Speaker 2
Anführungszeichen Unterstützung aus den USA für diese Koalitionsverhandlungen konstant bleibt. Donald Trump, auf den kann man sich wirklich verlassen in diesem Sinne. Es wird an kuriosen, zum Teil gefährlichen Äußerungen auf jeden Fall nicht mangeln in den kommenden Tagen. Paul, lass uns zum zweiten Konflikt kommen, über den wir sprechen wollten. Und zwar der Auslegungsstreit, die Spin-Schlacht sozusagen, die es aktuell in Berlin gibt zwischen CDU und CSU auf der einen Seite, SPD auf der anderen Seite und zwar zum Thema Migration. Die große Frage lautet ja nach diesem Sondierungspapier, ist das die von Friedrich Merz versprochene Migrationswende? Und alles hängt so ein bisschen in dem einen Halbsatz. So, ich lese einfach mal den entscheidenden Satz und Halbsatz vor. Und zwar steht da, wir werden in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn Zurückweisung an den gemeinsamen Grenzen, auch bei Asylgesuchen, vornehmen. Und jetzt lautet die Frage, was bedeutet das eigentlich in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn? Von rechts gibt es beispielsweise Kritik, vor allem an der CDU, da heißt es ja, ihr habt alles aufgeweicht, Österreich, Polen und so weiter müssen erstmal zustimmen, bevor irgendjemand zurückgewiesen wird. hineinverhandelt hat und sagt, es wird keinen Alleingang geben, es muss alles rechtssicher sein, alles abgesprochen in Europa. Paul, obwohl du in Kiew bist, hast du natürlich viel Kontakt auch im politischen Berlin und du hast auch mit führenden SPD-Politikern gesprochen. Warum ist das den Sozialdemokraten so wichtig, dass diese Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn im Sondierungspapier
Speaker 1
steht. was wir als größtes Land in Europa nicht so einfach machen können. unbedingt braucht in dem Sondierungspapier, aber hat dann gesagt, wir können es nicht ohne diese Aussage in Absprache mit den europäischen Bündnispartnern. So in der SPD wird das jetzt so dargestellt, als würde das bedeuten, dass da erstmal ganz viele Verhandlungen passieren müssen, dass man auch nicht weiß, ob das vielleicht rechtlich dann noch unterbunden werden könnte. Also meine Ansicht ist so ein bisschen, die setzen darauf, dass das dann nach der Verabschiedung eines möglichen Koalitionsvertrages und dann Beginn der Regierung eben so kompliziert wird, wie es zum Beispiel unter Horst Seehofer und Angela Merkel geworden ist, als er Innenminister geworden ist. Auch da gab es ja einzelne Versuche, dort Bündnisse zu schließen und irgendwie diese Zahlen runter zu bekommen. Die Sozialdemokraten wollen auch die Zahlen runter bekommen, aber sie sagen, wir brauchen eben ein europäisches System und am Ende darf das nicht alleine an der nationalen Grenze passieren. Und da sehen sie eben, dass sie mit dieser Aussage sehr viel Spielraum haben, sehr viel Zeit gewonnen haben und einige in der SPD mit in Dichter gesprochen habe, die glauben auch nicht daran, dass das wirklich Erfolg haben kann, wenn zum Beispiel Österreich und andere sagen, da machen sie nicht mit. Da gab es jetzt unterschiedliche Aussagen. Der österreichische Kanzler Stocker hat ja zu uns gesagt, dass er das eigentlich positiv sieht, was da passiert ist. Matthias hat gleichzeitig gesagt, das kommt nicht in Frage, wir nehmen niemanden zurück. Also auch interessant innerhalb meiner Regierung diese beiden Positionen. Aber das ist so der Blick der SPD darauf.
Speaker 2
Ich habe heute mit führenden Politikern aus der Union gesprochen und die haben darauf verwiesen, dass die Formulierung ja ganz bewusst sei, in Abstimmung mit EU-Nachbarn und nicht im Einvernehmen. Und der Plan soll wie folgt sein, also Merz möchte tatsächlich ab Tag 1 deutlich mehr illegale Migranten zurückweisen, aber noch nicht Asylbewerber. Das heißt, wer Asyl sagt, wird weiterhin erstmal nach Deutschland kommen. Das soll dann im Idealfall nach Absprache mit den Nachbarn erfolgen, dass auch diese Menschen abgewiesen werden, im Notfall aber auch alleine. Und zwar will Merz, so hat man es mir gesagt, das hat er nämlich in einer internen Runde erklärt, er hat gesagt, dass er schon vor Amtsantritt als Bundeskanzler, also zwischen Ende der Koalitionsverhandlung und der Wahl zum Bundeskanzler, diese Zeit will er nutzen, um bereits mit den EU-Nachbarn zu sprechen, das sind etwa 14 Tage Zeit und in diesen 14 Tagen will er sie überzeugen mitzumachen. Und das Ziel ist eben ein Dominoeffekt. Also die anderen Nachbarn sollen genau das tun, was auch Deutschland plant. Denn Deutschland will nicht, dass einfach Migranten auflaufen vor deutschen Grenzen, dass da Zeltstädte entstehen, weil Deutschland alle zurückweist. Nein, sondern das Ziel ist, dass andere EU-Staaten eben auch Migranten zurückweisen und auch Asylbewerber zurückweisen und künftig die Asylverfahren nur noch an der EU-Außengrenze stattfinden. Und wenn das Erfolg hat, dann ist eben das Ziel, dass das aktuelle Asylsystem der EU komplett kaputtes, einfach Geschichte sein wird. Aber Paul, es hängt ja wie so oft nicht an Plänen, die die eine oder die andere Partei macht, sondern ganz konkret an der Umsetzung. Was hörst du, was glaubst du, wer bekommt denn das Innenministerium? Ja,
Speaker 1
das ist eine spannende Frage. Ich glaube, da sind mehrere Namen im Spiel gewesen. Alexander Dobrindt, der aber gleichzeitig als Landesgruppenchef der CSU weiter im Spiel ist und auch als Verteidigungsminister im Spiel war. Thorsten Frei wurde genannt, der aber als enger Vertrauter eigentlich als Kanzleramtschef gesetzt sein könnte. Jens Spahn wurde auch immer mal wieder genannt. Da kommt allerdings das Problem dazu, das sogenannte NRW-Problem, also dass mit Friedrich Merz, Carsten Linnemann schon zwei aus NRW gesetzt sind. Dann gäbe es einen dritten Ministerposten. Das ist nicht so ganz leicht. Also ich gehe davon aus, dass es ein Amt wäre, was Jens Spahn sehr gerne machen würde. Er steht ja für diese Migrationspolitik schon sehr viel länger und war damals als Gegner von Angela Merkel unterwegs, schon 2015. Hat viel Erfahrung gesammelt, einerseits als Staatssekretär im Finanzministerium, dann war er Minister, Gesundheitsminister. Aber ich glaube, es ist offen. Ich nehme an, es wird gerade für Markus Söder auch eine taktische Frage sein. Also Söder wird sich fragen, mit welchen Ministerien kann ich positive Nachrichten machen? also davon ausgeht, dass sie da Historisches schaffen können, nämlich ein ganz neues EU-Asylsystem, dann könnte ich mir vorstellen, dass man versuchen wird, das Ministerium zu übernehmen. 15, 20 Jahren so viele Minister, Regierungen, europäische Kommissare gescheitert, dass es schon ein kleines Wunder wäre, wenn diese Regierung das jetzt schaffen sollte. Das bedeutet nicht, dass man es sich nicht vornehmen sollte, gerade angesichts der großen Fehler, Probleme, der Stimmen für rechtspopulistische Parteien in ganz Europa. Also wahrscheinlich war nichts wichtiger in diesen Zeiten. Aber ich erinnere mich bei dieser Debatte, als wir ein Interview mit Daniel Thüm dort geführt haben, dem Migrationsexperten und Verfassungsexperten, der auch gesagt hat, also wenn man das machen würde, also tatsächlich dann versucht, das gesamte europäische Asylsystem zu verändern, dann würde das eigentlich das Leitthema, das Hauptthema für einen deutschen Bundeskanzler werden und dann natürlich auch für den Innenminister. Und dann bliebe kaum Zeit für etwas anderes. Also ja, hochspannende Frage, wer das am Ende bekommt. Also wir erinnern uns, der letzte CSU- Innenminister war Horst Seehofer. Da hat es nicht so wirklich funktioniert.
Speaker 2
Das stimmt. Und Horst Seehofer ist auch nicht ganz zufrieden mit der Einigung von CDU, CSU und SPD, wie er jetzt in der Bild am Sonntag erklärt hat, vor allem wegen der finanziellen Aspekte. Aber Paul, nochmal zum Migrationsstreit. Am Samstag wurde dieses Papier vorgestellt. Friedrich Merz, Lars Klingbeil, Saskia Esken und Markus Söder traten vor die Presse. Und es wurde erst mal große Einigkeit demonstriert. Und ein, zwei Tage später gibt es wirklich hier einen offenen Konflikt in der Auslegung. Denn die SPD sagt, man wird alles nur machen zusammen in Absprache mit europäischen Partnern. Und CDU und CSU sagen was anderes. Thorsten Frey hat beispielsweise heute zu Bild gesagt, wir wollen in Europa keine unnötigen Konflikte heraufbeschwören. Klar ist dabei aber auch, die Sicherheit unseres Landes steht für uns an erster Stelle. Das heißt, auch ein Alleingang ist möglich, wenn es darum geht, Asylbewerber zurückzuweisen. Wie belastend wird dieser Streit noch in den kommenden Wochen, wenn es um die Chorverhandlungen geht?
Speaker 1
jetzt in den ersten Tagen darum, das eigene Lager zu beruhigen. Also die SPD erzählt ihren Leuten, wir haben uns durchgesetzt, zumindest so, wie wir konnten. Und die Union sagt, schau an, Zurückweisung ist da drin. Aber in den Koalitionsverhandlungen geht es ja jetzt um die Details. Das wird nochmal ziemlich schwierig. Und dann, Philipp, ist eben die Frage, was passiert, wenn dann tatsächlich ein Innenminister, eine Innenministerin, ein Bundeskanzler das umsetzt. Und dann wird die Frage sein, ob es dann bereits zum offenen Konflikt zwischen der Union und der SPD um diese Frage geht. Also mein Eindruck war, dass das bislang zumindest, also auch so wie sie sich da präsentiert haben, das relativ harmonisch aussah, auch angesichts der sehr unterschiedlichen Persönlichkeiten, die da nebeneinander standen. Aber am Ende wird so etwas dann in Koalitionsausschüssen ausgefeitet und dann werden wir sicherlich eine Menge Streit erleben. Dann wird vom linkeren Teil der SPD viel kommen. Aber ich nehme mal an, sie wollen jetzt erstmal hier durch diese Chorverhandlungen kommen und da auch möglichst nicht zu sehr öffentlich streiten. Denn da geht es jetzt erstmal um einen Abschluss und dann geht es ja vor allem für die SPD und darum, das auch irgendwie durch einen Mitgliedentscheid zu bekommen. Paul, bevor es überhaupt
Speaker 2
an die Koalitionsverhandlungen geht, steht uns ja eine wirklich sehr spannende Woche bevor, denn all das, was man zum Thema Finanzierung, worauf man sich geeinigt hat, das muss ja erst einmal durch den Bundestag kommen. Und damit es durch den Bundestag kommt, bräuchte es, stand jetzt, auch eine Zustimmung der Grünen. Da haben sich aber gerade sehr mächtige Grüne einfach mal dagegen gestellt. Es gibt eine gemeinsame Stellungnahme von Mona Neubauer, der Vizeministerpräsidentin von NRW, von Daniel Bayers, dem Finanzminister von Baden-Württemberg und Björn Fekker, dem Bürgermeister und Finanzsenator von Bremen. Und ich erspare dir und unseren Zuhörerinnen und Zuhörern mal die ausführliche Begründung, die sich auch wirklich nicht den Hahn herbeigezogen ließ. Aber das Wesentliche ist, ohne wesentliche Änderungen halten wir die vorgeschlagenen Grundgesetzänderungen bezüglich der Finanzpolitik von Bund und Ländern für nicht zustimmungsfähig. Tja, und dann wird erklärt, weshalb nicht und was jetzt passieren müsste. Was für eine absurde Situation ist es, dass eine neue Koalition sich auf etwas einigt, aber noch die Zustimmung, dass eine andere Partei braucht, die gar nicht Mitglied dieser Koalition sein wird. Also was wird da jetzt passieren? Wird jetzt nochmal dieses Sondierungspapier aufgeschnürt und man holt die Grünen in
Speaker 1
die Verhandlungen? Oder wie wird das jetzt ablaufen? Das können sie eigentlich nicht machen, wobei ja Friedrich Merz schon so ein bisschen mehr Umweltschutz dann versprochen hat und irgendwie, ja, oder mehr Klimaschutz und da noch was machen will. aber freiwillig sein lassen, sich die Grünen damit abspeisen. Auf der anderen Seite haben ja sowohl Merz und auch Klingbeil recht, die Grünen kann ich mir nicht vorstellen, dass sie das jetzt Sondervermögen komplett blockieren werden am Ende, denn das würde ja bedeuten, dass auch Forderungen von ihnen nicht durchgesetzt werden könnten und dass gerade beim Thema Bundeswehr und Ukraine, wo die Grünen ja eigentlich noch eher oder noch mehr an der Seite waren der Union für bestimmte Forderungen als die SPD, dass sie das da nicht mitgehen. Aber ich denke, sie werden jetzt versuchen zu verhandeln und das war sicherlich auch nicht ganz glücklich, was da in den letzten Tagen passiert ist. hat es besonders gut auf den Punkt gebracht auf der Titelseite am Montag. Hallöchen, grüne Spinner, bitte helft mir. Und da sieht man Friedrich Merz mit einem Blumenstrauß. Ja, so ein bisschen ist, glaube ich, das Gefühl bei den Grünen. Die wurden irgendwie durchbeleidigt und von der Union niedergemacht und überhaupt neue Schulden auf keinen Fall. Und jetzt sollen sie einfach zu allem Ja und Amen sagen, da kann man die Grünen auch ein bisschen verstehen. Ist schon
Speaker 2
tragisch. Also die große Frage für die kommenden Tage wird sein, was ist stärker, das Rückgrat der Grünen oder der Druck von Donald Trump?
Speaker 1
Und diese Woche ist eben nicht nur im Bundestag High Noon, sondern auch in Saudi-Arabien bei den Verhandlungen. Und Donald Trump ist ja ohnehin jeden Tag irgendwo zu sehen oder er twittert oder er lässt sonst irgendetwas verlauten. Alles klar,
Speaker 2
Paul. Wir bleiben auf jeden Fall an beiden Themen dran. Sowohl dem russischen Krieg gegen die Ukraine und Donald Trump als auch natürlich die bald anstehenden Koalitionsverhandlungen. Danke dir wie immer für deine Einschätzung, Analysen und Insights und viele Grüße nach Kiew. Pass auf dich auf.
Speaker 1
Vielen Dank dir, Philipp, für die Insights, was die Union dort treibt und bin gespannt, wie es in Berlin weitergeht. Ich freue mich, dass ihr zugehört habt. Und noch mehr freuen würde ich mich darüber, wenn ihr eine Bewertung hinterlasst zu dieser Folge und wenn ihr generell meinen Podcast abonniert. Das wäre mir wirklich wichtig. Bedanken möchte ich mich bei der Redaktion Philipp Piatow und Daniel van Moll, bei der Produktion bei Serdar Dennis und für die Aufnahmen aus aller Welt bei Jorgos Mutafis und Vadim Moiseko.