Judith Kohlenberger, Kulturwissenschaftlerin und Migrationsforscherin, spricht über die Herausforderungen der Migration in der politischen Debatte. Sie beleuchtet, wie emotionale Verflechtungen die sachliche Diskussion beeinflussen und die Gesellschaft polarisieren. Kohlenberger erklärt das Konzept der „neuen Härte“ und stellt die Bedeutung von „Zugewandtheit“ für einen konstruktiven Dialog heraus. Zudem thematisiert sie die universellen Menschenrechte und die Notwendigkeit, aktiv über Migration zu sprechen, um Missverständnisse abzubauen.
Die gegenwärtigen politischen Maßnahmen zur Migration, wie Grenzkontrollen, werden als unzureichend für die gesellschaftlichen Herausforderungen erachtet.
Die extreme Polarisierung in der Migrationsdebatte behindert eine sachliche Auseinandersetzung und verstärkt Rückzugstendenzen in homogenisierte Räume.
Der Begriff der 'Zugewandtheit' betont die Wichtigkeit von Empathie und Dialog für konstruktive Lösungen und ein harmonisches Zusammenleben.
Deep dives
Neuer Merch-Shop des Podcasts
Mit dem neuen Merch-Shop können Fans des Podcasts nun Merchandise-Artikel erwerben, die den Podcast bei sich tragen. Die Artikel umfassen unter anderem Stofftaschen und eigene Tassen, aus denen der Kaffee genossen werden kann. Diese Initiative zielt darauf ab, den treuen Anhängern des Podcasts eine Möglichkeit zu bieten, ihre Unterstützung zu zeigen. Der Shop ist ein Zeichen der Wertschätzung für die Fangemeinde, die über die Jahre gewachsen ist.
Kritik an aktuellen Migrationslösungen
Die derzeitigen politischen Ansätze zur Lösung von Migrationsfragen, wie etwa Grenzkontrollen und Abschiebungen, werden als unzulänglich erachtet. Es wird argumentiert, dass diese Maßnahmen nicht dazu beitragen, die gesellschaftlichen Herausforderungen im Bereich Migration zu bewältigen. Stattdessen wird auf die Notwendigkeit hingewiesen, effektive Antworten auf Extremismus und Radikalisierung zu finden. Die Meinungsverschiedenheit über den richtigen Umgang mit Migration zeigt sich in einer Diskrepanz zwischen politischer Rhetorik und wissenschaftlichen Erkenntnissen.
Gesellschaftliche Polarisierung und neue Härte
Die Diskussion über Migration ist von extremer Polarisierung geprägt, was eine sachliche Auseinandersetzung erschwert. In diesem Zusammenhang wird der Begriff der 'neuen Härte' verwendet, der eine gesellschaftliche Verhärtung beschreibt, die mit einem Rückzug ins eigene und einem Gefühl der Bedrohung verbunden ist. Diese Entwicklungen veranlassen viele, sich in sichere, homogene Räume zurückzuziehen, was letztlich den Kontakt und den Austausch mit anderen verringert. Die Verengung der Perspektiven in sozialen Medien verstärkt diese Blasenbildung und erschwert den Dialog.
Veränderungserschöpfung in der Gesellschaft
Die aktuellen gesellschaftlichen Veränderungen und Herausforderungen führen zu einem Gefühl der Erschöpfung, was in der Forschung als 'Veränderungserschöpfung' bezeichnet wird. Dies führt dazu, dass viele Menschen in ihrer täglichen Routine nicht mehr in der Lage sind, sich neuen Ideen oder Perspektiven zu öffnen. Der Verlust des Glaubens an eine positive Zukunft verstärkt diese Tendenz zur Abgrenzung und Härte. Es wird betont, dass eine solche Einstellung nicht nur zu einem Verlust an Offenheit führt, sondern auch eine negative Rückkopplung auf die Gesellschaft insgesamt hat.
Zugewandtheit als notwendige Haltung
Die Idee der Zugewandtheit wird als entscheidend für eine produktive Diskussion über Migration und andere gesellschaftliche Themen hervorgehoben. Dies umfasst die Bereitschaft, andere Perspektiven anzunehmen und im Dialog zu bleiben, anstatt sich in einseitige Meinungen zurückzuziehen. Der Begriff steht für eine ausgewogene, durchlässige Haltung, die sowohl Offenheit als auch klare Kriterien für das Zusammenleben betont. Die Fähigkeit, Empathie zu entwickeln und Gemeinsamkeiten zu finden, ist besonders wichtig, um in einer diversifizierten Gesellschaft einen gemeinsamen Konsens zu erzielen.
Eines der wohl wichtigsten Themen im Nationalratswahlkampf 2024 (und auch früherer Wahlkämpfe) trägt die Überschrift „Migration“. Auf politischer Ebene wird in diesem Thema zumeist mit emotionalen Zugängen gearbeitet und das trägt nicht viel zu einem lösungsorientierten Ansatz bei. Kann man über dieses Thema überhaupt vernünftig reden? Ja kann man, und zwar mit der Kulturwissenschaftlerin und Migrationsforscherin Judith Kohlenberger. Sie hat in jüngster Zeit zwei bemerkenswerte Bücher veröffentlicht, nämlich „Grenzen der Gewalt“ und „Gegen die neue Härte“, und über die spricht Host Stefan Lassnig in dieser Episode von "Ganz offen gesagt" mit Kohlenberger: Im Lichte welcher gesellschaftlichen Entwicklungen muss man die extrem polarisierende Debatte in diesem Kontext sehen und was meint Kohlenberger mit dem Begriff der „neuen Härte“? Und warum kann uns der Begriff der „Zugewandtheit“ vielleicht vor schlimmen Entwicklungen bewahren?