Unnütz und gehackt (Folge 3, Ausgecheckt – das Luca-System)
Jul 20, 2023
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Die IT-Expertin Bianca Kastl enthüllt die Schwachstellen der Luca-App, die für Kontaktnachverfolgung entwickelt wurde, aber in der Praxis versagte. Kritische Sicherheitsmängel gefährden Nutzerdaten und führen zu öffentlichem Protest. Zudem wird die fehlende Transparenz der App im Vergleich zur Corona-Warn-App thematisiert. Trotz ernster Zweifel an ihrem Nutzen gibt es überraschende Investitionen in die App, was Fragen zur Zukunft aufwirft. Die Diskussion über die rechtlichen und datenschutzrechtlichen Probleme rundet das Bild der umstrittenen Anwendung ab.
Die Luca-App erwies sich als unzureichendes Tool für die Kontaktnachverfolgung, da ihre Nützlichkeit und Datenqualität stark kritisiert wurden.
Sicherheitsmängel in der Luca-App, die durch einfache Hacks aufgedeckt wurden, führten zu einem Vertrauensverlust der Öffentlichkeit und einem endgültigen Ende der Förderung.
Deep dives
Erfolg und Rückschlag der Luca-App
Die Luca-App wurde ursprünglich als vielversprechendes Tool für die Kontaktnachverfolgung während der Pandemie eingeführt, nachdem 13 Bundesländer Verträge für insgesamt 21,3 Millionen Euro abgeschlossen hatten. Trotz des anfänglichen Hypes stagnierte die Nutzung der App jedoch nach nur einem Jahr, bis schließlich einige Politiker anregten, die App vom Handy zu löschen. Eine eingehende Untersuchung der Effektivität der App zeigte, dass sie kaum bei der Kontaktnachverfolgung half und viele Gesundheitsämter von der Nutzung enttäuscht waren. Die Verträge mit den Bundesländern wurden 2022 auslaufen gelassen, was das Ende der App einläutete, obwohl die Pandemie weiterhin andauerte.
Bianca Kastls Erfahrungen mit der Luca-App
Die IT-Expertin Bianca Kastl spielte eine entscheidende Rolle bei der Digitalisierung der Kontaktnachverfolgung in ihrem Gesundheitsamt, indem sie ein eigenes Programm entwickelte und dabei die Luca-App testete. Ihre Erfahrungen zeigten schnell, dass die Qualität der Check-ins der App mangelhaft war und viele Daten unstrukturiert waren, was ihre Nützlichkeit stark einschränkte. Diese Schwächen wurden auch in den Tests ihrer Behörde deutlich, was zu einer ernüchternden Einschätzung der App als unzureichender Lösung führte. Kastl und ihr Team dokumentierten ihre Erkenntnisse in einem Bericht mit Verbesserungsvorschlägen, aber eine angemessene Reaktion der Luca-Macher blieb aus.
Sicherheitsprobleme und Kritiken
Die Luca-App kämpfte nicht nur mit ihrer Nützlichkeit, sondern war auch Gegenstand schwerwiegender Sicherheitsvorwürfe, als bekannt wurde, dass durch einfache Programmierkenntnisse auf sensible Nutzerdaten zugegriffen werden konnte. Bianca Kastl und der IT-Experte Tobias Ravenstein führten erfolgreich einen Hack durch, bei dem sie mit einer einfachen Technik die Standorthistorie von Nutzern auslesen konnten, was die potenziellen Sicherheitsanfälligkeiten der App verdeutlichte. Der Chaos Computer Club trat ebenfalls in den Vordergrund und forderte ein sofortiges Ende der staatlichen Förderung der Luca-App aufgrund ihrer Mängel. Dies führte zu einem wachsenden Misstrauen gegenüber der App in der Öffentlichkeit.
Abschied von der Luca-App
Trotz anfänglichem Hype und vielfältiger Investitionen wurde der Nutzen der Luca-App im Verlauf der sich entwickelnden Pandemie stark in Frage gestellt, da Gesundheitsämter überlastet waren und alternative Lösungen wie die Corona-Warn-App mehr Erfolg hatten. Viele Bundesländer erkannten schließlich, dass die Luca-App nicht den erwarteten Sicherheits- und Datenschutz gehandhabt hatte und die ursprünglich versprochenen Vorteile nicht erfüllte. Der geforderte Rückzug der Politik und die Entscheidung, die Verträge nicht zu verlängern, markieren endgültig das Ende der Luca-App. Dies wirft auch die Frage auf, welche Lehren aus diesem gescheiterten Projekt gezogen werden können, um ähnliche Fehler in zukünftigen digitalen Lösungen zu vermeiden.
Die IT-Expertin und Hackerin Bianca Kastl arbeitet in einem Gesundheitsamt. Im Frühling 2021 soll sie Luca testen – und merkt sofort: Die App kann nicht das, was sie verspricht. Es folgen eine Reihe von Hacks, bei dem Kastl und ihre Kollegen bei Luca Sicherheitslücken entdecken und öffentlich machen. Recherchen des SPIEGEL zeigen außerdem: Die Luca-App hat bei der Kontaktnachverfolgung kaum geholfen. Ein Jahr später, im Frühling 2022, scheint Luca vor dem Aus zu stehen. Doch dann stecken Investoren 30 Millionen Euro in das Unternehmen.
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