
SWR Kultur lesenswert - Literatur Synchronschwimmer der Lüfte: „Unter Staren. Die Entdeckung einer unterschätzten Art"
Jun 23, 2025
04:19
Ob Erich Kästner staunend in den Herbsthimmel geblickt hat, bevor er sein Gedicht „September“ schrieb? Um die auf und ab tanzenden riesigen Schwärme zu beobachten, in denen die Stare sich alljährlich sammeln? Ein so begeisterndes wie beeindruckendes Naturschauspiel.
Die Stare gehen auf die Reise.
Altweibersommer weht im Wind.
Das ist ein Abschied laut und leise.
Die Karussells drehn sich im Kreise.
Und was vorüber schien, beginnt.Quelle: Erich Kästner - September
Stare - Synchronschwimmer der Lüfte
Wie von Choreografenhand gelenkt rauscht die schwarze Wolke vorüber. In immer neuer Gestalt. Perfekt koordiniert. Synchronschwimmer der Lüfte. Der Grund, warum die kleinen Vögel in großen Schwärmen fliegen: sie schützen sich so vor Angriffen der Feinde. Sperber, Habichte, Falken. Zu treuen Freunden der nicht nur als Koordinationsweltmeister faszinierenden Stare gehören Antonia Coenen und Philipp Juranek. Beide weder Bio- noch Ornithologen, haben sich mit ihrer ganzen laienhaften Liebe dem Sturnus Vulgaris verschrieben. Ihr Buch „Unter Staren – die Entdeckung einer unterschätzten Art“ gibt lesenswerte Kunde davon. In zwanzig kurzen Kapiteln fliegen die beiden Autoren, ähnlich flink wie die von ihnen bewunderten Vögel, von Thema zu Thema, Experten zu Experten. Landen mal in Dänemark, wo ein Fotograf die „schwarze Sonne“, wie man dort den Starenschwarm nennt, in Bilderkunst verwandelt. Oder sie steuern in Owingen-Billafingen den berühmten Ornithologen Prof. Dr. Peter Berthold an, der eindringlich mahnt. Denn Stare stehen inzwischen auf der roten Liste der gefährdeten Arten. Hauptgrund: die intensive Landwirtschaft.Sogar Mozart können sie zwitschern
Im nächsten Augenblick flattern die rastlosen Vogelfans schon weiter. Zu Mozart. In einem Zooladen unweit seiner Wiener Wohnung entdeckte der einen Star, der ihm wohl gelauscht hatte und nun Teile seines Klavierkonzertes Nr.17 in G-Dur pfiff.27. Mai 1784. Vogel Stahrl, 34 Kreuzer« So vermerkt Wolfgang Amadeus Mozart den Kauf des Vogels in seinem Notizbuch. Es war der Anfang von drei bewegten Jahren, in denen der Vogel Mozart nahezu täglich begleitete – und beim Komponieren beeinflusste.Als der Vogel starb, trauerte Mozart sehr und schrieb sogar ein Gedicht für seinen gefiederten Freund. „Hier ruht ein lieber Narr, ein Vogel Staar“ heißt es darin. Womöglich spielt der Komponist darauf an, dass Stare unterschiedlichste Klänge, Motive oder auch den Gesang anderer Vögel täuschend echt nachahmen können. Darüber hinaus kann er auch noch zweistimmig trällern, mit Ober- und Unterstimme. Der Star ist aber auch in anderer Hinsicht ein gewitzter Geselle. Er badet sehr gern. Nicht nur in kühlem Nass.Quelle: Antonia Coenen, Philipp Juranek – Unter Staren. Die Entdeckung einer unterschätzten Art
Eine ungewöhnliche Art, sich sauber zu halten, ist das »Ameisenbaden«, ein Vorgang, bei dem die Vögel eine aktive Ameisenkolonie finden, dann mehrere gleichzeitig mit ihrem Schnabel aufnehmen und sie zum »Abwischen» ihres Gefieders verwenden. Dies bringt die unglücklichen Ameisen dazu, Ameisensäure auszuscheiden, die zur Abwehr eventueller Ektoparasiten dienen könnte.Quelle: Antonia Coenen, Philipp Juranek – Unter Staren. Die Entdeckung einer unterschätzten Art
