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In Episode 129 nehmen wir uns ein aktuelles Buzzword vor. Die Forderung nach mehr Resilienz durchdringt unsere Arbeitswelt wie ein Echo – aber was bedeutet es wirklich, wenn wir ständig “widerstandsfähiger” werden sollen? In dieser faszinierenden Diskussion mit dem Philosophieprofessor Jan Slaby tauchen wir tief in die Wurzeln dieses populären Konzepts ein und decken auf, wie es von einem deskriptiven wissenschaftlichen Begriff zu einem moralischen Imperativ mutiert ist.
Was ursprünglich die Elastizität von Materialien beschrieb, wird heute zur individualisierten Anforderung an Menschen in Krisensituationen. Dabei enthüllen wir die problematische Verschiebung der Verantwortung: Statt Systeme zu verändern, sollen Individuen einfach mehr aushalten. Diese “Halbierung des Handlungsvermögens” fokussiert auf das passive Erleiden, während der aktive, gestalterische Teil des menschlichen Handelns vernachlässigt wird.
Besonders erhellend ist die Parallele zum deutschen “Rumpelfußball” früherer Zeiten: Wenn komplexe Probleme bestehen, ist die Forderung nach mehr persönlichem Einsatz oft nur ein Deckmantel für fehlende systemische Lösungen. Die Metapher der einsamen Pflanze im Asphalt verdeutlicht dieses Dilemma – ein Leben in der Schrumpfform statt echter Transformation.
Doch wir bleiben nicht bei der Kritik stehen! Mit dem Konzept der “Haltung” bieten wir eine bereichernde Alternative, die sowohl das Aushalten als auch das aktive Gestalten umfasst. Nicht als individualistisches Unterfangen, sondern als gemeinschaftliche Praxis. Denn am Ende sind es nicht die einsamen Prepper, die Krisen überstehen, sondern Menschen in funktionierenden sozialen Netzwerken, die füreinander sorgen.
Shownotes:
- Jan Slaby, Kritik der Resilienz, Aufsatz
- Timothy Snyder, Bloodlands, Buch