Können wir uns so hohe Staatsschulden überhaupt leisten?
Mar 17, 2025
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Veronika Grimm, Professorin an der Technischen Universität Nürnberg und Energieexpertin, warnt vor den Gefahren einer hohen Staatsverschuldung für Deutschland. Sie kritisiert die geplanten Ausnahmen von der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben und Infrastrukturinvestitionen. Grimm betont, dass dies Deutschland in eine instabile Lage bringen könnte, und verweist darauf, dass auch andere europäische Länder hohe Schuldenstände haben. Ihre Ansichten zur Balance zwischen militärischer Stärke und wirtschaftlichem Wachstum sind ebenfalls faszinierend.
Die geplanten Sondervermögen für Verteidigung und Infrastruktur werfen Fragen zur finanziellen Nachhaltigkeit der deutschen Haushaltsführung auf.
Veronika Grimm warnt, dass eine erhöhte Verschuldung Deutschlands die Rolle als Stabilitätsanker innerhalb der Eurozone gefährden könnte.
Zukünftige Investitionen sollten gezielt in Bildung, Gesundheit und Energieeffizienz fließen, um langfristige wirtschaftliche Stabilität zu gewährleisten.
Deep dives
Risiko einer Euro-Krise
Die Diskussion um die finanziellen Maßnahmen in Deutschland deutet darauf hin, dass das Land sich in eine gefährliche Lage manövrieren könnte, die möglicherweise zu einer neuen Euro-Krise führt. Veronika Grimm nennt die zunehmende Verschuldung als Hauptproblem, das es zu vermeiden gilt, da dies andere Länder dazu ermutigen könnte, ähnliche Schritte zu unternehmen. Die Kontroversen um die Schuldenbremse und die geplanten Sondervermögen zeigen, dass eine verantwortungsvolle Finanzpolitik notwendig ist, um die Stabilität zu gewährleisten. Sollte die Situation weiter eskalieren, könnte das Vertrauen in die deutsche Finanzpolitik ernsthaft gefährdet werden, was langfristige wirtschaftliche Auswirkungen nach sich ziehen könnte.
Sondervermögen für Verteidigung und Infrastruktur
Die Pläne der künftigen Regierung, Sondervermögen für Verteidigung und Infrastruktur in Höhe von insgesamt 500 Milliarden Euro zu schaffen, werfen Fragen zur finanziellen Nachhaltigkeit auf. Die Diskussion über die unbegrenzte Möglichkeit der Verschuldung in diesen Bereichen könnte dazu führen, dass andere staatswichtige Ausgaben vernachlässigt werden. Kritiker argumentieren, dass die Regierung mit solchen Maßnahmen Risiken eingeht, indem sie den Zugriff auf Schuldenumbresetzungen über diese Sondervermögen erleichtert, ohne klare Ziele und Transparenz zu bieten. Zudem könnte es problematisch sein, dass befugte Politiker diese Regelungen nutzen, um Wahlversprechen zu finanzieren, die sonst nicht genehmigt worden wären.
Ökonomische Bedenken zu Infrastrukturinvestitionen
Die geplanten Infrastrukturinvestitionen sind dringend erforderlich, doch hängt der Erfolg dieser Maßnahmen stark von der Strukturierung und der Art der Ausgaben ab. Es besteht die Gefahr, dass finanzielle Mittel nicht gezielt den notwendigen Projekten zugewiesen werden, sondern für populistische Zwecke genutzt werden. Ökonomen warnen vor einem 'Verschiebebahnhof', bei dem Gelder, die für nachhaltige Infrastruktur gedacht sind, für kurzfristige politische Lösungen verwendet werden. Um effektiv zu sein, sollten Investitionen in Bildung, Gesundheit und Energieeffizienz in den Vordergrund gerückt werden, um einen langfristigen positiven Effekt auf die deutsche Wirtschaft zu erzielen.
Risiken durch übermäßige Schuldenaufnahme
Die übermäßige Schuldenaufnahme wird als potenzielles Risiko angesehen, das nicht nur Deutschland, sondern die gesamte Eurozone betreffen könnte. Wenn Deutschland seine Schuldenbremse umgeht und weiterhin hohe Summen aufnimmt, könnte dies zu einer Destabilisierung der Finanzmärkte führen. Der Anstieg der Zinsen als Auswirkung steigender Staatsverschuldung könnte andere hochverschuldete Länder in der EU stark belasten und die Fähigkeit zur Finanzierung ihrer eigenen Sicherheits- und Verteidigungsansprüche gefährden. Dies könnte eine besorgniserregende Spirale auslösen, die letztlich zu einer Ausweitung der Schuldenkrise führt.
Reflexion über Zukunft und Verantwortung
Die erneute Verschuldung zur Finanzierung staatlicher Register zeigt, dass eine tiefgreifende Diskussion über die Reformierung der Schuldenbremse und nachhaltige fiskalische Strategien notwendig ist. Es ist wichtig, dass zukünftige Regierungen lernen, mit den finanziellen Ressourcen verantwortungsvoll umzugehen, ohne Wahlversprechen auf Kosten der langfristigen Stabilität zu finanzieren. Gleichzeitig sollten notwendige Reformen nicht hinausgezögert werden, da sie entscheidend für das Wachstum und die Stabilität der Wirtschaft sind. Abstimmungen über Schulden sollten nicht in der Panik angesichts geopolitischer Herausforderungen getroffen werden, sondern nach sorgfältiger Überlegung der beiden Aspekte Sicherheit und finanzielle Gesundheit.
Die wohl künftige Regierung will mit einem neuen Sondervermögen die Schuldenbremse umgehen und daraus Investitionen in Infrastruktur finanzieren. Für die Verteidigung wollen Union und SPD sogar unbegrenzt Kredite aufnehmen können. Aber kann Deutschland sich das überhaupt leisten?
Die Ökonomin und Wirtschaftsweise Veronika Grimm ist eine der ärgsten Kritikerinnen der Pläne. Im ZEIT-Wirtschaftspodcast "Ist das eine Blase?" warnt sie: "Wir manövrieren uns, wenn wir so weitermachen, in den Vorabend einer Eurokrise." Und: Wenn man da nahe genug dran ist, ist es sehr, sehr schwer, sie aufzuhalten."
Das Problem sei dabei gar nicht mal so sehr, dass Deutschland seine Kreditvergabe massiv ausweitet – sondern dass andere Länder ihre Verschuldung auch drastisch erhöhen könnten. "Die drei großen europäischen Volkswirtschaften Spanien, Italien und Frankreich haben aktuell schon Schuldenstände über 100 Prozent", gibt Grimm im Podcast zu bedenken.
Schon in der Coronakrise hätten manche Länder die höhere Schuldenaufnahme nicht aus eigener Kraft stemmen können, weil zu hohe Zinsen fällig geworden wären. "Wir mussten uns dafür gemeinsam in der Eurozone verschulden. Und der Stabilitätsanker war Deutschland", sagt Grimm. "Wenn wir jetzt unseren eigenen Schuldenstand erhöhen, dann verlieren wir möglicherweise unsere Rolle als Stabilitätsanker."
Warum Grimm die Mehrausgaben für Verteidigung schon eher für gerechtfertigt hält und an welcher Stelle sie sparen würde, hört ihr in der neuen Folge.
Im Wirtschaftspodcast "Ist das eine Blase?" sprechen Carla Neuhaus, Jens Tönnesmann und Zacharias Zacharakis immer montags über das, was die Welt im Innersten zusammenhält: Geld, Macht, Gerechtigkeit.
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