Martin Korte, Lernforscher und Neurobiologe, spricht über die gängige Befürchtung, dass die Menschheit weniger intelligent wird. Er erklärt, wie die digitale Welt und sozialen Medien das individuelle Lernen beeinflussen. Mit persönlichen Anekdoten von Helge wird beleuchtet, wie das Gefühl von 'Dummheit' das Selbstbewusstsein beeinträchtigt. Besonders die Rolle von Smartphones und deren Ablenkungen im Bezug auf Konzentrationsfähigkeit werden kritisch betrachtet. Zudem diskutieren sie die Herausforderungen im Bildungssystem und Helges Erfahrungen mit ADHS.
Der durchschnittliche IQ in mehreren europäischen Ländern sinkt seit 1975, was Fragen zu den zugrunde liegenden Ursachen aufwirft.
Helge teilt seine Erfahrungen mit dem Gefühl der Dummheit und die Auswirkungen auf sein Selbstwertgefühl und seine mentale Gesundheit.
Deep dives
Der Rückgang des IQ in Europa
Forschungen zeigen, dass der durchschnittliche Intelligenzquotient (IQ) in mehreren europäischen Ländern kontinuierlich sinkt, insbesondere bei Personen, die nach 1975 geboren wurden. Dies steht im Kontrast zu dem vorangegangenen Anstieg des IQ, der seit dem frühen 20. Jahrhundert dokumentiert ist. Länder wie Norwegen, Dänemark, Deutschland und Österreich haben diesen Rückgang in groß angelegten Studien festgestellt, wobei reelle Rückgänge bis zu drei IQ-Punkten pro Jahrzehnt beobachtet wurden. Dieser Trend wirft Fragen auf bezüglich der Faktoren, die zu diesem Rückgang führen könnten, und ob dieser tatsächlich unsere Intelligenz beeinflusst oder lediglich eine soziale und kulturelle Reflexion ist.
Ein persönlicher Kampf mit dem Gefühl der Dummheit
Helge, ein Protagonist der Episode, beschreibt seine Lebensgeschichte, um das Gefühl der Dummheit zu veranschaulichen, das ihn von frühester Kindheit an begleitete. Trotz seiner Erfolge, wie dem Abitur und einem Abschluss in Geschichte, kämpfte er mit Selbstzweifeln und dem Gefühl, nicht mithalten zu können. Diese inneren Kämpfe führten bis zu einer existenziellen Krise während seines Studiums, was ihn schließlich dazu brachte, eine Gesprächstherapie in Anspruch zu nehmen. Helge betont, dass es viele Menschen gibt, die ähnliche Schwierigkeiten kennen, und seine Erfahrung sei ein Beispiel dafür, wie tiefgreifend solche Gefühle sein können.
Intelligenz und deren Definition
Professor Martin Korte erklärt, dass Intelligenz weit mehr umfasst als nur die Ergebnisse von IQ-Tests, die oft kritisiert werden, weil sie nicht alle Dimensionen menschlichen Denkens messen können. Intelligenz wird hier als die Fähigkeit definiert, in komplexen Situationen sinnvolle Entscheidungen zu treffen, und dies kann bei jedem Menschen unterschiedlich ausgeprägt sein. Trotz der Schwächen in IQ-Tests hat der IQ jedoch eine gewisse Aussagekraft über die Funktionsfähigkeit in der Gesellschaft. Korte verdeutlicht, dass eine angemessene Schulbildung und Lernumfälle entscheidend sind, um das Potenzial der Intelligenz zu fördern und aufrechtzuerhalten.
Einfluss von Smartphones auf Lernen und Konzentration
Die Diskussion über den Einfluss von Smartphones auf unsere kognitiven Fähigkeiten wird ausführlich behandelt, wobei angesprochen wird, wie diese Geräte die Konzentrationsfähigkeit beeinträchtigen können. Aktuelle Studien zeigen, dass Jugendliche bis zu sechs Stunden täglich ihre Smartphones nutzen, was zu einer Abnahme anderer förderlicher Aktivitäten führt, die das Gehirn stimulieren würden. Martin Korte erläutert, dass die Präsenz von Smartphones selbst in ruhigen Umgebungen die Fähigkeit zur Selbstkonzentration stört, was sich negativ auf das Lernen und Problemlösen auswirken kann. Gleichzeitig wird betont, dass es wichtig ist, einen gesunden Umgang mit diesen Technologien zu fördern, um die mentale Gesundheit und die Fähigkeit, effizient zu lernen, zu schützen.
“Wir werden immer blöder” – habt ihr euch auch schonmal bei diesem Gedanken erwischt, als ihr die letzte Reality-Show gebinged habt oder mal wieder drei Stunden im TikTok-Loch versunken seid? Dass ältere Generationen denken, die Jugend verblöde, gibt es schon seit der Antike. Aber seit ein paar Jahren liefert die Wissenschaft diesem Vorwurf Futter: In manchen industrialisierten Ländern sinkt oder stagniert der durchschnittliche IQ – nachdem er ein Jahrhundert lang stetig angestiegen ist. Woran liegt das? Werden wir wirklich kollektiv immer dümmer? Und was macht es mit uns, wenn wir uns dumm fühlen? Das besprechen wir in dieser Folge mit dem Lernforscher und Neurobiologen Martin Korte von der TU Braunschweig und Helge, der sich seit seiner Kindheit immer wieder “dumm” fühlt. Woran das lag, hört ihr in dieser Folge.
Eine Meta-Analyse der Studien zum Anti-Flynn-Effekt findet ihr hier. Das hier ist die Studie von Gloria Mark zur Aufmerksamkeitsspanne von Büro-Arbeiter*innen. Die Uni Wien hat Anfang 2024 unsere Konzentrationsfähigkeit untersucht, die Ergebnisse lest ihr hier und Evidenz, dass Smartphones uns schon ablenken, wenn sie ausgeschaltet in der Nähe liegen, könnt ihr u.a. in dieser und in dieser Studie nachlesen. Helge und seine vielen Hobbies findet ihr auf Instagram.
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(00:00 - 03:22) Intro
(03:22 - 07:08) Teil 1: Helges Story: Wie fühlt es sich an, sich dumm zu fühlen?
(07:08 - 23:33) Teil 2: Werden wir alle wirklich immer dümmer?
(23:33 - 28:31) Teil 3: Wie wir unsere Konzentration retten