Vor 90 Jahren sind Faschismus und Tyrannei auf dem Vormarsch. In Paris wollen weltberühmte Autorinnen und Autoren die Kultur verteidigen, auf dem ersten Schriftsteller-Kongress ab dem 21.6.1935.
In diesem Zeitzeichen erzählt Christoph Vormweg:
- dass Bertolt Brecht um ein "wanzenfreies" Zimmer in Paris bittet,
- über einen Streit zwischen Ilja Ehrenburg und André Breton, der mit den Fäusten endet,
- wie Teilnehmer den Kongress in ihren Memoiren festhalten,
- wann plötzlich "die Internationale" gesungen wird.
Lion Feuchtwanger, Robert Musil, Aldous Huxley, Bertolt Brecht: Sie alle bekunden ihre Bereitschaft, gegen das faschistische und antisemitische Hitler-Deutschland zu kämpfen. Der Schock über Hitlers Machtübernahme samt der folgenden Bücherverbrennung und Verfolgungen sitzt tief.
"Die Kultur, die wir verteidigen wollen, entsteht aus der Summe der besonderen Kulturen jedes Landes", sagt André Gide in seiner Eröffnungsrede. Die Teilnehmenden aus 38 Ländern treffen sich zweimal täglich. Fünf Tage lang wird diskutiert – und gestritten. Auch, weil der Kongress aus der Sowjetunion heraus geplant ist und man dort auf die Unterstützung der Schreibenden für den Kommunismus hofft.
"Der Kongress war nicht übel, nicht einmal ganz vergebens, glaube ich. Es ist gut, sich zu zählen", urteilt Heinrich Mann später. Moskau ist es jedoch nicht gelungen, das Treffen zu einer sozialistischen Propaganda-Veranstaltung zu verbiegen. Zu unterschiedlich sind die Weltanschauungen, die in Paris aufeinandertreffen. Eine Vielfalt, die ihre Freiheit mit Federn statt mit Waffen gegen den Faschismus verteidigen will.
Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:- Prof. Susanne Zepp-Zwirner, Romanistin, Universität Duisburg-Essen
- Dr. Ralph Schock, Gustav-Regler-Experte, ehemaliger SR-Literaturchef
- Susanne Zepp-Zwirner: Regions of History. The International Congress for the Defense of Culture, Paris 1935, in: Ruth Fine, Arie M. Kacowicz, Galia Press-Barnathan (Hg): The Relevance of Regions in a Globalized World, London 2018
- Wolfgang Klein: Als der Apparat nicht funktionierte. Geschichte der Vorbereitung des Pariser Schriftstellerkongresses 1935, in: Wolfgang Asholt u.a. (Hg.): Unruhe und Engagement. Blicköffnungen für das Andere. Festschrift für Walter Fähnders zum 60. Geburtstag, Bielefeld 2004
- Gisèle Freund: 1. Internationaler Schriftsteller-Kongress zur Verteidigung der Kultur, Paris 1935. Fotografien. Ausstellungskatalog 1996.
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Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Christoph Vormweg
Redaktion: David Rother
Technik: Thomas Bleul