Anvar Cukoski, 37-jähriger Lektor beim Blumenbar Verlag, teilt spannende Einblicke in die Welt der Belletristik. Er erklärt, wie Verlage in Bücher investieren – oft mit hohen finanziellen Risiken. Cukoski spricht über die besondere Rolle eines Lektors, der hinter den Kulissen arbeitet und auf den Markt und die Leser achtet. Außerdem diskutiert er die Herausforderungen für Debütautoren und reflektiert über den Verlust der "Unschuld" beim Lesen. Trotz der Professionalisierung bleibt seine Freude am Lesen ungebrochen.
Der Beruf des Lektors verbindet Leidenschaft für Literatur mit administrativen Aufgaben, die oft den Alltag prägen und die Lesefreude einschränken.
Der Auswahlprozess für Bücher erfordert eine hohe emotionale Investition und Marktkenntnis, um potenzielle Bestseller im vielfältigen Literaturmarkt zu identifizieren.
Deep dives
Die Realität des Lektorats
Der Beruf des Lektors ist eng mit einer Leidenschaft für Literatur verbunden, aber beinhaltet auch viele administrative Aufgaben. Anwar Tchukowski beschreibt, dass nicht jeder Tag mit literarischen Inhalten gefüllt ist, da viel Zeit für Verwaltung und Problemlösungen benötigt wird. Obwohl die Liebe zur Literatur immer wieder aufkommt, ist der Alltag oft geprägt von E-Mails und Projektmanagement. Das Klischee, dass Lektoren oft selbst Autoren werden wollen, stimmt zwar in einigen Fällen, ist jedoch nicht die Regel.
Der Auswahlprozess für Bücher
Der Auswahlprozess für Bücher in einem Verlag erfolgt häufig über Literaturagenten, die Manuskripte vorfiltern und präsentieren. Tchukowski betont, dass es entscheidend ist, dass ein Manuskript einen so hohen Qualitätsstandard erreicht, dass es für die Veröffentlichung im Programmbereich des Verlags in Betracht gezogen wird. Dabei muss er das Gefühl haben, dass das Buch ihn emotional mitreißt, was nicht immer einfach ist. Eine Auktion kann entstehen, wenn mehrere Verlage Interesse an einem Manuskript zeigen, was somit die Wettbewerbslage für die Autoren verstärkt.
Der Einfluss des Marktes auf Literatur
Die Buchbranche unterliegt starken Marktbedingungen, die den Wert eines Manuskripts oft bestimmen. Tchukowski erklärt, dass der monetäre Wert eines Buches nicht nur von der enthaltenen Arbeit abhängt, sondern auch davon, was Käufer bereit sind zu zahlen. Dies führt dazu, dass Verlage oft vorsichtig wählen müssen, welche Bücher sie unterstützen, da nicht jedes Debütwerk sofort erfolgreich sein kann. Dystopische und regionale Kriminalromane sind Beispiele von Genres, die momentan gegenwärtig sind und wohl auch stark nachgefragt werden.
Die Herausforderungen und Belohnungen des Lektorats
Tchukowski spricht über die emotionalen Herausforderungen eines Lektors, insbesondere wenn ein beklannter Titel nicht den gewünschten Erfolg erzielt. Dabei empfindet er oft ein Gefühl der Verantwortung, nicht nur für das bewertete Buch, sondern auch für die Autorin oder den Autor, die viel in ihr Werk investiert haben. Trotz aller Schwierigkeiten liebt er die Euphorie, wenn er ein Manuskript findet, das er unbedingt published sehen möchte. Die täglichen Herausforderungen im Job führen dazu, dass die Zeit zum Lesen und Genießen von Literatur oft zu kurz kommt, was die Liebe zu Büchern durchaus belasten kann.
"Es reicht nicht, wenn ein Buch ganz gut ist und sich nett liest – es muss mich komplett umhauen!", sagt Anvar Cukoski. Der 37-jährige Lektor leitet den Bereich der Belletristik beim Blumenbar Verlag, der zum Aufbau Verlag gehört. "Oft ist ein Buch für einen Verlag eine Art Wette: Könnte das vielleicht ein Bestseller oder Kritikererfolg werden?", erklärt Cukoski im ZEIT-ONLINE-Podcast Frisch an die Arbeit. Dafür müsse ein Verlag bereit sein, ein großes finanzielles Risiko einzugehen: "Für ein deutschsprachiges Debüt hab ich schon jeden Betrag gesehen – von 5.000 bis 500.000 Euro“, sagt Cukoski. Cukoski studierte Neuere Deutsche Literatur und Philosophie in Berlin. Nach einem Praktikum landete er beim Berlin Verlag. Das Klischee, dass viele Lektoren selbst Romane schreiben wollten, träfe auf ihn nicht zu, erzählt Cukoski: "Ich habe relativ schnell erkannt, dass ich gar nicht so dringend schreiben will." Schriftsteller stünden im Rampenlicht, mit ihrer Kunst und ihrem Namen. Den Beruf des Lektors erklärt er so: "Man tritt hinter die Idee des Buches zurück, das ist der Job. Manchmal bin ich Hebamme, manchmal Chef." Sein eigener Geschmack sei bei der Auswahl der Bücher, die er ins Verlagsprogramm aufnehme, wichtig, aber letztlich habe er immer den Markt und die Leser im Kopf, sagt Cukoski. Manchmal bedauere er die Professionalisierung: "Die Unschuld beim Lesen ist weg", sagt er. Doch die Freude beim Lesen habe er nicht verloren: "Ein Manuskript zu beginnen und dann kommt die Euphorie – das ist ein Gefühl, das sich nicht abnutzt."
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