Nackt gegen die Kolonialherrschaft: Krieg der Frauen in Nigeria
Dec 2, 2024
auto_awesome
Im Kampf gegen die britische Kolonialherrschaft erheben sich Tausende von nigerianischen Frauen. Ausgelöst durch eine Volkszählung, die das Gerücht verbreitet, auch Frauen müssten Steuern zahlen, organisieren sie gewaltsame Proteste. Diese Frauen sind zentrale Akteurinnen im Palmölhandel und nutzen ihre wirtschaftliche Macht, um sich zu wehren. Tragische Auseinandersetzungen mit Kolonialsoldaten führen zu einem Massaker, doch letztlich bringen die Proteste bedeutende Veränderungen und mehr Rechte für die Frauen.
Der Protest der Frauen in Nigeria 1929 entstand als direkte Reaktion auf die ungerechte Steuerpolitik der britischen Kolonialherrschaft und führte zu einem massiven Aufstand.
Die Brutalität der britischen Truppen gegen die unbewaffneten Frauen offenbarte nicht nur die Ungerechtigkeiten des Kolonialismus, sondern auch die wachsende Solidarität und Macht der Frauen in der Gesellschaft.
Deep dives
Der Frauenkrieg von 1929
Am 2. Dezember 1929 gab es einen gewaltsamen Konflikt zwischen unbewaffneten Frauen und britischen Kolonialsoldaten in Nigeria. Diese Frauen versammelten sich, um gegen die koloniale Steuerpolitik zu protestieren, die auch ihre Existenzen bedrohte. Eine Krankenschwester weigerte sich, an einer Volkszählung teilzunehmen, was eine Welle des Protests unter den Frauen auslöste. Der Widerstand nahm die Form des Rituals "Sitting on the Man" an, bei dem Frauen ihre Macht über Männer demonstrierten und dabei eine gewaltige Solidarität zeigten.
Koloniale Unterdrückung und Frauenrechte
Die britische Kolonialherrschaft führte zur Marginalisierung der Frauen, die zuvor in vielen ethnischen Gruppen in Nigeria politische Mitsprache und wirtschaftlichen Einfluss hatten. Die Einführung von Steuern, die zunächst nur für Männer galt, brachte die Frauen dazu, sich gegen die Ungerechtigkeiten zu wehren, was schließlich zur Mobilisierung einer großen Anzahl von Frauen führte. Diese Frauen attackierten nicht Menschen, sondern britische Institutionen, um ihre Forderungen durchzusetzen und die koloniale Herrschaft infrage zu stellen. Der Widerstand entwickelte sich zu einem massiven Aufstand, der die Kolonialherren überraschte und in ihren Grundfesten erschütterte.
Die brutale Repression
Die Reaktion der britischen Truppen auf den aufständischen Protest war brutal und führte zu einer massiven Gewaltanwendung gegen die Frauen. Mindestens 55 Frauen wurden erschossen, während viele weitere verletzt oder in den Fluss gedrängt wurden. Die offizielle Rechtfertigung für diese Gewalt war, dass die Frauen mit Stöcken und Macheten bewaffnet waren, was jedoch die Unproportionalität der Reaktion nicht mindert. Dieser Vorfall führte zu einer breiteren Diskussion über die Rechte von Frauen und den Umgang mit kolonialer Unterdrückung, und es folgten Versuche, die Gewalt und deren Ursachen zu untersuchen.
Der Protest einer Nigerianerin eskaliert nach dem 2.12.1929 zum Krieg tausender Frauen gegen die britische Kolonialherrschaft. Die gerät stärker ins Wanken als je zuvor.
Ab 1861 erobern die Briten Nigeria. 1914 erklären sie das westafrikanische Land zur Kolonie. Weil ihre Gewinne nicht so hoch ausfallen, wie sie erwartet haben, müssen die Einheimischen auch noch Steuern bezahlen. Das betrifft nur die Männer und zunächst nur jene im Norden Nigerias. Doch 1928 sind auch die Männer in den südöstlichen Provinzen rund um das Niger-Delta an der Reihe - ungeachtet erster Proteste.
Im November 1929 bringt eine Volkszählung das Fass zum Überlaufen. Es verbreitet sich das Gerücht, auch Frauen würden künftig besteuert - woher die Frauen das Geld nehmen sollen, ist unklar. Frauen-Gruppen verlangen eine schriftliche Erklärung, dass sie steuerfrei bleiben.
Am 2. Dezember 1929 wird der örtliche Vertreter der Kolonialverwaltung des Dorfes Oloko seines Amtes enthoben und inhaftiert, um die Lage zu beruhigen. Doch das passiert nicht. Mehrere tausend Frauen nehmen an Großdemonstrationen teil, bewaffnet mit Palmwedeln und Zweigen. Die Proteste gipfeln im Massaker von Egwanga: Mehr als 2.000 Frauen sind gekommen, um für ihre Forderungen zu kämpfen. Mehr als 30 Frauen werden von Soldaten erschossen.
Es werden Untersuchungen eingeleitet. Nach ihrem Abschluss müssen viele britische Vertreter ihren Hut nehmen. Die einheimischen Frauen bekommen mehr Rechte. Organisierten Protest von Frauen gibt es in den folgenden Jahrzehnten immer wieder. Auch nachdem Nigeria ab 1960 unabhängig ist.
In diesem Zeitzeichen erzählt Edda Dammmüller:
wie das Ritual "Sitting on the Man" den Krieg von 1929 mitentscheidet,
wie die "Warrant Chiefs" im Auftrag der Kolonialverwaltung die Bevölkerung ausnehmen,
warum der Begriff "Aba Riots" ("Unruhen von Aba") zu kurz greift,
warum auch heute noch nigerianische Frauen manchmal zu den Protestmitteln von damals greifen.
Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
Welches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob? Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens!