#19 2022 Über die Baustellen der ÖVP - mit Peter Plaikner
May 24, 2022
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Peter Plaikner, Experte für politische Kommunikation, analysiert die Rede von Karl Nehammer beim Parteitag der ÖVP. Er beleuchtet Nehammers Versuch, die Ära Kurz hinter sich zu lassen, und wie er dabei intern harmonisch bleiben möchte. Plaikner erklärt die Rhetorik hinter Nehammers Umgang mit Chat- und Korruptionsaffären sowie die wiederholte Betonung der „Außenfeinde“. Darüber hinaus bewertet er die Chancen der ÖVP im Hinblick auf die bevorstehenden Wahlen und deren strategische Ausrichtung.
Karl Nehammer hat beim Parteitag der ÖVP betont, dass er die schwierige Erbschaft der Ära Kurz sorgfältig angehen und gleichzeitig die Mitglieder ansprechen muss.
Die Kommunikation der ÖVP unter Nehammer stellt sich als riskant dar, da die vagen Aussagen den Eindruck von mangelnder Ernsthaftigkeit und Verantwortung im Umgang mit Korruption erwecken.
Deep dives
Die Herausforderungen der ÖVP
Die ÖVP steht vor verschiedenen Herausforderungen, insbesondere durch die Rücktritte von hochrangigen Mitgliedern und die anhaltende Aufarbeitung der Ära Kurz. Die Partei hat in den Umfragen an Boden verloren, teilweise hinter der SPÖ zurückgefallen. Der Parteitag mit Karl Nehammer als neuem Bundesparteiobmann gab Anlass, den Zustand der Partei zu beleuchten und herauszufinden, wie diese ihre interne Geschlossenheit stärken kann. Dabei ist es entscheidend, wie Nehammer es schafft, solche Schwierigkeiten anzugehen und gleichzeitig das Vertrauen der Mitglieder zu gewinnen.
Die Problematik der Kommunikationsstrategie
Nehammer hat in seiner Ansprache eine Vielzahl von Themen angesprochen, was jedoch oft zu einer vagen Darstellung seiner Positionen führte. Die Diskussion über die Chat-Affäre und die historische Aufarbeitung wurden eher leichtfertig behandelt, was den Eindruck erweckte, dass nicht genügend Ernsthaftigkeit vorherrscht. Die Kommunikationsstrategie der ÖVP unter Nehammer scheint darauf angelegt zu sein, einen Zusammenhalt zu beseitigen, während die weniger klärende Herangehensweise Fragen zur Glaubwürdigkeit aufwirft. Diese vage Kommunikation kann riskant sein, da sie es der Opposition ermöglicht, Unsicherheiten auszunutzen.
Umgang mit der Korruption
Ein weiterer zentraler Punkt war der Umgang mit dem Thema Korruption, das auf einer gesellschaftlichen Ebene und nicht nur parteipolitisch dargestellt wurde. Nehammer versuchte, das Thema auf eine breitere Ebene zu heben und gleichzeitig humorvolle Bemerkungen zu integrieren, was jedoch den Ernst der Lage nicht ausreichend widerspiegelt. Diese Strategie könnte als Ablenkung von internen Problemen gewertet werden, anstatt klare Schritte zur Aufarbeitung zu kommunizieren. In dieser Hinsicht zeugt dies von einem Mangel an Verantwortung und möglicherweise von einer anderen Prioritätensetzung innerhalb der Partei.
Die Bedeutung der Wahlen 2023
Die bevorstehenden Landtagswahlen in mehreren Bundesländern werden als entscheidend für die Zukunft der ÖVP angesehen. Der Druck auf die Partei nimmt zu, da Umfragen eine negative Tendenz zeigen, und es wird eine zunehmende Nervosität erwartet. Diese Wahlen könnten ausschlaggebend für die politische Landschaft in Österreich sein und sind eine Chance für Nehammer, seine Führung zu beweisen. Es bleibt abzuwarten, ob die ÖVP in der Lage ist, das Vertrauen der Wähler zurückzugewinnen und ihre Position in den Wahlkämpfen zu stärken.
Am 14.5.2022 hielt die ÖVP einen ausserordentlichen Parteitag in Graz ab, bei dem Bundeskanzler Nehammer mit hundert Prozent zum Parteichef gekürt wurde. Bereits zu Beginn der Veranstaltung ließ Nehammer mit einem schrägen Sager zum Corona-Virus aufhorchen. Im Gespräch mit Stefan Lassnig analysiert Peter Plaikner, Experte für politische Kommunikation, diesen Sager sowie wichtige Teile der Rede Nehammers anhand von Original-Ausschnitten.
Besonders interessant zu hören ist, wie Nehammer den für ihn schwierigen Spagat schaffen will, mit der Ära Kurz abzuschließen und gleichzeitig aber die Delegierten nicht gegen sich aufzubringen. Nehammer setzt beim Thema "Chat- und Korruptionsaffären" verschiedene rhetorische Mittel ein, die Plaikner aufzeigt.
Mit Stefan Lassnig spricht Peter Plaikner auch über die mehrfache Betonung der "Aussenfeinde" der ÖVP und die Gründe dafür. Plaikner bewertet auch die Chancen der ÖVP, mit dieser neuen Aufstellung in die kommenden Herausforderungen, insbesondere jene des Wahljahres 2023, zu gehen.