
Zukunft Denken – Podcast 141 — Passagier oder Steuermann? Ein Gespräch mit Markus Raunig
Der Titel der heutigen Episode lautet: Passagier oder Steuermann? und ist ein Gespräch mit Markus Raunig.
Markus Raunig ist Chairman der Startup-Dachplattform AustrianStartups und Co-Host von Österreichs führendem Tech-Podcast Future Weekly. Als Initiator der Stiftung Unternehmerische Zukunft setzt er sich für einen Kulturwandel zu mehr Unternehmergeist ein und berät politische Entscheidungsträger bei der Umsetzung einer innovationsfreundlichen Politik – unter anderem im Startup-Rat der österreichischen Bundesregierung und in der Startup Nations Alliance der EU-Kommission. Als Co-Autor des Austrian Startup Monitors und der Austrian Startup Agenda ist er einer der führenden Experten für die Entwicklung von innovativen Wachstumsunternehmen.
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Die heutige Episode ist ausnahmsweise sowohl sehr passend für die aktuelle Situation in Europa, besonders in Deutschland und Österreich, als auch langfristig gültig.
Wir sprechen über die Frage, was Unternehmertum heute bedeutet und warum Unternehmer heute oftmals in einem so eigenartigen Licht dargestellt werden: Haben wir Angst vor Entscheidungen und vor Freiheit?
Wer schafft Werte in modernen Gesellschaften und wie gelingt es uns, irreführende Narrative abzubauen? Klassenkampf wird von manchen Seiten inszeniert, aber wohl ohne zu verstehen, welcher Schaden damit angerichtet wird.
Was kann man besonders jungen Menschen raten, die innovative Ideen haben und diese umsetzen wollen – ohne durch vermeidbare Fehler zu scheitern?
Aber das Thema geht im Grunde weit über unternehmerische und wirtschaftliche Fragen hinaus. Was können wir tun, damit Menschen sich nicht wie Passagiere im eigenen Leben fühlen, sondern in die Lage versetzt werden, eigene, selbstbestimmte Entscheidungen zu treffen?
Wie kann eine Gesellschaft strukturiert werden, um individuelle Freiheit und unterschiedliche Lebensentwürfe nicht nur auf dem Papier, sondern in der Realität zu ermöglichen?
Wir beginnen das Gespräch mit der Frage, was Markus Raunig persönlich motiviert, sich so intensiv mit Wirtschaft und vor allem Unternehmertum auseinanderzusetzen.„
»Ich habe mich gefühlt wie ein Passagier im eigenen Leben.«
Was ist dann passiert? Wie ist diese Erkenntnis zustande gekommen?
»Jedes Problem da draußen ist eigentlich auch eine Chance, etwas selbst in die Hand zu nehmen – und es macht richtig Spaß, auch etwas aufzubauen.«
Wie ist es aber mit dem Unternehmertum in Österreich, Deutschland und in Europa bestellt? Sind wir hier im internationalen Vergleich noch wettbewerbsfähig? Die kurze Antwort ist: In vielen Bereichen leider nicht. Aber was ist die längere Antwort?
»Wenn man sich das Unternehmertum in der Gesellschaft ansieht, gibt es teilweise auch ein sehr verzerrtes Bild. […] So sagen 1/3 der Millennials, dass Unternehmer keinen positiven Beitrag zur Gesellschaft leisten.«
Auch Universitäten leisten bei Weitem nicht das, was man erwarten würde. Was können wir ändern?
»Im Jammern, im Raunzen sind wir richtig gut als Österreicher – da muss etwas gemacht werden –, aber dass wir selbst etwas beitragen können, das ist für viele Menschen nicht greifbar.«
Was ist das aktuelle Bild des Unternehmertums in der Gesellschaft, wie sieht die Wirklichkeit aus?
»Medial getragene Klassenkrieg-Narrative spielen eine Rolle.«
Was können wir tun, um diese besser in Einklang zu bringen? Wie kann man verständlich machen, dass ein Kuchen gebacken werden muss, bevor er verteilt werden kann, und außerdem, dass jeder mehr bekommt, wenn zwei statt einem Kuchen gebacken werden?
Arbeitsteilung ist eines der erfolgreichsten und fundamentalsten Prinzipien der Moderne und damit drängt sich natürlich die Frage auf, wie diese Arbeit genau zu verteilen ist und wer das »bestimmt«.
»Die Komplexität hat ein Level erreicht, dass das zentral nicht mehr steuerbar ist. Ich glaube, es braucht den Markt als Ort, der diese Komplexität managbar macht.«
Was ist aber der Reiz dieser zentralen Modelle, warum glauben immer noch so viele Menschen, dass zentrale Einheiten, »der Staat« oder im schlimmsten Fall gar ein »Führer« diese Herausforderungen im Sinne der Menschen lösen könnten? Warum kann hier die kurzfristige Betrachtung in die Irre führen?
Wo ist das »Wissen der Welt« verortet, das wir benötigen, um unsere Welt am Laufen zu halten und weiterzuentwickeln? Wie kann man diese Komplexität und das Menschliche dahinter greifbar machen?
Wie können wir das Unternehmerische auch im Bildungssystem verankern und damit früh wecken?
Dazu kommt – besonders heute immer wieder betont – Menschen haben sehr unterschiedliche Bedürfnisse und Lebensentwürfe. Wer glaubt, dass diese von einer zentralen staatlichen Autorität berücksichtigt würden? Was passiert, wenn Freiheiten kollidieren?
Nehmen wir Freiheit für selbstverständlich und verlieren sie daher schneller, als wir es für möglich halten? Fürchten sich manche Menschen gar vor Freiheit? Muss man Freiheit lernen? Muss man es üben, eigene Entscheidungen zu treffen? Wie kann das gelingen?
Was macht Markus Raunig und seine Organisationen, um auch bei Kindern und Jugendlichen den unternehmerischen Funken zu wecken? Wie funktionieren diese Programme in der Praxis? Wie kann man daran teilnehmen?
Was hat Fortschritt ermöglicht? Was hat sich seit der industriellen Revolution und ihren enormen Leistungen verändert? Stecken wir heute bei fast allen größeren Unternehmungen im Sand fest? Bringen wir nicht einmal das zustande, was unsere Urgroßväter mit wesentlich weniger Technik geleistet haben?
Strukturen und Organisationen entwickeln häufig ein Eigenleben, das nicht mehr mit der initialen Mission vereinbar ist. Ist das alternativlos? Entstehen Parallelgesellschaften, protektionistische Systeme, die Macht und Geld verwalten, aber ihren ursprünglichen Zweck entweder verloren haben oder aus prinzipiellen Gründen nicht mehr erreichen können?
Zwei wichtige Fragen sind noch zu diskutieren: Verantwortung und Risiko – wie geht man damit in einer komplexen Gesellschaft produktiv um?
Gehen wir zu unsauber mit dem Begriff »Marktversagen« um, wenn tatsächlich ein politisches Versagen dahintersteht?
Dann sprechen wir ein Risiko-Dilemma an: Wie kann man damit umgehen, dass man es als Gesellschaft einerseits möchte, dass Menschen (unternehmerische) Risiken eingehen und dafür auch die Verantwortung tragen, aber andererseits die negativen Effekte nicht so dramatisch sein dürfen, dass eben diese Risiken niemand mehr eingehen möchte?
»Die Angst vor dem Scheitern ist ein sehr wichtiger Faktor, wenn es darum geht, warum viele Menschen nicht in eine unternehmerische Karriere gehen.«
Nur wenige Unternehmen machen nach fünf Jahren noch das, womit sie begonnen haben. Ist das normal?
»Dieses Scheitern im Kleinen, das muss kulturell viel normaler werden. […] Das gehört dazu, zum unternehmerischen Wirken.«
Was ist in den letzten 25 Jahren passiert, das unsere Nationen, jedenfalls in Europa, auf den Weg in die tiefe Krise, in eine dysfunktionale Wirtschaft geführt hat?
»Es gibt viele Themen, wo man aktuell unpopuläre, aber mutige Entscheidungen treffen müsste, und es gibt aus einer ganz klassischen Anreiz-Perspektive überhaupt keine Anreize für Politiker, in diese Richtung zu gehen.«
Aber es ist nicht nur ein politisches Problem. Warum ist es für Startups so viel einfacher, vernünftige Finanzierung etwa in den USA zu bekommen, während in Europa dem Anschein nach kaum jemand bereit ist, diese Risiken aufzunehmen?
Aber es ist nicht nur Politik und Finanzierung, auch die Kundenseite ist ein positiver oder eben (in Europa) negativer Faktor.
Aber auch in den USA gibt es Bewegungen, die dem Anreiz, Talente aus Europa anzuziehen, entgegenwirken. Warum gelingt es uns trotzdem nicht, diese in Europa zu binden?
»Der Ruf des Kontinents ist aktuell: Regulierung, Regulierung, Regulierung.«
Wie lässt sich das Narrativ des Unternehmertums nun in der Breite, im öffentlichen Diskurs verbessern? In früheren Episoden habe ich das »Future Brunels«-Programm in England angesprochen; wären solche Initiativen auch in Österreich und Deutschland sinnvoll? Können wir uns so vielleicht von Individuen, von Personen motivieren lassen und Identifikationsfiguren schaffen?
Markus Raunig erwähnt hier auch ganz konkret Programme wie etwa das Entrepreneurial Leadership Program.
Zuletzt stelle ich die Frage, was man ganz konkret jungen Menschen empfehlen kann, die eine Idee haben und diese umsetzen wollen.
Referenzen
Andere Episoden
- Episode 140: Mensch und Technik über Generationen — eine Reflexion mit Magdalena Molnar und Gabriel Kopper
- Episode 138: Im Windschatten der Narrative, ein Gespräch mit Ralf M. Ruthardt
- Episode 136: Future Brunels? Learning from the Generation that Transformed the World. A Conversation with Dr. Helen Doe
- Episode 135: Friedrich Hayek und die Beschränktheit der menschlichen Vernunft. Ein Gespräch mit Nickolas Emrich
- Episode 131: Wot Se Fack, Deutschland? Ein Gespräch mit Vince Ebert
- Episode 130: Populismus und (Ordo)liberalismus, ein Gespräch mit Nils Hesse
- Episode 128: Aufbruch in die Moderne — Der Mann, der die Welt erfindet!
- Episode 117: Der humpelnde Staat, ein Gespräch mit Prof. Christoph Kletzer
- Episode 114: Liberty in Our Lifetime 2: Conversations with Lauren Razavi, Grant Romundt and Peter Young
- Episode 109: Was ist Komplexität? Ein Gespräch mit Dr. Marco Wehr
- Episode 102: Live im MQ, Verantwortung. Ein Gespräch mit Daphne Hruby
- Episode 74: Apocalype Always
- Episode 71: Stagnation oder Fortschritt — eine Reflexion an der Geschichte eines Lebens
- Episode 65: Getting Nothing Done — Teil 2
- Episode 64: Getting Nothing Done — Teil 1
Fachliche Referenzen
- Markus Raunig auf LinkedIn
- Podcast Future Weekly
- Future Weekly Episode 465 (Liquid AI)
- Stiftung Unternehmertum
- Entrepreneurial Leadership Program
- Youth Entrepreneurship week
- Initiative for Teaching Entrepreneurship IFTE
- Friedrich von Hayek, The Road to Serfdom, Routledge (1944)
