

Kollege Roboter | Von Hermann Ploppa
Keine Science Fiction, sondern schaurige Wirklichkeit: die Künstliche Intelligenz frisst nicht nur massenhaft Arbeitsplätze, sondern auch unsere Menschlichkeit. Ein Weckruf.
Ein Standpunkt von Hermann Ploppa.
„Die ich rief, die Geister, werd’ ich nun nicht los!“
(Johann Wolfgang Goethe, Der Zauberlehrling)
Jeder kann es sehen:
Seit Beginn dieses Jahres 2025 sind wir mit einem Tsunami der Künstlichen Intelligenz zugeschüttet. Noch nie zuvor war diese nette Roboterwelt so präsent wie jetzt. Das hat seine charmanten Seiten, gewiss. Denn diese kostenlosen Applikationen von ChatGPT oder dem chinesischen Rivalen DeepSeek kann sich jeder herunterladen und dann sofort ohne weitere Kenntnisse einfach unbedarfte Fragen stellen. Und die netten Onkel und Tanten mit den künstlichen Stimmen antworten absolut höflich und ohne jeden Anflug von Genervtheit auf die hirnrissigsten Fragen. Präzise. Und auf Nachfrage verraten sei auch noch, wo sie ihre Weisheit her haben. Nie sind die Chat-Kumpanen müde, krank oder hungrig. Das Einzige, wonach die synthetischen Freunde unermüdlich dürsten, ist Strom.
Manche Teenies allerdings verknallen sich in die virtuellen Kameraden und vergessen einfach, dass es sich da nicht um Menschen handelt. Und sie vertrauen Chattie ihre intimsten Probleme an. Und sie fallen damit in ein schwarzes Loch. In Kalifornien verklagt ein Elternpaar einen Betreiber dieser Chatbots auf Schadensersatz. Denn ihr sechzehnjähriger Sohn hatte in seiner Vereinsamung in der realen Welt glatt Selbstmord begangen <1>.
Zu den ebenfalls nicht so charmanten Aspekten gehört, dass wir uns bei ernsten Anliegen im Umgang mit Online-Dienstleistern, Medizinischen Versorgungszentren oder auch Ämtern nicht mehr mit real existierenden Menschen differenziert über unser Problem austauschen können. Selbst der Deutsch radebrechende Callcenter-Boy aus Kalkutta gehört mittlerweile der Vergangenheit an. Wenn ich, Hermann Ploppa, feststelle, dass da bei Telegram eine Fake-Seite mit Namen „Hermann Ploppa Offiziell“ existiert, wo aggressiv für Kryptowährungen geworben wird, und ich das gar nicht lustig finde, bin ich der absurden Situation wehrlos ausgeliefert wie dereinst Josef K. in den Romanen von Franz Kafka. Da gibt es die Möglichkeit, einer Beschwerdestelle bei Telegram sein Anliegen vorzutragen. Allerdings kommt hier nie eine Antwort.
Oder jemand bestellt versehentlich ein E-Book bei Amazon, will aber eigentlich das altmodische Buch zum Anfassen haben. Abkassiert wird unerbittlich das E-Book. Der tumben KI-Beschwerdestelle kann man vortragen, was man will. Auch wenn eine reale Person im Amazon-Callcenter einem versichert, er werde die Sache regeln, man brauche sich keine Sorgen zu machen. Er werde sich kümmern. Dennoch kommt irgendwann unweigerlich ein Brief einer von Amazon beauftragten Inkasso-Stelle, die das Geld für das E-Book verlangt, zuzüglich Inkasso-Kosten. Man zahlt schließlich entnervt beides.
Das Leben in der Schönen Neuen KI-Welt: ein ebenso wütendes wie unhörbares Trommeln mit den Fäusten auf Gummiwände. Ist da jemand?! Bin ich Hanspampel im Dummwald?
...https://apolut.net/kollege-roboter-von-hermann-ploppa/
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