In einem überhitzten ICE sitzen 800 Passagiere fest und müssen evakuiert werden. Die dramatische Lage wird durch fehlende Ressourcen und jahrelange Einsparungen bei der Deutschen Bahn verstärkt. Passagiere kämpfen mit langen Wartezeiten und unzureichender Kommunikation. Ein akuter Personalmangel erschwert die Situation zusätzlich. Trotz aller Widrigkeiten gibt es Überlegungen zur Verbesserung der Reiseerfahrungen, während die Frustration der Reisenden ins Unermessliche wächst.
Die Evakuierung des ICE 79 verdeutlichte die Herausforderungen der Deutschen Bahn aufgrund akuten Personalmangels und mangelhafter Organisation auf mehreren Ebenen.
Die immense Frustration der Passagiere während der Evakuierung ergab sich nicht nur aus der Verspätung, sondern auch aus unzureichenden Informationen und fehlenden Hotelunterkünften.
Deep dives
Evakuierung unter extremen Bedingungen
Die Evakuierung des ICE 79, der wegen eines Stromabnehmerausfalls feststeckte, erforderte eine komplexe Koordination. Etwa 800 Passagiere mussten bei extremer Hitze und ohne Klimaanlage umsteigen, was zusätzliche Schwierigkeiten mit sich brachte. Der Evakuierungszug hatte nur 703 Sitzplätze, von denen viele bereits belegt waren, was bedeutete, dass nicht alle Passagiere einen Platz finden konnten. Bei dieser Ausnahmesituation wurden die Herausforderungen insbesondere für Menschen mit Behinderungen und für ältere Reisende deutlich, da die Evakuierung in sicherer Höhe schmaler Stege und enge Durchgänge erforderte.
Personalmangel und Infrastrukturprobleme
Ein zentraler Punkt, der während der Episode behandelt wird, ist der akute Personalmangel bei der Deutschen Bahn, der die Evakuierungskomplexität verstärkte. Die Gewerkschaft GDL respektive Experten berichten, dass aktuell 1500 Lokführer fehlen, was auf frühere Sparmaßnahmen in der Personalpolitik zurückzuführen ist. Auch der Mangel an Fahrdienstleitern hatte zur Folge, dass Züge nicht weiterfahren konnten und regionalen Störungen nicht schnell genug begegnet werden konnte. Zudem wurde aufgezeigt, dass diverse Tochterfirmen der Bahn oft Schwierigkeiten bei der Kommunikation und Koordination haben, was die Situation zusätzlich erschwerte.
Verspätungen und Serviceprobleme
Die Reisenden im Evakuierungszug erlebten immense Verspätungen, wodurch viele von ihnen hungrig und durstig blieben, da alle Bordrestaurants geschlossen waren. Die Verspätung von mehr als zweieinhalb Stunden nach der Evakuierung führte zu immer mehr Frustrationen unter den Passagieren. Als sie in Erfurt ankamen, waren sie mit der Realität konfrontiert, dass es keine garantierten Hotelzimmer gab und sie sich selbst um ihre Unterkunft kümmern mussten. Diese unzureichende Organisation und Unfähigkeit, klare Informationen zu liefern, sorgte für noch mehr Unruhe und Unmut unter den Reisenden.
Die Vision eines deutschlandweiten Taktfahrplans
Ein langfristiges Ziel für die Bahn ist die Einführung des sogenannten Deutschland-Takts, der einen zuverlässigen und planbaren Fahrplan gewährleisten soll. Vergleiche mit dem effizienter organisierten Schweizer Bahnnetz verdeutlichten die Herausforderungen, vor denen die Deutsche Bahn steht. Der Beauftragte der Bundesregierung für den Schienenverkehr schätzte ein, dass es bis 2070 dauern könnte, bis dieser Plan vollständig umgesetzt ist. Dadurch wird deutlich, dass der Weg zur Verbesserung der Bahninfrastruktur lang und steinig bleibt, was für die Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit der Bahn entscheidend ist.
Es ist ein gewagtes Experiment: Nach mehr als zwei Stunden in einem überhitzten ICE sollen rund 800 Fahrgäste auf offener Strecke umsteigen. Über schmale Stege klettern sie in einen Evakuierungszug. Der ist allerdings schon halb voll.
»Mir war klar, dass es knapp werden würde«, sagt ein Reisender. Tatsächlich müssen am Ende rund 50 Fahrgäste im liegen gebliebenen ICE ausharren. Und auch die Evakuierten sind längst nicht am Ziel.
Der SPIEGEL Original Podcast »344 Minuten – Das Bahn-Fiasko« erzählt die Geschichte einer Pannenfahrt. Und offenbart die vielen Probleme der Deutschen Bahn. Wie Fehlentscheidungen und ein jahrelanger Sparkurs die Bahn ins Chaos gesteuert haben.
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