#19 "Wie wir die Welt sehen" von Ronja von Wurmb-Seibel
Jun 30, 2022
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Ronja von Wurmb-Seibel, Journalistin und Autorin, spricht über konstruktiven Journalismus und die Wahrnehmung von Krisengebieten. Sie fordert eine positivere Medienberichterstattung, die Lösungen anstatt nur Probleme fokussiert. Besonders spannend ist ihr Bericht über persönliche Erfahrungen aus Afghanistan und die Herausforderungen der Berichterstattung. Sie diskutiert auch, wie die negative Nachrichtenflut unsere Sicht auf die Welt beeinflusst und bietet Strategien zur emotionalen Regulierung an.
Ronja von Wurmb-Seibel betont die Bedeutung konstruktiver Berichterstattung, um negative Wahrnehmungen der Welt zu revidieren.
Die Journalistin fordert dazu auf, Lösungen und positive Beispiele in der Medienlandschaft stärker zu thematisieren, um Perspektivlosigkeit zu vermeiden.
Ein bewussterer Nachrichtenkonsum wird empfohlen, um negative Gefühle zu minimieren und das Publikum zu motivieren, Veränderungen anzustreben.
Deep dives
Die Wahrnehmung der Welt
Die meisten Menschen sehen die Welt wesentlich negativer, als sie tatsächlich ist. Eine Studie, die in über 40 Ländern durchgeführt wurde, zeigt, dass Themen wie Arbeitslosigkeit, Mord- und Suizidraten oft schlechter eingeschätzt werden, als die tatsächlichen Zahlen es belegen. Dies wird teilweise der Berichterstattung in den Medien zugeschrieben, die überwiegend negative Nachrichten verbreitet. Es wird gefordert, dass Medien konstruktive Ansätze verfolgen und Menschen dazu ermutigt werden, Nachrichten anders zu konsumieren und zu deuten.
Herausforderungen in Afghanistan
Die Berichterstattung über Afghanistan hat oft das Leid der Menschen in den Mittelpunkt gestellt, während Lösungen oft nicht beleuchtet wurden. Ein Beispiel ist die Problematik mit Blindgängern, die durch militärische Einsätze zurückgelassen wurden und viele Menschenleben gefährden. Forscher entdeckten, dass durch die Bereitstellung von Daten über diese Blindgänger eine einfache Lösung hätte gefunden werden können, um das Land von ihnen zu befreien. Diese Situation zeigt sowohl die Dramatik des Problems als auch die Möglichkeit, durch gezielte Kommunikation zur Lösung beizutragen.
Die Suche nach Lösungen
Ein zentraler Aspekt des Ansatzes ist es, nicht nur Probleme darzustellen, sondern auch Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Während der Zeit in Afghanistan entwickelte die Journalistin den Wunsch, vielmehr über Wege aus der Krise zu berichten, um nicht in einer Perspektivlosigkeit zu versinken. Diese Herangehensweise führte zu einem umfassenden Verständnis der komplexen Probleme und förderte eine vielschichtige Berichterstattung. Geschichten wurden dadurch nicht nur zu einem Abbild der Missstände, sondern auch zu einem Raum für Hoffnung und Handlungsaktualität.
Der Umgang mit Nachrichtenkonsum
Der Konsum von Nachrichten kann zu einem Gefühl der Ohnmacht und Hilflosigkeit führen, besonders wenn der Fokus nur auf negativen Ereignissen liegt. Es wird empfohlen, den eigenen Nachrichtenkonsum zu beobachten und gegebenenfalls zu reduzieren, um negative Gefühle zu minimieren. Positive Veränderung in der Berichterstattung kann auch dazu führen, dass das Publikum motiviert bleibt und weniger Resignation empfindet. Dabei kann die Formel 'Scheiße plus X' helfen, also die Kombination aus Problemen und möglichen Lösungen in den Fokus zu rücken.
Reflexion über den Journalismus
Konstruktiver Journalismus setzt voraus, dass entgegen der oft negativen Berichterstattung auch die Frage nach Lösungen und Fortschritt gestellt wird. Der Ansatz erfordert mehr Recherche und neuen Mut, um über positive Beispiele zu berichten, die im Journalismus nach wie vor rar sind. Es gibt jedoch ein wachsendes Bewusstsein innerhalb der Medien, hin zu einem Journalismus, der sowohl informiert als auch inspiriert. Diese Veränderung könnte langfristig zu einer besseren Beziehung zwischen Medien und Publikumswunsch nach aussagekräftigen Inhalten führen.
Maximilian Münster im Gespräch mit Ronja von Wurmb-Seibel
Nachrichten verfolgen uns immer und überall. Morgens im Radio, abends im Fernsehen und zwischendrin als Push-Nachricht auf dem Handy. Sie prägen unser Leben – viel mehr, als wir es ahnen. In ihrem Buch fordert die Journalistin Ronja von Wurmb-Seibel Medien auf, Geschichten konstruktiver zu gestalten. Was das bedeutet und wie viel das nützen könnte, erklärt sie im Gespräch mit Maximilian Münster.
Wie haben Sie das gemacht? - Ein Podcast der Reportageschule Reutlingen und Reportagen.fm