#7: Sehen wir nun den Beginn von Russlands wirtschaftlichem Abstieg?
Dec 4, 2024
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Die russische Wirtschaft gerät zunehmend unter Druck. Hohe Inflation und eine drastische Rubelabwertung setzen der Bevölkerung zu. Sanktionen gegen die Gazprom-Bank verschärfen die Lage weiter, während die Zentralbank um Stabilität kämpft. Der Vergleich mit der Türkei zeigt, wie unterschiedliche Wirtschaftsbedingungen das Geschäftsklima beeinflussen. Ölpreisschwankungen und strategische Überlegungen rund um die Ölförderung werfen zusätzliche Herausforderungen auf. Ist Russlands wirtschaftlicher Abstieg nun endgültig besiegelt?
Die hohe Inflation und die Abwertung des Rubels belasten die russische Bevölkerung stark durch stark steigende Preise für importierte Konsumgüter.
Die US-Sanktionen gegen den Bankensektor haben erhebliche Unsicherheiten im Markt ausgelöst und die Stabilität der russischen Wirtschaft gefährdet.
Deep dives
Auswirkungen der Inflation auf die russische Bevölkerung
Die hohe Inflation und die Abwertung des Rubels haben spürbare Auswirkungen auf die russische Bevölkerung, insbesondere durch steigende Preise für importierte Konsumgüter. Ungefähr ein Viertel aller Konsumgüter in Russland sind importiert, was bedeutet, dass ihre Preise in direkter Relation zur Rubelabwertung steigen. Diese Preiserhöhungen führen zu einem Anstieg der Inflation, die bereits bei etwa 9 Prozent lag, und belasten die realen Einkommen der Bürger. Auch wenn nicht viele Russen ins Ausland reisen, sind die finanziellen Belastungen durch erhöhte Lebenshaltungskosten und Inflation für die meisten spürbar.
Schwankungen des Rubels und ihre Ursachen
Der Rubel hat seit August 2023 über ein Viertel seines Wertes verloren, was auf neue US-Sanktionen gegen den russischen Bankensektor zurückzuführen ist. Diese Sanktionen, insbesondere gegen die Gazprom Bank, haben die Durchführung von Auslandstransaktionen erschwert und Unsicherheit im Markt hervorgerufen. Die Zentralbank Russlands hat jedoch Strategien zur Stabilisierung des Rubels in Betracht gezogen, darunter die Aussetzung von Währungskäufen und der Zwangsumtausch von Exporterlösen in Rubel. Der Einfluss mehrerer Faktoren, einschließlich geopolitischer Spannungen, trägt zur Volatilität des Rubels bei.
Wirtschaftswachstum und Investitionen in Russland
Für 2024 wird ein starkes Wirtschaftswachstum von nur 1,3 Prozent prognostiziert, was de facto einer Stagnation gleichkommt. Ein zentraler Faktor für diese Verlangsamung ist der hohe Leitzins von 21 Prozent, der Unternehmen daran hindert, Kredite zu erschwinglichen Konditionen zu erhalten. Es wird erwartet, dass diese Zinsanhebungen zu einem Einbruch der Investitionen führen und viele Unternehmen in Gefahr bringen, pleitezugehen. Rein theoretisch könnte die wirtschaftliche Stabilität von den Reaktionen der Zentralbank abhängen, die noch nicht alle Maßnahmen zur Stabilisierung der Wirtschaft ergriffen hat.
Politische Stabilität trotz wirtschaftlicher Herausforderungen
Trotz der wirtschaftlichen Herausforderungen bleibt die politische Unterstützung für das Regime stabil, auch wenn sich die Situation im Laufe der Zeit verschärfen könnte. Die Bevölkerung verbindet derzeit noch nicht direkt die Inflation und wirtschaftlichen Schwierigkeiten mit dem Krieg, was möglicherweise durch die Propagandastrategien des Kremls beeinflusst wird. Historische Vergleiche zeigen, dass gravierende wirtschaftliche Probleme in der Vergangenheit zu politischer Instabilität führten, aber diese Situation erscheint aktuell noch nicht unmittelbar bevorstehend. Es könnte jedoch zu einem künftigen Umdenken kommen, wenn die wirtschaftlichen Probleme über Jahre hinweg zunehmen und die Lebensqualität der Bürger weiter leidet.
Unruhe ist hineingekommen in die russische Wirtschaft. Die hohe Inflation ist ohnehin schon länger ein Problem und nach jetzigem Stand nicht in den Griff zu bekommen. Der hohe Leitzins wiederum nimmt den Unternehmen und Kreditnehmern die Luft zum Atmen. Und nun haben die USA auch noch mit einer neuen Sanktion gegen die mächtige Gazprom-Bank und 50 weitere Geldinstitute Ende November einen wuchtigen Wertverfall beim Rubel ausgelöst, dass sogar die Zentralbank intervenieren musste. Seit August hat der Rubel über ein Viertel seines Wertes verloren. Das Land, das sich seit Anfang 2022 im Krieg mit der Ukraine befindet, scheint nach zuletzt zwei Jahren erstaunlich starken Wirtschaftswachstums auf ein hartes Jahr zuzusteuern, wie Prognosen nahelegen. Dabei sind die potenziell folgenschweren Pläne von US-Präsident Donald Trump für den Ölsektor noch gar nicht einkalkuliert. Wie verwundbar ist Russlands Wirtschaft wirklich? Geht es trotz erstaunlicher Resilienz nun doch zur Sache? Oder schreiben wir Russland wieder einmal zu früh ab?
Die Russland-Experten Eduard Steiner und Vasily Astrov sehen sich in der siebten Folge des „Presse“-Podcast zur russischen Wirtschaft das Phänomen näher an. Und legen dar, wie toxisch das Gemisch in Russland aktuell ist und womit man nach menschlichem Ermessen rechnen muss.
Der Podcast zur russischen Wirtschaft
Ringt der Westen mit Sanktionen Russland nieder? Oder braucht Russlands Wirtschaft Europa gar nicht mehr? Was spielt sich da wirklich ab hinter dem neuen Eisernen Vorhang, seit Wladimir Putin den Krieg gegen die Ukraine führt? Eduard Steiner, langjähriger Russland-Korrespondent, und Vasily Astrov, Russland-Experte des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW), liefern nüchterne Analysen und erklären, warum vieles nicht so ist wie oft behauptet.
Abrufbar unter DiePresse.com/podcast und auf allen gängigen Podcatchern.
Redaktion: Eduard Steiner, Julia Pollak
Produktion: Georg Gferer/audio-funnel.com
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