

Johann Sattler: BOSNIEN UND DIE WESTBALKANREGION - BLUES ODER AUFBRUCH?
Helfried Carl im Gespräch mit Johann Sattler
BOSNIEN UND DIE WESTBALKANREGION – BLUES ODER AUFBRUCH?
Vor über 27 Jahren wurde der von 1991 bis 1995 verheerende Krieg in Bosnien und Herzegowina mit dem Dayton-Abkommen beendet. Die im Vertrag
festgeschriebene ethnozentrierte Verfassung und die Zweiteilung des Landes in Republika Srpska und Föderation haben das Land zwar befriedet, aber seither gleichsam in einem post-Konflikt status quo eingefroren. Mühsam errungene Reformen zur Stärkung staatlicher Institutionen werden von kompromisslosen nationalistischen Kräften in allen Volksgruppen unterminiert, der Präsident der Republika Srpska, Milorad Dodik droht sogar regelmäßig mit Sezession.
Die geopolitischen Veränderungen durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine haben 2022 nach langer Durststrecke wesentlich dazu beigetragen, gegen erhebliche Widerstände einzelner EU-Mitgliedstaaten Fortschritte im regionalen Erweiterungskontext zu erreichen.
Warum ist es im Interesse der EU, Bosnien und den Westbalkan zu integrieren? Lässt sich die jüngste Dynamik aufrechterhalten und kann Bosnien und Herzegowina seine Chance nutzen oder setzt sich die Nullsummenspiel-Mentalität der ethno-zentristischen Machtpolitiker durch? Wie kann die EU diese Region dauerhaft an sich binden und wie kann der überdimensionale Einfluss der Russischen Föderation, die in der Region nur als Spoiler agiert zurückgedrängt werden?
Johann Sattler studierte Politikwissenschaften und Slawistik an den Universitäten Innsbruck/Prag/Moskau. 1996 trat er in den diplomatischen Dienst der Republik Österreich ein und war bis 2008 in verschiedenen Funktionen tätig, u.a. als Botschaftsrat für politische Angelegenheiten an der österreichischen Botschaft in Washington und Kabinettsmitglied des EU-Sonderbeauftragten für Südosteuropa (Stabilitätspakt) in Brüssel. Von 2008 bis 2013 war Sattler als Geschäftsführer/Herausgeber für die WAZ-Mediengruppe sowie für Axel Springer in Moskau. 2013 kehrte er in den diplomatischen Dienst zurück und leitete bis 2016 das Westbalkanreferat des Außenministeriums in Wien. 2016 wurde er als Botschafter nach Albanien entsandt und wechselte 2019 als Botschafter der Europäischen Union nach Bosnien und Herzegowina.
Helfried Carl, ist seit 2019 Partner des von ihm mitbegründeten Innovation in Politics Institute in Wien. Von 2014-2019 war er Botschafter Österreichs in der Slowakischen Republik, davor, von 2008-2014, Büroleiter und außenpolitischer Berater von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer.