Chinas Dominanz in grüner Technologie: Segen oder Fluch?
Jun 17, 2024
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China ist der führende Anbieter erneuerbarer Technologien und kämpft gleichzeitig mit wirtschaftlichen Herausforderungen. Die Diskussion dreht sich um Überkapazitäten in der Fertigung und Chinas Dominanz im Elektroautomarkt. Der Wettbewerb mit westlichen Herstellern wird näher beleuchtet, während geopolitische Spannungen durch Handelsbeschränkungen zunehmen. Zudem wird der Einfluss Chinas auf Schwellenländer analysiert und die Notwendigkeit von Investitionen in saubere Technologien in der globalen Energiewende hervorgehoben.
China dominiert den Markt für saubere Technologien durch massive Investitionen und steigert damit seine wirtschaftliche Stabilität trotz der bestehenden Wirtschaftskrise.
Die US-amerikanische und europäische Industrie stehen vor der Herausforderung, mit Chinas kostengünstigen Angeboten und der drohenden Überkapazität im internationalen Wettbewerb umzugehen.
Deep dives
Chinas Wirtschaftskrise und Investitionen in saubere Technologien
China befindet sich in einer Wirtschaftskrise, aber das Land leistet massive Investitionen in saubere Technologien wie erneuerbare Energien, Elektromobilität und andere umweltfreundliche Industrien. Die chinesische Regierung fördert in erster Linie diese Investitionen, um die Wirtschaft zu stabilisieren und gleichzeitig die CO2-Emissionen zu reduzieren. Diese Strategie zielt darauf ab, den globalen Bedarf an sauberen Technologien zu decken, wobei Schätzungen zufolge China bereits mehr als 80 Prozent der weltweiten Kapazität in der Photovoltaik hat. Diese übermäßige Investition in technische Kapazitäten kann jedoch zu Überkapazität führen, was den Markt destabilisieren könnte, insbesondere in einem internationalen Wettbewerbsumfeld mit sinkender Nachfrage nach fossilen Brennstoffen.
Natürliche Herausforderungen aufgrund von Überkapazitäten
Überkapazitäten treten auf, wenn die Produktionskapazitäten eines Marktes die tatsächliche Nachfrage übersteigen, was zu finanziellen Verlusten für die Produzenten führen kann. Dies kann gefährlich werden, wenn Unternehmen in einen Preiskampf eintreten, um ihre Produktionskapazitäten auszulasten, was die Rentabilität des gesamten Marktes unter Druck setzt. Die Diskussion über Überkapazitäten wird auch von westlichen Ländern mobilisiert, da sie sich vor einer drohenden Überflutung des Marktes mit chinesischen Exporten fürchten. Dies wirft die Frage auf, ob die westlichen Märkte überhaupt in der Lage sind, mit der Produktionsgeschwindigkeit und den kostengünstigen Angeboten Chinas umzugehen - ein Bereich, in dem die USA und Europa erschreckend hinterherhinken.
Geopolitische Wettkämpfe und Industrien im globalen Kontext
Die geopolitischen Spannungen zwischen China, den USA und Europa haben weitreichende Auswirkungen auf die industrielle Landschaft. Während die USA einen protektionistischen Ansatz verfolgen, zögert Europa, klare Entscheidungen zu treffen, was zu einer unterschiedlichen Reaktion auf die Herausforderungen führt, die aus Chinas Planungen resultieren. Deutschland beispielsweise hat den Außenhandelsüberschuss als entscheidendes Kriterium für den wirtschaftlichen Erfolg, was zu einem Spannungsfeld zwischen den konkurrierenden Interessen von Automobilherstellern und der deutschen Industrie führt. Die Notwendigkeit einer verstärkten Industriepolitik, um den Herausforderungen durch China zu begegnen, wird immer deutlicher und erfordert möglicherweise eine Kooperation der Europäischen Länder.
Chinas Rolle als Vorreiter bei erneuerbaren Energien
China hat sich als wichtiger Akteur im globalen Markt für erneuerbare Energien etabliert und hat eine Schlüsselstellung in der Produktion von Photovoltaik und Elektrofahrzeugen erreicht. Diese technologischen Fortschritte bieten Entwicklungsländern Zugang zu kostengünstigen Energielösungen, stellen jedoch auch eine Herausforderung für die eigene Industrialisierung dar. Länder wie Brasilien und Südafrika müssen strategisch entscheiden, wie sie mit dem chinesischen Konkurrenzdruck umgehen, während sie versuchen, eigene industrielle Kapazitäten aufzubauen. Es ist wichtig, die richtige Balance zwischen Importen und eigenen Produktionen zu finden, um eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung und den Zugang zu sauberer Energie zu gewährleisten.
[Disclaimer]: Diese Podcast-Folge wurde vor der Verhängung der Zölle auf chinesische Elektro-Autos durch die EU aufgenommen.
Ob Solar-Anlagen, Windturbinen, Elektro-Autos oder Elektrolyseure für die Wasserstoffproduktion: China ist inzwischen größter und kostengünstigster Produzent für sogenannte „saubere Technologien“. Chinesische Firmen dominieren die Weltmärkte mit guter Qualität zu sehr günstigen Preisen. Die USA wirft China vor, es habe durch Subventionen „Überkapazitäten“ aufgebaut und reagiert mit massiven Zöllen. Auch Europa macht sich Sorgen, seine Industrien nicht halten zu können. Doch sind günstige, saubere Technologien nicht genau das, was es in Anbetracht der Klimakrise im großen Maß braucht?
Im Gespräch mit Adam Tooze diskutieren wir die Bedeutung des Begriffs „Überkapazität“ und beleuchten die chinesische Industriepolitik im Spannungsfeld von Geopolitik, Wirtschaftsinteressen und der globalen Energiewende. Wie ist die chinesische Dominanz zu erklären, und wie sollten Europa und Deutschland darauf reagieren?
Adam Tooze lehrt an der Columbia University in New York, zuvor lehrte er in Yale und Cambridge. 2019 zeichnete ihn das Foreign Policy Magazine als einen der 10 bedeutendsten Wirtschaftsdenker des Jahrzehnts aus.
Hosts: Jörg Haas und Sarah Ribbert, Referat Globalisierung und Transformation, Heinrich-Böll-Stiftung
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