Großbritannien: Der chaotische Start von Liz Truss
Oct 5, 2022
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Michael Neudecker, SZ-Korrespondent für Großbritannien, analysiert die chaotische Amtszeit von Liz Truss. Er beleuchtet, wie ihr Notfall-Haushaltsplan eine Wirtschaftskrise auslöste und zur Abwertung der britischen Währung führte. Nach anfänglichem Festhalten an ihrem Plan zeigt sie nun Schwäche in der Kommunikation und kämpft mit sinkenden Umfragewerten. Neudecker diskutiert die politische Unruhe im Vereinigten Königreich, die durch die Energiekrise und den Brexit verschärft wird, und die Notwendigkeit für Stabilität und Vertrauen in der Bevölkerung.
Liz Truss hat mit ihrem umstrittenen Notfallhaushaltsplan eine Wirtschaftskrise ausgelöst, die das Vertrauen in ihre Regierung weiter untergräbt.
Trotz ideologischer Ansätze und Maßnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft bleibt die Stimmung innerhalb der Tory-Partei aufgrund wirtschaftlicher Unsicherheiten angespannt.
Deep dives
Wirtschaftskrise unter Liz Truss
Die neue Premierministerin Liz Truss hat eine Wirtschaftskrise in Großbritannien ausgelöst, die den Wert der britischen Währung stark beeinträchtigt hat. Ihr Notfallhaushaltsplan, der die Streichung des Spitzensteuersatzes vorsah, wurde von zahlreichen Kritikern angegriffen, da befürchtet wurde, dass dies die bereits hohe Inflation weiter anheizen könnte. Trotz ihrer öffentlichen Verteidigung der Maßnahmen musste die Regierung die umstrittene Maßnahme innerhalb weniger Stunden zurücknehmen, was das Vertrauen in ihre Fähigkeit, die wirtschaftlichen Herausforderungen zu bewältigen, weiter untergrub. Diese chaotische Situation hat auch zu einem signifikanten Rückgang der Umfragewerte für die Regierung geführt, die sich nun in einer sehr prekären Lage befindet.
Parteitag der Tories und innerparteiliche Stimmung
Beim Parteitag der Tories war die Stimmung unter den führenden Mitgliedern eher schlecht, da sie sich um die aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen sorgten. Während die Stimmung unter den Parteimitgliedern und deren Zusammenkünften eher positiv war, blieben die Abgeordneten und Führer zurückhaltend und besorgt über die Richtung, die die Partei unter Truss einschlägt. Die Diskussionen drehten sich stark um das umstrittene Mini-Budget und die Maßnahmen, die schließlich wieder zurückgenommen werden mussten, was als Zeichen von Schwäche gewertet wird. Die Unsicherheit über die nächsten Schritte und die Möglichkeit, dass die Regierung bei zukünftigen Wahlen nicht erfolgreich sein könnte, prägt das innere Klima der Tories.
Liz Truss: Ideologische Ansätze und persönliche Herausforderungen
Liz Truss verfolgt klare ideologische Ansätze, die auf der umstrittenen Trickle-Down-Theorie basieren, welche besagt, dass steuerliche Erleichterungen für Reiche der Gesellschaft insgesamt zugutekommen. Dennoch wird ihre Entschlossenheit, kapitalistische Prinzipien durchzusetzen, von vielen als Risiko für die nationale Wirtschaft angesehen, insbesondere in Zeiten hoher Inflation und Unsicherheiten. Truss hat eine politische Karriere, die von wechselnden Überzeugungen geprägt ist, was Fragen über ihre Konsistenz und die Eignung für das Amt aufwirft. Darüber hinaus wird ihre fehlende rhetorische Schlagkraft und das Fehlen von Charisma im Vergleich zu früheren Premierministern als erheblicher Nachteil wahrgenommen.
Energiekrise und Brexit-Folgen in Großbritannien
Die Energiepreise in Großbritannien steigen stark an, was die Bürger in einer bereits angespannten wirtschaftlichen Lage zusätzlich belastet. Analysen zeigen, dass die Probleme durch den Brexit verschärft werden, da zusätzliche Handelskosten und bürokratische Hürden den Marktzugang erschweren. Der Präsident der Tory-Regierung hat zwar einen Preisdeckel für Energiekosten eingeführt, jedoch haben Kritiker Bedenken geäußert, ob diese Maßnahme wirkliche Erleichterungen für die Betroffenen bringt. In diesem Kontext zeigen Umfragen, dass die Bevölkerung zunehmend unzufrieden ist und eine Regierung erwartet, die auf ihre drängenden Probleme reagiert, anstatt sich in politischen Machtspielen zu verlieren.
Seit einem Monat ist Liz Truss die neue Premierministerin in Großbritannien. Und mit ihrem neuen Notfall-Haushaltsplan hat sie gleich mal eine kleine Wirtschaftskrise ausgelöst. Der Plan hat vorgesehen, den Spitzensteuersatz streichen, um die Wirtschaft anzukurbeln. Die Folge: Die britische Währung stürzte ab, die britische Notenbank musste einschreiten.
Nachdem Liz Truss und ihr Finanzminister Kwasi Kwarteng erst noch zu dem Plan gestanden und die Maßnahmen verteidigt haben, ruderte die Premierministerin dann doch zurück. Die Umfragewerte der Partei sind trotzdem im Keller.
Über die bisher recht chaotische neue britische Regierung erzählt in dieser Folge von das Thema Michael Neudecker. Er war gerade in Birmingham auf dem Parteitag der Conservative Party und erklärt, wie gut die Chancen stehen, dass Liz Truss das Land halbwegs durch die anstehende Energie- und Wirtschaftskrise bring.