identität kämpfen
Die Strategien der FPÖ und der AfD zeigen, dass rechtspopulistische Parteien versuchen, Menschen mit Migrationshintergrund anzusprechen, während sie gleichzeitig nationalistische und fremdenfeindliche Rhetorik aufrechterhalten. Die FPÖ hat begonnen, enge Beziehungen zu bestimmten communities zu knüpfen, um Stimmen dort zu gewinnen, wo sie traditionell schwach ist. In Deutschland verfolgt die AfD eine ähnliche Taktik, indem sie spezifische Gruppen mit angepassten Botschaften anspricht, um eine politische Basis zu schaffen. Diese Entwicklung zeigt eine zunehmende Spaltung innerhalb der Herkunftsgruppen und wirft Fragen nach der zukünftigen politischen Ausrichtung solcher Parteien auf.
Bei der Wien-Wahl bemühen sich die Freiheitlichen auch um Wähler mit Migrationsbiografie und Muslime – allerdings subtil. Wie passt das zum rechtspopulistischen Programm?
Am Sonntag wählt Wien den Gemeinderat und die Bezirksvertretungen. Die SPÖ dürfte stärkste Kraft werden, die FPÖ nach dem Wahlfiasko 2020 wieder auf Platz zwei landen. Spitzenkandidat Dominik Nepp dürfte das trotz Spesenskandal und Taxiaffäre gelingen, DER STANDARD berichtete. Und das waren nicht die einzigen Aufreger im Wahlkampf.
Obwohl die FPÖ gegen angebliche "Asylmillionen" wettert, die SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig verteile, wirbt sie auch um migrantische Wählergruppen und Muslime. Journalisten beobachten einen Schattenwahlkampf mit Besuchen bei Moscheevereinen und Pressekonferenzen für türkischsprachige Medien.
Was sich die Freiheitlichen etwa von Anhängern des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan erhoffen, warum die Parteispitze zu den Bemühungen um Migranten schweigt und ob diese Taktik auch nach hinten losgehen könnte – darum geht es in dieser Folge von Inside Austria.
In dieser Folge zu hören: Kathrin Stainer-Hämmerle (Politikwissenschafterin), Sandra Schieder (Redakteurin Innenpolitik beim STANDARD), Oliver Das Gupta (Autor beim "Spiegel" und beim STANDARD), Ann-Katrin Müller (Politikredakteurin beim "Spiegel") und Thomas Hofer (Politikberater); Skript: Antonia Arbeiter-Rauth und Lucia Heisterkamp; Moderation: Margit Ehrenhöfer und Lucia Heisterkamp; Redigat: Benjamin Braden; Produktion: Christoph Neuwirth
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