Rolf Lappert, ein renommierter Schweizer Autor, spricht über seinen Roman „Leben ist ein unregelmäßiges Verb“, der ein Gedankenexperiment über vier Kinder in einer Kommune behandelt. Er erkundet die Faszination abgeschotteter Gemeinschaften und deren Einfluss auf die kindliche Entwicklung. Themen wie die Herausforderungen der Befreiung und der Übergang in die Außenwelt werden eindrucksvoll beleuchtet. Zudem gibt Lappert Einblicke in den kreativen Prozess des Schreibens und teilt seinen Blick auf die Beziehung zwischen Kunst und Kapitalismus.
Die Befreiung der Kinder aus der Kommune wird als positive Sache dargestellt, doch sie empfinden es eher als gewaltsame Trennung von ihrer gewohnten Welt.
Literatur spielt eine zentrale Rolle in der Identitätsentwicklung der Kinder, da sie oft von den Geschichten entfremdet sind und ihre eigenen Lebenserfahrungen widerspiegeln.
Deep dives
Die Befreiung der Kinder
Vier Kinder, die in einer abgelegenen Kommune in Deutschland aufwachsen, werden aus ihrer gewohnten Umgebung befreit. Diese Befreiung wird von den Behörden als positives Ereignis dargestellt, jedoch empfinden die Kinder es als gewaltsame Trennung von ihrer vertrauten Welt. Anstelle von Dankbarkeit fühlen sie sich eher herausgerissen und überfordert von der neuen Realität, da sie keine Kenntnisse über das Leben außerhalb ihrer Kommune haben. Während die Medien die Geschichte sensationalisieren, bleibt das tatsächliche Wohl der Kinder im Hintergrund, was die Komplexität ihrer 'Rettung' verdeutlicht.
Das isolierte Leben und seine Folgen
Die Kinder wachsen in einer abgeschotteten Gemeinschaft auf, die von spezifischen Regeln und einer eigenen Ideologie geprägt ist. Diese Lebensweise führt dazu, dass sie keine Bildung erhalten und grundlegende soziale Fähigkeiten nicht entwickeln können. Ihre Isolation wird durch das Fehlen von Musik und Gesprächen über Sexualität verstärkt, was zu Schwierigkeiten im späteren Leben führt. Diese Abgeschiedenheit hat nicht nur Auswirkungen auf ihre Kenntnisse, sondern auch auf ihre Emotionen und sozialen Interaktionen, sobald sie in die Außenwelt entlassen werden.
Die Herausforderungen der Eingliederung
Nach der Auflösung der Kommune erleben die Kinder große Schwierigkeiten, sich in die neue Welt einzugliedern. Ihre Rückkehr in die Gesellschaft ist geprägt von Überforderung und Identitätskrisen, während sie versuchen, sich in Pflegefamilien und Schulen zurechtzufinden. Einige von ihnen, wie Ringo, scheinen zunächst anpassungsfähig zu sein, während andere, wie Leander, mit ihrer neuen Umgebung stark kämpfen. Diese verschiedenen Reaktionen verdeutlichen die unterschiedlichen Bewältigungsmechanismen, die die Kinder entwickeln, und zeigen, wie tief die Narben ihrer Vergangenheit sind.
Literatur und Identität
Literatur spielt eine entscheidende Rolle in der Entwicklung der Charaktere und ihrer Identität. Die Kinder haben durch ihre isolierte Erziehung eine komplizierte Beziehung zu Büchern und Erzählungen, die oft für sie unerreichbar bleiben. Ihre anfängliche Unfähigkeit, die vorgelesenen Geschichten zu verstehen, verstärkt ihr Gefühl der Entfremdung von der Gesellschaft. Diese literarische Auseinandersetzung wird auch zu einem Spiegel ihrer eigenen Lebensgeschichten, wobei das Missverständnis zwischen Fiktion und Realität ihre Erfahrungen prägt.
In Episode 21 von "Besser Lesen mit dem FALTER" spricht Moderatorin Petra Hartlieb mit dem Schweizer Autor Rolf Lappert über dessen Roman "Leben ist ein unregelmäßiges Verb". Darin wagt der Autor ein Gedankenexperiment über vier Kindern, die in einer Kommune unter den Augen der Behörden aufwachsen. Es geht ihnen gut, doch sie wissen nichts von der Welt außerhalb. Dann werden sie befreit, die Kommune wird aufgelöst und sie müssen hinaus in die richtige Welt. Rolf Lappert liest einen Ausschnitt aus seinem Buch vor und schließlich empfiehlt Ihnen FALTER-Feuilletonchef Matthias Dusini noch zwei Bücher.
Zu den Büchern:
"Leben ist ein unregelmäßiges Verb" von Rolf Lappert: https://shop.falter.at/detail/9783446267565
"Was das Valley denken nennt. Über die Ideologie der Techbranche" von Adrian Daub: https://shop.falter.at/detail/9783518127506
"Die Künstleranekdote 1760–1960. Künstlerleben und Bildinterpretation" von Werner Busch: https://shop.falter.at/detail/9783406758256