Versklavt im Mittelmeer - Als Christen und Moslems sich jagten
Dec 19, 2024
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Im Mittelmeerraum der frühen Neuzeit wütete die Sklaverei. Christen und Muslime machten Jagd auf Handels- und Pilgerschiffe, was zu dramatischen Berichten führte. Die Rolle von Piraterie in der nordafrikanischen Wirtschaft wird beleuchtet. Einblicke in die grauenhaften Erfahrungen europäischer Sklaven, deren Suche nach Freiheit und die prekäre Situation von Frauen in der Sklaverei schaffen ein spannendes Bild. Auch die unterschiedlichen Behandlungen je nach Herkunft der Sklaven werden intensiv diskutiert.
Die Sklaverei im Mittelmeerraum betraf sowohl Christen als auch Muslime, wobei Piraterie eine zentrale Rolle in der Entführung von Menschen spielte.
Die wirtschaftliche Basis nordafrikanischer Stadtstaaten beruhte zum Teil auf Sklavenhandel, wobei Lösegelder eine bedeutende Einnahmequelle darstellten.
Deep dives
Sklaverei im Mittelmeerraum
Die Sklaverei im Mittelmeerraum war in der frühen Neuzeit weit verbreitet und betraf sowohl Christen als auch Muslime. Piraten führten dazu, dass viele Menschen entführt wurden und auf Sklavenmärkten in Nordafrika und Europa verkauft wurden. Emanuel Aranda, ein Adeliger aus Flandern, wurde zum Beispiel im Jahr 1640 von algerischen Piraten gefangen genommen, und sein Erlebnisbericht wurde zum Bestseller, da er die alltäglichen Gefahren dieser Zeit widerspiegelte. Schätzungen zufolge wurden mehrere hunderttausend Europäer in den zweieinhalb Jahrhunderten der Sklaverei im Mittelmeerraum versklavt, wobei die Lebensrealität der Sklaven stark vom sozialen Status der Entführten abhing.
Ökonomische Aspekte der Sklaverei
Die Wirtschaft nordafrikanischer Stadtstaaten basierte stark auf der Piraterie und dem Sklavenhandel, wobei Lösegelder für wohlhabende Gefangene exorbitant waren. Manche Sklaven konnten sich eine relative Bewegungsfreiheit erarbeiten, indem sie eigene Geschäfte wie Tavernen betrieben, während andere als Arbeitssklaven ausgebeutet wurden. Der Sklavenhandel in dieser Region war anders als in den Amerikas, da es nicht um eine große Anzahl günstiger Arbeitskräfte ging, sondern um das Einfordern hoher Lösegelder. Historiker schätzen, dass bis zu einem Viertel der Einnahmen nordafrikanischer Stadtstaaten aus der Sklaverei stammten, was die wirtschaftliche Tragweite dieses Grauens verdeutlicht.
Schicksal der Frauen in der Sklaverei
Frauen, die in die Sklaverei gerieten, erlebten oft eine komplexe Realität und hatten nicht selten die Möglichkeit, sich freizukaufen oder sogar Einfluss zu gewinnen. Einige Frauen avancierten zu bedeutenden Persönlichkeiten, wie Maria Termetelen, die in Marokko lebte und Einfluss bei Freikaufsverhandlungen hatte. Dennoch mussten sie häufig um ihr Überleben kämpfen und fanden sich in gefährlichen Situationen wieder, besonders im Hinblick auf sexuelle Ausbeutung. Ihre Rückkehr nach Europa war oft problematisch, da sie nicht nur beweisen mussten, dass sie nicht zum Islam übergetreten waren, sondern auch, dass sie moralisch unversehrt geblieben waren.
In der frühen Neuzeit gab es rund ums Mittelmeer viel Sklaverei. Christen und Moslems gleichermaßen kaperten Handels- und Pilgerschiffe und verkauften Menschen auf riesigen Sklavenmärkten in Europa und Nordafrika. Deren Berichte wurden ein beliebtes literarisches Genre. Von Brigitte Kramer (BR 2022)
Autorin dieser Folge: Brigitte Kramer Regie: Martin Trauner Es sprachen: Hemma Michel, Benedikt Schregle, Gudrun Skupin Technik: Roland Böhm Redaktion: Thomas Morawetz
Im Interview:
Mario Klarer, Literaturwissenschaftler, Universität Innsbruck
Juliane Schiel, Historikerin Universität Wien
Teresa Peláez, Historikerin, Universität Valencia.
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