Jens Bisky, Autor und früherer SZ-Feuilletonist, beleuchtet die politischen und kulturellen Kämpfe der Weimarer Republik. Er diskutiert, ob Friedrich Merz die Demokratie retten kann oder nur ein weiterer Kanzler ist. Bisky zieht Vergleiche zur heutigen apokalyptischen Stimmung und betont, dass echte Lösungsansätze in Bildung und Wohnungsbau liegen sollten. Ein kritischer Blick auf die gegenwärtige Kulturpolitik und mögliche gefährliche Entwicklungen in Deutschland rundet das Gespräch ab.
Friedrich Merz wird mit hohen Erwartungen konfrontiert, während eine düstere Stimmung vor einem möglichen Rechtsruck durch die AfD warnt.
Die Ernennung von Wolfram Weimar als Kulturstaatsminister wird kritisch betrachtet, da seine Qualifikationen als unzureichend gelten.
Die kulturellen Kämpfe der Weimarer Republik zeigen Parallelen zur heutigen politischen Polarisation und verdeutlichen die Risiken einer passiven Politik.
Deep dives
Erwartungen an Friedrich Merz
Friedrich Merz wird als zukünftiger Kanzler der Bundesrepublik Deutschland mit großen Erwartungen konfrontiert. Er verspricht grundlegende Veränderungen in der Politik, einschließlich einer Wende in der Wirtschaft und zur Migration. Doch diese Ankündigungen sind von einer düsteren Stimmung begleitet, die von Politikern wie Markus Söder als letzte Möglichkeit für die Mitte deklariert wird, um einen Rechtsruck durch die AfD zu verhindern. Politische Akteure warnen vor den Konsequenzen einer ineffektiven Regierungsführung, wobei das Bild eines drohenden Untergangs der Demokratie gezeichnet wird.
Kritik an Wolfram Weimar
Die Ernennung von Wolfram Weimar zum Kulturstaatsminister wird von vielen als problematisch angesehen, vor allem hinsichtlich seiner Qualifikationen für das Amt. Kritiker bemängeln seine mangelnde kulturelle Kompetenz und vergleichen seine Nominierung mit historischen Fehlentscheidungen. Der Gast des Podcasts, Jens Biski, äußert seine Skepsis gegenüber Weimars intellektueller Flexibilität und sieht ein wiederholtes Aufgießen überholter kultureller Argumente. Biski glaubt, dass die kulturpolitischen Herausforderungen nicht allein durch individuelle Personalentscheidungen gelöst werden können.
Kulturkämpfe der Weimarer Republik
Die vergangenen kulturellen Kämpfe in der Weimarer Republik bieten einen wertvollen historischen Kontext für die gegenwärtige politische Lage. In dieser Zeit kam es zu gewaltsamen Protesten gegen künstlerische Ausdrucksformen, wie dem Film 'Im Westen nichts Neues', wobei auch politische Eliten in den Kampf eingegriffen haben. Diese Auseinandersetzungen sind als ein Zeichen einer gespaltenen Gesellschaft zu verstehen, in der unterschiedliche Milieus agierten. Diese historischen Parallelen ermöglichen eine Reflexion über gegenwärtige apokalyptische Erzählungen in der Politik.
Die Rolle von Parteien in der Mitte
Die Analyse der Weimarer Republik zeigt, dass die Sozialdemokratie bis 1932 die stärkste Partei war, die jedoch angesichts der Herausforderungen in einer defensiven Haltung verharrte. Diese Taktik führte dazu, dass die Nationalsozialisten in der Wählergunst stark wurden, weil die Sozialdemokraten ihre Pläne nicht ausreichend kommunizierten. In der heutigen politischen Landschaft wird eine ähnliche Zurückhaltung bei den Parteien der Mitte festgestellt, die oft mit kurzfristigen Lösungen arbeiten, ohne die Herausforderungen tiefgreifend anzugehen. Der Podcast thematisiert die Notwendigkeit für eine proaktive und mutigere Politik, um zukünftige Krisen zu bewältigen.
Populismus und gesellschaftlicher Wandel
Der ansteigende Populismus in der heutigen Politik wird mit den Krisen in der Weimarer Republik verglichen, wobei beide Perioden von einem Gefühl des Wandels geprägt sind. In der Weimarer Zeit führte der Radikalismus der Jugend, gepaart mit der Unzufriedenheit über die gesellschaftliche Lage, zu einem Übertritt vieler Studenten zur Nationalsozialistischen Bewegung. Heute zeigt sich eine ähnliche Dynamik bei den jüngeren Wählern, die sich von traditionellen Parteien abwenden und populistischen Kräften zuwenden. Dies verdeutlicht die dringende Notwendigkeit für die Mitte, relevante und zukunftsorientierte Lösungen zu präsentieren.
Ist Friedrich Merz die letzte Patrone der Demokratie oder doch nur der zehnte Bundeskanzler? Droht mit der Berufung des konservativen Verlegers Wolfram Weimer ein neuer Kulturkampf? Und wie weit sind wir wirklich von gefährlichen politischen Verhältnissen entfernt?
Darüber sprechen wir diese Woche in "Das Politikteil" mit dem Autor und früheren SZ-Feuilletonisten Jens Bisky vom Hamburger Institut für Sozialforschung, der sich in seinem Buch „Die Entscheidung. Deutschland 1929 bis 1934“ (erschienen bei Rowohlt) intensiv mit den letzten Jahren der Weimarer Republik und ihren Kultur- und politischen Kämpfen beschäftigt hat. Bisky seziert, was vergleichbar ist („Auch heute gibt es eine zunehmend apokalyptische Stimmung“) – und was nicht („Damals war die SPD eine intellektuelle Großmacht und sehr erfolgreich“). Er sagt: Entschlossenheitsgesten wie in der Migrationspolitik werden uns nicht retten, die Regierung sollte sich lieber um Wohnungen und Bildung kümmern.
Im Podcast "Das Politikteil" sprechen wir jede Woche über das, was die Politik bewegt, erklären Hintergründe und diskutieren Zusammenhänge. Immer freitags, mit zwei Moderatoren und einem Gast – und einem Geräusch. Im Wechsel sind als Gastgeber Ileana Grabitz und Peter Dausend oder Tina Hildebrandt und Heinrich Wefing zu hören.
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