Karina Urbach, Historikerin und Romanautorin in Cambridge, spricht über ihren Spionage-Roman "Das Haus am Gordon Place", der persönliche Familiengeschichten mit Geheimdienstintrigen verwebt. Sie beleuchtet die spannende Nachkriegszeit in Wien und zeigt, wie diese Geschichte das Verständnis des Films "Der dritte Mann" beeinflusst. Auch die Herausforderungen der historischen Forschung und das Zusammenspiel von Realität und Fiktion bei der Entwicklung von Literatur werden thematisiert. Ein fesselnder Einblick in die Geheimnisse von Vergangenheit und Storytelling!
Karina Urbach verbindet persönliche Familiengeschichte mit einer kritischen Betrachtung der Spionage in der Nachkriegszeit Wiens.
Der Einfluss von Frauen und deren komplexe Rollen im Geheimdienst werden anhand historischer Figuren und aktueller Erzählweisen thematisiert.
Deep dives
Das Haus am Gordon Place
Der Spionageroman 'Das Haus am Gordon Place' spielt in der Nachkriegszeit in Wien und beleuchtet die geheimen Aktivitäten von Spionen in dieser Zeit. Der Protagonist, ein Historiker, wird in einen mysteriösen Fall verwickelt, der mit einem Mord in seiner Londoner Wohnung und den politischen Spannungen in Wien zusammenhängt. Durch die Erzählweise, die zwischen der Gegenwart und den historischen Ereignissen wechselt, wird die Verbindung zwischen den beiden Zeitperioden verdeutlicht. Diese komplexe Struktur ermöglicht es dem Leser, die Kontinuitäten historischer und gegenwärtiger Themen zu erkennen und gleichzeitig die spannende Entwicklung der Handlung zu verfolgen.
Familiäre Wurzeln und Einfluss
Die Autorin Carina Urbach hat eine persönliche Verbindung zu den Themen ihrer Werke, inspiriert durch die Erfahrungen ihres Vaters, der im Zweiten Weltkrieg für die amerikanische Gegenspionage arbeitete. Diese familiäre Geschichte und die damit verbundenen Geheimnisse prägten ihr Interesse an der Welt der Spionage und an der Aufdeckung verborgener Wahrheiten. Urbach reflektiert, wie ihre Rolle als Historikerin und Enkelin zusammenfließen und sie dazu antreiben, ihre eigene Familiensaga literarisch zu verarbeiten. Diese historische Nachforschung wird durch persönliche Erinnerungen bereichert, die die Erzählung zusätzlich emotional aufladen.
Die Rolle der Frauen im Geheimdienst
Im Gespräch wird deutlich, dass Frauen in der Welt des Geheimdienstes oft nicht die Sichtweise bekommen, die sie verdienen. Urbach hebt hervor, dass das Klischee der verführerischen Frau mehrdimensionale Charaktere in ihrer Erzählung erfordert, die als strategische Denkerinnen und Akteurinnen komplexer Geheimpläne gezeigt werden. Der Zugang zu Frauen im Geheimdienst, die klug und fähig sind, wird durch reale historische Figuren wie Daphne Park, eine ehemalige MI6-Agentin, ergänzt, deren Leben und Erfahrungen den Leserinnen und Lesern ein anderes Bild von dieser Welt vermitteln. Dies führt zu einer Diskussion über Geschlechtergleichheit und die Herausforderungen, die Frauen in diesen Berufen gegenüberstehen.
Drei Männer und Spionage im Film
Der Film 'Der dritte Mann' wird als ein zentrales Element in der Erzählung von Urbachs Buch betrachtet und untersucht, wie kreative Prozesse und Spionageaktivitäten zusammenfließen. Die Autorin enthüllt, dass viele beteiligte Personen, darunter Drehbuchautoren und Produzenten, Verbindungen zum britischen Geheimdienst hatten und dass der Film selbst strategisch genutzt wurde, um Geheimdienstoperationen zu verdecken. Diese Erkenntnisse erhellen sowohl den historischen Kontext des Films als auch die Hintergründe der Nachkriegszeit in Wien. Die Verbindung zwischen Film und Spionage wird als Beispiel dafür genutzt, wie Kunst oft mit politischer Realität verknüpft ist und beleuchtet darüber hinaus die kreativen Strategien, die Geheimdienste in der Vergangenheit angewendet haben.
In dieser Folge geht es um den Spionage-Roman "Das Haus am Gordon Place", in dem die Historikerin und Romanautorin Karina Urbach Teile ihrer Familiengeschichte verarbeitet – war doch ihr eigener Vater Spion für den britischen Geheimdienst MI6.
Zum anderen taucht sie in die österreichisches Zeitgeschichte ein und lässt das Wien der Nachkriegszeit in einem neuen Licht erscheinen. Und auch den berühmten Film "Der dritte Mann" sieht man nach Lektüre dieses Buches mit anderen Augen.
Zu den Büchern in dieser Folge:
"Das Haus am Gordon Place" von Karina Urbach: https://shop.falter.at/detail/9783809027669/das-haus-am-gordon-place
"Die Liebe an miesen Tagen" von Ewald Arenz: https://shop.falter.at/detail/9783755805038/die-liebe-an-miesen-tagen
"Was glänzt, verschwindet mit uns" von Caro Reichl: https://shop.falter.at/detail/9783701183296/was-glaenzt-verschwindet-mit-uns