Cicero – Magazin für politische Kultur
Was hat Jean Paul Sartre mit der Restitution der Benin-Bronzen zu tun? Warum führt der Postkolonialismus möglicherweise am Ende nur zu einem Rassismus zweiter Ordnung? Das sind Fragen, über die Ralf Hanselle, stellv. Chefredakteur von Cicero mit Mathias Brodkorb, Cicero-Autor und ehemaliger Finanzminister in Mecklenburg-Vorpommern im Cicero Podcast Gesellschaft sprechen.
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Mathias Brodkorb: Postkoloniale Mythen. Auf den Spuren eines modischen Narrativs. Eine Reise nach Hamburg und Berlin, Leipzig, Wien und Venedig, zu Klampen! Verlag 2025
Inhalt Podcast:
6:05 "Zunächst mal würde ich sagen, die gesamte Welt ist voller Ideologie und es wäre insofern überraschend, wenn Museen davon nicht betroffen wären." (Mathias Brodkorb)
10:40 "Und Jean-Paul Sartre, der Vorzeige-Intellektuelle, kann man sagen, der Pariser Studentenbewegung, also der linke Intellektuelle schlechthin, der schreibt ein Vorwort, wo er alle diese Thesen, alle diese Provokationen, alle diese Ausbrüche feiert, verherrlicht, (…) Und das ist schon ein atemberaubendes Bekenntnis und eines, das eigentlich sprachlos macht, wenn man irgendwie auch nur ein Funken innerlich zu tun hat mit humanistischem Denken." (Mathias Brodkorb)
14:50 "Wenn ein politischer Akteur in Deutschland ein solches Buch heute schriebe, wäre es ganz glasklar, dass der Verfassungsschutz das als extremistisch und verfassungsfeindlich definieren würde. Und in der Tat ist also die Bibel des Postkolonialismus ist extremistischer. Das ist im Sinne unserer Verfassung zutiefst antihuman und verfassungsfeindlicher. Und das ist aber gleichsam die, ja, das Lebenselixier postkoloniale Denkens. Das ist das Verrückte an der Angelegenheit." (Mathias Brodkorb)
20:21 "Und ich glaube, das ist aber wieder eine Hypothese, dass die Völkerkundemuseen gesagt haben, das ja wunderbar, guck mal. Mit Raubkunst kannst du öffentlich bedeutsam sein. In unseren Museen geht keiner mehr. Es interessiert uns sich keiner mehr für uns. Aber wenn wir uns an diese Schuldfrage ranklemmen, dann können wir plötzlich unglaublich relevante Player werden." (Mathias Brodkorb)
22:59 "Und das ist bis heute ein ganz großer Irrtum in der Debatte, dass wir ständig über die Restitution von Kunstgütern sprechen, obwohl die Herkunftsgesellschaften das nicht als Kunst verstehen." (Mathias Brodkorb)
25:45 "Also das, wo die postkolonialen Theoretiker einen Punkt haben, ist das Ausmaß, mit dem wir uns selbst mit der kolonialen Geschichte dieses Landes nicht beschäftigen. Also es gibt kaum Auseinandersetzungen in der Schule, es gibt kaum irgendetwas in der Universität. Und in der Öffentlichkeit wird auch nicht wirklich intensiv darüber diskutiert oder berichtet, es sei dann, es wird in solche Schulderklärungen, vereinfachte, sehr simplizistische Schulderklärungen gepackt." (Mathias Brodkorb)
28:40 "Das Niveau, das dort damals im Parlament herrschte, ist so um Längen höher als das, was uns heute als Bürgern in Parlamenten dargeboten wird, dass man sich eigentlich schämen muss." (Mathias Brodkorb)
39:37 "Es ist einfach unfassbar interessant. Also ich habe mich in die Kolonialgeschichte, kann man so sagen, verliebt, weil man einfach Demut entwickelt davor, wie vielgestaltig die Welt sein kann." (Mathias Brodkorb)
48:06 "Ja, kulturelle Aneignung ist sowieso ein absurder Begriff, also was soll man dazu sagen? (…) kulturelle Aneignung, dafür hatten wir mal einen ganz einfachen Begriff: Bildung und Weltläufigkeit." (Mathias Brodkorb)