
SWR Kultur lesenswert - Literatur Natascha Gangl gewinnt das Wettlesen um den Bachmannpreis
Jun 29, 2025
05:35
Der Bachmannwettbewerb beginnt grundsätzlich mit allerlei Reden von Politikern und Preisstiftern, die das Engagement ihrer Institutionen ausgiebig loben. In diesem Jahr störte Jury-Präsident Klaus Kastberger die aufgesetzt gute Stimmung, indem er auf den kulturellen Kahlschlag der rechtspopulistischen Regierung in der Steiermark hinwies. Die kulturfeindlichen Sparmaßnahmen in Österreich betreffen längst auch Renommierveranstaltungen wie das Wettlesen am Wörthersee.
Der traditionelle Bürgermeisterempfang wurde dieses Mal genauso gestrichen wie der Literaturkurs für den schreibenden Nachwuchs.
Eröffnungsrede von Nava Ebrahimi
Nach der Auslosung der Lesereihenfolge wird in Klagenfurt die Rede zur Literatur gehalten – in diesem Jahr von einer ehemaligen Gewinnerin des Wettbewerbs, nämlich von der in Teheran geborenen und in Graz lebenden Schriftstellerin Nava Ebrahimi. Mit „Drei Tage im Mai“ war die Rede überschrieben, die sich über weite Strecken in einer Wehklage über die politischen Verhältnisse der Gegenwart erschöpfte.Das ist vermutlich der größte Erfolg aller, die nicht mehr an die Bewohnbarkeit dieses Planeten glauben und ihn aufgegeben haben: dass wir dem Sog der Alternativlosigkeit erliegen. Es ist leicht, sich ihm hinzugeben. Es ist bequem. Dem Sog zu entkommen, ist anstrengend. Und wenn wir ihm entkommen sind, was dann? Dann darf da keine Leere sein. Dann erfordert es unsere ganze Vorstellungskraft, mit anderen, besseren Geschichten die Lücke zu füllen.Es ging um Krisen und Kriege, um den Klimawandel und mächtige Milliardäre, die sich dem „Endzeit-Faschismus“ verschrieben hätten und die den Rest der Menschheit zur Passivität verdammen würden. Um ästhetische Fragen ging es nur am Rande. Literatur solle unter diesen Prämissen eine aktivistische Position einnehmen, um die Lesenden von anderen, verantwortungsvolleren Narrativen zu überzeugen.Quelle: Auszug aus Nava Ebrahimis Eröffnungsrede „Drei Tage im Mai“
