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Uluk Bek war im 15. Jahrhundert der Herrscher der Timuriden und zeigte außergewöhnliches Interesse an Wissenschaft und Kunst, im Gegensatz zu seinem Großvater Tamalan, der für seine militärischen Eroberungen bekannt war. Seine Herrschaft stellte eine Blütezeit der islamischen Wissenschaft in Mittelasien dar, geprägt durch die Gründung von Madrassen, in denen eine Vielzahl berühmter Wissenschaftler lehrte. Uluk Bek kannte den Koran nicht nur auswendig, sondern förderte auch die Astronomie und Mathematik, was in seiner Zeit einzigartig war. Es wird berichtet, dass seine Unterstützung für die Bildung es vielen Studenten ermöglichte, in einer Zeit des intellektuellen Austauschs und der Entdeckung zu lernen und zu lehren.
Uluk Bek hatte eine tragische letzte Phase, die von einem Machtkampf mit seinem Sohn Abdal Latif geprägt war, der schließlich in Uluk Beks Ermordung resultierte. Anthropologische Untersuchungen seines Grabes bestätigten die gewaltsamen Umstände seines Todes, einschließlich eines tödlichen Schlags mit einer Klinge, was seine tragische Geschichte unterstreicht. Diese Ereignisse markierten das Ende der Intellektualität und wissenschaftlichen Entwicklung in Samarkand nach seinem Tod im Jahr 1449. Der Verlust seines Lebens führte dazu, dass viele Gelehrte und Studenten die Stadt verließen, was die wissenschaftlichen Fortschritte, die er gefördert hatte, gefährdete.
Uluk Bek ließ ein großes Observatorium in Samarkand errichten, das in nur vier Jahren fertiggestellt wurde und als eines der bedeutendsten astronomischen Institute seiner Zeit galt. Wissenschaftler seiner Schule führten präzise Berechnungen durch, die es ermöglichten, die Positionen von Sternen und Planeten mit einer Genauigkeit zu bestimmen, die in Europa erst Jahrhunderte später erreicht wurde. Die daraus resultierenden Uluk Bek-Sternkarten blieben als eines der genauesten Werke ihrer Art in der islamischen Welt und wurden später von europäischen Wissenschaftlern entdeckt. Trotz der Herausforderungen, mit denen sein Erbe konfrontiert war, bleibt Uluk Beks Beitrag zur Astronomie und Mathematik bis heute von großer Bedeutung.
Der Timuridenfürst Ulugh Beg (1394-1449) übernahm den Thron in Samarkand, heute Usbekistan, von seinem Großvater. Doch statt wie dieser als gefürchteter Herrscher andere Reiche zu erobern, zog er die Wissenschaft vor: Als Astronom und Mathematiker leistete er in seinem Observatorium Erstaunliches - lange vor Erfindung des Teleskops. Von Julia Smilga
Credits
Autorin dieser Folge: Julia Smilga
Regie: Kirsten Böttcher
Es sprachen: Susanne Schroeder, Thomas Loibl, Peter Weiß
Technik: Moritz Herrmann
Redaktion: Karin Becker
Im Interview:
Ikromeddin Siroshidinov, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Museums „Sternwarte“ in Samarkand, Usbekistan
Benno van Dalen, Astronomie- und Mathematikhistoriker an der Bayerischen Akademie der Wissenschaften
Wir freuen uns über Feedback und Anregungen zur Sendung per Mail an radiowissen@br.de.
Radiowissen finden Sie auch in der ARD Audiothek:
ARD Audiothek | Radiowissen
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Das vollständige Manuskript gibt es HIER.
Lesen Sie einen Ausschnitt aus dem Manuskript:
Sprecherin:
17. Juni 1941, Samarkand, Usbekische Republik. Sowjetische Wissenschaftler um den berühmten Anthropologen Michail Gerassimow öffnen im Mausoleum Gur Emir ein fünfhundert Jahre altes Grab. Sie wollen die Gebeine des berühmten Herrschers Amir Timur – in Europa bekannt als Tamerlan - und seines Enkels Ulugh Beg untersuchen. Das Ziel: anhand der Schädelreste das Aussehen der beiden zu rekonstruieren. Als Ulugh Begs Grab geöffnet wird, entdecken sie, dass der Schädel vom Rest des Skeletts abgetrennt liegt. Anthropologe Gerassimow schreibt in das Protokoll der Untersuchung:
Musik hoch
Zitat 1 Zitator :
„Ulugh Begs Grab bestätigt die tragischen Umstände seines gewaltsamen Todes. An einem der Wirbel sind deutliche Spuren eines Hiebes mit einer scharfen Klinge sichtbar. Nur ein Schlag von enormer Kraft und Erfahrung konnte eine solche Wirkung haben. Er wurde von rechts nach links ausgeführt, das heißt, der Täter stand vor dem knienden Opfer...“
Musik 2: Dastan and Tamina escape - 49 Sek
Sprecherin:
Ulugh Beg starb am 3. November 1449 mit 56 Jahren in einem Dorf in der Nähe von Samarkand. Er hatte eine Schlacht gegen seinen eigenen Sohn Abd al-Latif verloren und war aus seiner Residenz in Samarkand vertrieben worden. Heimatlos und des Reiches beraubt hatte sich Ulugh Beg auf eine Pilgerreise nach Mekka begeben. Doch kam er nicht weit…Angeblich hatte Abd al-Latif den Befehl zur Ermordung des Vaters gegeben. Mit dem Leben von Ulugh Beg endete im Jahr 1449 auch die Blütezeit der islamischen Wissenschaft in Mittelasien.
Atmo Stadt LS 102465
Sprecherin:
Samarkand. Ehemalige Hauptstadt des grausamen Kriegers Amir Timur, Großvater Ulugh Begs. Zwischen 1370 und 1405 eroberte er weite Teile Zentralasiens. Sein riesiges Reich umfasste Gebiete der heutigen Staaten Iran, Armenien, Georgien, Syrien, Irak sowie Teile Nordindiens. Sein Enkel Ulugh Beg, der am 22. März 1394 in Soltanije im heutigen Iran geboren wurde, bekam nach dem Tod seines Großvaters im Jahr 1405 die prächtige Stadt Samarkand zusammen mit der Provinz Westturkestan als Herrschaftsgebiet übertrage. Ulugh Beg war damals erst 15 Jahre alt. Der junge Herrscher erwies sich als ein exzellenter Verwalter, beschäftigte sich aber auch mit Wissenschaft und Kunst. Das war damals für einen Herrscher außergewöhnlich, sagt Benno van Dalen. Der niederländische Astronomie- und Mathematikhistoriker forscht an der Bayerischen Akademie der Wissenschaften zur Geschichte der mittelalterlichen Astronomie in Europa und Asien.
OT 01 van Dalen [0:14:17] :
Ulug Berg war ja der Enkel von Tamerlan, und das war nicht gerade jemand, der bekannt ist für seine wissenschaftliche Aktivitäten, sondern eher für seine Eroberungen (..) Und die meisten Sultane und Prinzen, die haben sich eher beschäftigt mit diesen Konflikten statt mit Wissenschaft. Also Ulug Beg war da wirklich eine Ausnahme.
Atmo Registan
Sprecherin
Der ehemalige Marktplatz Samarkands, mitten in der Altstadt: Gesäumt wird er von drei prächtigen, mit bunten Ornament-Kacheln und leuchtend blauen Kuppen verzierten Medresen. Eine Medrese oder arabisch „Madrassa“ ist eine Lehreinrichtung, eine Koranschule, in der nach islamischen Grundsätzen das Wissen der Zeit vermittelt wird.
Eine der Medresen, die älteste auf dem Platz, ließ Ulugh Beg errichten, im Jahr 1417.
OT 02 van Dalen
15:25 Wir wissen, dass er zum Beispiel den Koran auswendig kannte und zu jeder Zeit zitieren konnte. Aber das Interesse für Mathematik und Astronomie hatte er insbesondere dann entwickelt, und das hat dazu geführt, dass er in seinem Madrassa all diese berühmten Wissenschaftler, sehr fähigen Wissenschaftler gesammelt hat, und in der Sternwarte ein sehr ausführliches Beobachtungsprogramm hat durchführen lassen.
Atmo Innenhof UlughBeg Medrese LS 102526+ LS 102527
Sprecherin
Der quadratische Innenhof der Koranschule ist von zweistöckigen, mit bunten Mosaiken geschmückten Bauten umgeben, in denen einst vier Hörsäle und Wohnzellen für Studenten untergebracht waren. Mittelalterliche Quellen bezeugen, dass die Koranschule zweistöckig war, mit vier Kuppeln und vier Minaretten an den Ecken, jedes Zimmer war in zwei Wohneinheiten für zwei Studenten unterteilt. Hier hatten etwa hundert Studenten Unterricht. Heute sieht die restaurierte islamische Schule wohl fast genau so aus, wie zu Zeiten von Ulugh Beg. Nur: statt Studenten schlendern durch den Innenhof Touristen aus aller Welt. In den ehemaligen Studentenwohnzellen findet man zahlreiche Souvenirgeschäfte: Steinmetze, Schmiede und Holzschnitzer arbeiten und verkaufen dort, wo einst hitzige Diskussionen über mathematische Formeln geführt wurden.
Musik 3: Heading to the Old Palace - 1.14 Min
Zitat 2 Zitator
„Wie hier in Samarkand Mathematik und Astronomie gelehrt werden, ist in ganz Persien ohne Beispiel. Es gibt allein 24 Meister, die Euklidische Geometrie studieren und den Himmel beobachten.“
Sprecherin
schreibt der Mathematiker und Astronom Al Kaschi als Lehrer der Koranschule an seinen Vater, begeistert von den Forschungsmöglichkeiten in der Stadt an der Seidenstraße. Diese Briefe, die al-Kaschi ins etwa 2000 km entfernte Kaschan in Persien schickt, sind die wichtigsten historischen Quellen, die Einzelheiten über das Leben am Hof und in den Koranschulen von Ulugh Beg liefern. Mindestens ein Dutzend Medresen hat Ulugh Beg persönlich gestiftet.
Zitat 3 Zitator
„Ulugh Beg unterstützt zahlreiche Studenten mit Stipendien und ermutigt alle zum Lernen. Seine königliche Majestät hatte eine wohltätige Gabe in Höhe von dreißigtausend Dinar gestiftet, von denen zehntausend an Studenten vergeben werden sollten. Es wurden etwa zehntausend Studenten aufgelistet, die ständig lernen und lehren und für eine finanzielle Unterstützung in Frage kommen.“
Musik aus
Sprecherin
Heute sind in Usbekistan drei von Ulugh Beg errichtete Koranschulen erhalten: eine in Buchara, eine in Gischduwan und die wichtigste, in Samarkand. Sie war die Wirkungsstätte des persischen Mathematikers Al Kaschi. Aber auch Ulugh Beg war in der Koranschule oft anzutreffen- unangekündigt. Gerne mischte er sich laut al Kaschi in den Unterricht ein
OTon 3 van Dalen
[0:28:20) Er hat beschrieben, dass (...) er sehr häufig dabei war, als die Wissenschaftler und die Studenten ihre Probleme besprochen haben. Und dass er dann sehr kluge Bemerkungen gemacht hat. Dass er die Probleme, auch die schwierigen geometrische Probleme, wirklich gut verstanden hat.
Sprecherin
Geometrische und astronomische Probleme, mit denen sich Studierende und Professoren in der Koranschule von Ulugh Beg beschäftigten und für die sie Lösungen fanden, wurden in Europa erst Jahrhunderte später berechnet. Über elegante Lösungen etwa, die Al Kaschi in seinem 1424 verfassten Lehrbuch „Schlüssel für Arithmetik“ aufstellt, schreibt 1949 der deutsche Arabist und Mathematikhistoriker Paul Luckey:
Musik 4: Erupting Light – 42 Sek
Zitat 4 Zitator:
„Wäre sein Lehrbrief über die Berechnung des Kreisumfanges seinen Zeitgenossen im Abendland bekannt geworden, so hätte sich dieses Abendland in der Folgezeit einige beschämende Leistungen und Erörterungen auf dem Gebiet der Kreisberechnung ersparen können. Hätte seine klare theoretische und praktische Einführung der Dezimalbrüche Verbreitung gefunden, so wäre es nicht nötig gewesen, dass anderthalb Jahrhunderte später Männer wie Vieta, Stevin und Bürgi ihren Verstand und ihre Arbeitskraft auf die Neuerfindung der Dezimalbrüche richteten.“
Sprecherin
Viele der Berechnungen aus den Schulen Ulugh Begs wurden in der Astronomie angewendet. Aber auch Astrologen setzten auf sie: Die Herstellung von Zusammenhängen zwischen astronomischen Ereignissen und irdischem Geschehen spielte damals in der islamischen Welt eine große Rolle. Benno van Dalen:
OTon 4 van Dalen
[0:03:30.) Es gab Standardbücher zur Astrologie, die erklärt haben, wie die astrologischen Basistechniken funktionierten (..)und natürlich eine sehr wichtige Quelle waren die astronomischen Tafelwerke. Die hießen auf Arabisch Sidsch und da steht, womit man dann alle Berechnungen durchführen konnte. Und das wäre dann auch für die meisten Astrologen ihr wichtigstes Tool, damit sie die Berechnungen der Planeten durchführen konnten und damit eine Horoskope erstellen und aufgrund davon die Vorhersagen treffen, die die Kunden haben wollten.
Musik 5: Journey through the desert – 1:01 Min
Sprecherin:
Im Jahr 1424 beschließt Ulugh Beg, seit knapp 20 Jahren an der Macht, in Samarkand ein großes Observatorium zu bauen. Über den Baubeginn berichtet der zeitgenössische Chronist Abd al-Razzaq Samarqandi:
Zitat 5 Zitator
„Der Ort wurde an einem Hügel an der Nordseite von Samarkand gewählt, wo berühmte Astrologen einen günstigen Tag für den Beginn der Bauarbeiten bestimmten. Es entstand ein solides und erhabenes Gebäude. Die Fundamente und Säulen waren so stark, dass sie bis zum Tag des Jüngsten Gerichts stehen würden. Die Wandmalereien, die in diesen prächtigen Räumen angebracht waren, zeigten die sieben Stockwerke der himmlischen Sphäre, die Klimazonen, die Berge, die Flüsse und die Wüsten. Und so wurde befohlen, die Bewegung der Sonne und der Planeten zu beobachten und zu registrieren“.
OTon 05 Ikromeddin Siroshidinov russ
Sprecher OV
4:29 das Observatorium wurde in nur vier Jahren erbaut. Die Sternwarte war 46 Meter hoch, so hoch wie ein modernes zehnstöckiges Gebäude.
ATMO Straße
Sprecherin:
Ikromeddin Siroshidinov ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Museum „Sternwarte“, das heute neben der Ruine des sagenumwobenen Observatoriums steht. Beides befindet sich zwei Kilometer vom Stadtzentrum Samarkands entfernt, an einer heute vielbefahrenen Straße Richtung der usbekischen Hauptstadt Taschkent. (ATMO Stufen)
Am Fuße der Treppe, die zum Observatoriums-Hügel hinaufführt, begegnet man Ulugh Beg persönlich – in Form eines Bronze-Denkmals. Ulugh Beg sitzt auf dem Thron in einem langen Brokatmantel, den Blick in die Weite gerichtet, in der rechten Hand eine Papierrolle – Symbol für die Wissenschaft. Mehrere Stufen führen hinauf zu den Überresten eines riesigen astronomischen Instruments. Dieses hat im Jahr 1908 der russische Archäologe Vaissily Vjatkin ausgegraben – und damit bewiesen, wo genau sich die Sternwarte von Ulugh Beg einst befand.
OTon 06 Ikromeddin Siroshidinov russ
Sprecher OV
00:36 Wir sind mittendrin in den Ruinen der Sternwarte. 4:40 Im Inneren befindet sich das wichtigste Instrument, der Sextant.
Musik 6: Dark Waters (red) – 35 Sek
Sprecherin
Ein dunkler Tunnel, der in den Felsboden geschlagen nach unten führt. Eine Treppe in seiner Mitte ist seitwärts von zwei steinernen, mit glatten Marmorplatten verkleideten Mäuerchen begrenzt, die von oben wie breite Schienen aussehen und in einem Bogen weiter nach unten führen. Wir befinden uns innerhalb eines riesigen Messinstruments des Observatoriums. Siroshidinov nennt es einen „Sextanten“.
OTon 07 Ikromeddin Siroshidinov russ
Sprecher OV
6:53 Hier gibt es drei Treppen und zwei Schienen: auf der mittleren sind Ulugh Beg selbst und seine Professoren gegangen, an den Rändern haben ihre Studenten das Instrument gerollt, Reste von den Schienen sind erhalten geblieben. Auf dem rechten Teil des Bogens sind Grade aufgezeichnet, 72 Zentimeter entsprechen einem Grad (...) Es gab eine Fortsetzung der Schienen weitere 33 Meter nach oben, doch dieser Teil wurde zerstört, nur die 31 Meter des Unterteils sind übriggeblieben.
Sprecherin:
Insgesamt war das Messgerät also etwa 64 Meter lang. Allerdings: wie es genau aussah und funktionierte, darüber gibt es nur Hypothesen. Wahrscheinlich wurde das Licht, das durch das Ende des Tunnels ins Observatorium einfiel, auf einen scharf umrissenen Fleck fokussiert. Stieg die Sonne, wanderte dieser Lichtfleck über die Stufen. Wenn die Sonne nur ein einziges Grad höher oder tiefer stand, verschob sich der Lichtfleck um 72 Zentimeter, so Siroshidinov
OTon 08 Ikromeddin Siroshidinov russ
Sprecher OV
14:49 Tagsüber orientierten sie sich an dem Sonnenstrahl, um den Stand der Sonne zu bestimmen, so haben die Wissenschaftler einen Sonnenkalender erstellt (...) 15:14 Nachts beobachteten sie die Sterne und den Mond.
Musik 7: Dark Waters (red) – siehe oben – 33 Sek
Sprecherin:
Dank der ungewöhnlichen Größe des Instruments konnten die Wissenschaftler um Ulugh Beg etwa 300 Jahre vor Erfindung des Teleskops bereits genaue Positionen der Sterne und Planeten am Himmel und die Entfernungen zwischen ihnen bestimmen - ausgedrückt in Grad, Minuten und Bogensekunden. Ein unglaubliche Leistung.
Atmo Museum
Sprecherin:
Im Museum ist ein Modell des ganzen Observatoriums ausgestellt – so, wie es vermutet wird. Denn sicher überliefert ist nur, dass das Gebäude drei große Stockwerke umfasste, dass es im Grundriss rund und von innen reich geschmückt war.
OTon 09 Ikromeddin Siroshidinov russ
Sprecher OV
25:46 Hier sehen sie das Modell der Sternwarte. Das flache Dach diente als Beobachtungsplattform, auf der auch einige Instrumente aufgestellt waren. Grobe Berechnungen wurden auf dem Dach durchgeführt, genauere Berechnungen unten, im Keller, weil das große Instrument genauer ist.
Musik 8: Hicaz Pesrev – 48 Sek
Sprecherin
Die Ergebnisse der hier gemachten mathematischen und astronomischen Arbeiten wurden in den „Ulugh Begh Sternentafeln“ unter dem Namen „Zidsch-i-Sultani“ zusammengefasst, übersetzt: „Tafelwerk des Sultans Ulugh Beg“. Außer Tabellen für die Berechnung der Positionen der Sonne und Planeten und anderer Himmelsphänomene, enthielt das Werk einen Sternenkatalog mit genauen Positionen von 1018 Sternen am Himmel. Dieses Tafelwerk blieb für lange Zeit das umfangreichste und genaueste in der islamischen Welt.
Atmo Buch blättern
Sprecherin
Eine Faksimile–Ausgabe von Ulugh Begs Tafelwerk aus dem 15. Jahrhundert liegt auf dem Tisch des Münchener Astronomiehistorikers Benno van Dalen. Es ist ein dickes Manuskript in arabischer Schrift, das hauptsächlich aus Tabellen besteht. Die Buchstaben, erklärt der Wissenschaftler. stehen für Zahlen, die zur Berechnung der Sternenkoordinaten dienten.
Die Wissenschaftler von Ulugh Beg haben knapp 900 der aufgeführten Sterne, die sie von Samarkand aus beobachten konnten, völlig neu bemessen. Seit Ptolemäus in der Antike hatte kein Astronom mehr eine solche fundamentale Messarbeit geleistet.
OTon 11 van Dalen
35:18 Aso manche der Berechnungen, die waren so genau und so aufwendig, dass man annehmen muss, dass eine Gruppe von Wissenschaftler daran gearbeitet haben, vielleicht parallel gemacht haben, um die Ergebnisse gegeneinander zu überprüfen.
Musik 9: tears – 1:05 Min
Sprecherin
Über 20 Jahre lang, bis zum seinem Tod 1449, hat Ulugh Beg mit seinen Hofastronomen Sonne, Mond und Sterne erforscht. Aber das war nicht sein einziger Beitrag zur Wissenschaft des Mittelalters. Er verfasste auch ein historisches Werk, das zu einer der wertvollsten Quellen über die von Dschingis Khan gegründete Dynastie wurde - die „Geschichte der Vier Ulus“. Außerdem soll er ein hervorragender Dichter gewesen sein Auch seine mathematischen Fähigkeiten scheinen faszinierend gewesen zu sein. So berichtet sein treuer Weggefährte, der Mathematiker und Astronom al Kaschi:
Zitat 6 Zitator :
Einmal waren wir mit Pferden unterwegs und unterhielten uns über ein astronomisches Ereignis. Im Kopf hat er Datum und Verlauf präzise berechnet. Als wir zurück am Observatorium waren, sollte ich es überprüfen. Es stimmte perfekt!“
Sprecherin
Die insgesamt achtunddreißig Jahre von Ulugh Begs Herrschaft waren für sein Land Westturkestan eine friedliche Zeit. Im Unterschied zu seinem Großvater Tamerlan führte Ulugh Beg keine Eroberungskriege. Wenn er in die Schlacht zog, dann zu Verteidigungszwecken. Viel lieber hielt sich der Herrscher in seiner Koranschule oder im Observatorium auf. Doch 1447, nach dem Tod von Ulug Begs Vater Schahrukh in Herat, begann zwischen Ulugh Beg und seinem Sohn Abd al Latif ein erbitterter Kampf um die Macht, den Ulugh Beg 1449 verlor und dafür mit seinem Leben bezahlte.
Musik 10: Raid on Alamut – siehe vorn – 36 Sek
Sprecherin:
Wie lange das Observatorium nach Ulugh Begs Ermordung in Betrieb war- darüber gehen die Meinungen auseinander. Fest steht: nach dem Tod des spendablen Herrschers verließen die Wissenschaftler und die Studenten nach und nach die Stadt Samarkand. EinLieblingsschüler Ulugh Begs, der wohl auchder letzte Direktor seiner Sternwarte war, ein Astronom Namens Ali al-Quschdschi, konnte jedoch eine Kopie der Sterntafeln ins Exil mitnehmen.
OTon 13 van Dalen
al Kuschchi ist nämlich in Istanbul aufgetaucht und mit ihm wahrscheinlich auch einige der Kollegen und vielleicht der Studenten. Wir sehen dann in Istanbul astronomische Aktivitäten und wissen, dass Al Kuchschi da noch bis nach 1470 gelebt und gearbeitet hat.
Sprecherin
Ali al-Quschdschi lehrte an der Medresse an der Hagia Sophia in Istanbul. Dort wurden auch die Tafeln aufbewahrt - bis europäische Wissenschaftler sie dort Jahrhunderte später entdeckt haben, erzählt Van Dalen
OTon 14 Benno van Dalen
40:20 im siebzehnten, Jahrhundert, achtzehnten Jahrhundert gab es viele europäische Orientalisten, die Interesse hatten an der arabischen und persischen Kultur, die in die Türkei, in das Osmanische Reich gereist sind und die wichtigsten Handschriften mitgenommen habe nach Europa Da gibt es zwei englische Wissenschaftler, Thomas Hayde und John Greaves, die Handschriften mitgebracht haben. (..) Und dabei war auch ein Tafelwerk von Ulug Beg und Greaves hat dann Teile von diesem Tafelwerk ediert und veröffentlicht.
Sprecherin:
Im Unterschied zu astronomischen Arbeiten anderer islamischer Wissenschaftler, die bereits früher über das arabisch besetzte Spanien den Weg nach Europa fanden, wurde Ulugh Begs Wissen viel zu spät entdeckt, um es noch nutzbar zu machen. Als der Orientalist John Greaves 1643 Teile aus Ulugh Begs Sternentafeln ins Lateinische übersetzte und veröffentlichte, war dessen astronomisches Wissen veraltet. Seit 1610 benutzten europäische Astronomen das von Galileo Galilej erfundene Fernrohr mit Vergrößerungsglas und wussten, dass die Erde und die anderen Planeten sich um die Sonne drehen – und nicht die Erde im Zentrum des Universums steht, wie Ptolemäus und nach ihm auch Ulugh Beg einst glaubten.
Das mindere jedoch nicht die Bedeutung seiner Samarkander Schule, so der Historiker Benno van Dalen. Deren Absolventen prägten noch Jahre später die Wissenschaft in der islamischen Welt stark mit - und dadurch auch die in Europa:
OTon 15 Benno van Dalen
59:30 Und diese Rolle, dass Europa nicht auf sich steht, sondern eigentlich stark abhängig war von den Entwicklungen im islamischen Raum. - ich denke, dass das der wichtigste Punkt ist, weshalb wir immer noch mehr zu wissen brauchen über islamische Wissenschaften und deren Einfluss auf Europa.
Musik 11: Dark Waters (red) – siehe vorn – 48 Sek
Sprecherin
Immerhin: seit 1961 trägt ein Mondkrater und seit 1983 ein Asteroid den Namen des großen Astronomen aus Samarkand. In seiner Heimat im heutigen Usbekistan gilt Ulugh Beg als großer Held und Märtyrer der Wissenschaft. Ihm wird ein Zitat zugeschrieben, das die Quintessenz seines Lebens als Herrscher und Wissenschaftler fasst:
Zitat 7 Zitator:
„Die Religionen zerstreuen sich wie Nebel, die Herrscherreiche zerstören sich von selbst, aber die Arbeiten des Gelehrten bleiben für alle Zeiten. Das Streben nach Wissen ist die Pflicht eines jeden!“
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