
DAS ALTE ROM - Caesar!
Alles Geschichte - Der History-Podcast
Die grausame Eroberung Galliens
Dieses Kapitel behandelt die brutale Eroberung Galliens durch Cäsars Legionen und den erbitterten Widerstand der gallischen Stämme. Es wird die Tragödie von Vercingetorix und die verheerenden Folgen der römischen Eroberung für die Bevölkerung und das Land beleuchtet.
"Veni vidi vici" - Ich kam, sah, siegte: Julius Cäsar ist einer der Super-Promis der Weltgeschichte. Er eroberte Gallien, siegte im Bürgerkrieg, führte dabei das Ende der Republik herbei und legte die Grundlagen für die neue Ordnung des römischen Kaisertums, ohne es selbst zu wissen. Dass er einem Attentat zum Opfer fiel, hat die Faszinationskraft eher noch gesteigert. Von Brigitte Kohn (BR 2009)
Credits
Autorin: Brigitte Kohn
Regie: Martin Trauner
Es sprachen: Sabine Kastius, Thomas Loibl, Stefan Wilkening, Michael Habeck, Andreas Neumann
Technik: Roland Böhm
Redaktion: Hildegard Hartmann
Im Interview: Prof. em. Dr. Christian Meier
Besonderer Linktipp der Redaktion:
ARD (2025): Schlechte Gesellschaft – Die ARD Polit- und Psychokrimis
Verborgene Machenschaften, gesellschaftliche Abgründe und private Tragödien mit Tiefgang. Dieser Podcast entlarvt abgebrühte Schurken, toxische Verstrickungen, undurchsichtige Unternehmen und raffinierte Regierungen. Relevant, politisch und mit absoluter Nervenkitzel-Garantie – „Schlechte Gesellschaft“ gibt es in der Audiothek und überall, wo es Podcasts gibt. ZUM PODCAST
Linktipps
Deutschlandfunk (2023): Cäsar, Hitler, Putin – Tyrannenmord – Darf man einen Tyrannen töten?
"Gibt es einen Brutus in Russland?", fragte ein US-Senator kurz nach dem russischen Überfall auf die Ukraine. Es war eine Anspielung auf den Mann, der Cäsar umgebracht hat. Die Frage, ob Tyrannenmord legitim sein kann, stellte sich schon öfter. JETZT ANHÖREN
Radiowissen (2020): Kleopatra – Königin der Königinnen
Geheimnisvoll, exotisch, erotisch, attraktiv, klug, selbstbewusst und ehrgeizig. Kleopatra gilt als Schönheitsideal ihrer Zeit, der führende Staatsmänner wie Cäsar und Marc Anton bedingungslos verfallen. JETZT ANHÖREN
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Lesen Sie einen Ausschnitt aus dem Manuskript:
MUSIK
ERZÄHLERIN:
Rom. 44 vor Christus, der 15. März, früh am Morgen. Die Iden des März sind angebrochen. Für Cäsars Frau Calpurnia ist es kein guter Morgen. Sie hat schlecht geschlafen, und böse Vorahnungen plagen sie. Der griechische Historiker Plutarch weiß warum:
ZITATOR PLUTARCH:
„Es war nämlich auf Beschluss des Senats an Cäsars Haus als Zierde und Zeichen der Würde ein Firstschmuck angebracht, und Calpurnia träumte, wie er wieder herabgerissen wurde und wie sie darüber weinte und jammerte ...“
ERZÄHLERIN:
Als Plutarch seine Cäsar-Biographie schreibt, trennen ihn nur wenige Jahrzehnte von den Ereignissen. Er ist bestens informiert über alle Geschichten und Gerüchte rund um Cäsars Tod. Calpurnia, so schreibt er, habe ihren Mann angefleht, zu Hause zu bleiben, nicht in den Senat zu gehen. Man muss kein Traumdeuter sein, um zu wissen, wie gefährdet er ist. Die mächtigen Adelsfamilien, die Rom seit Jahrhunderten regieren, hassen Alleinherrscher, und Cäsar ist vor kurzem zum Diktator auf Lebenszeit ernannt worden. Der Senat, einst das mächtigste Gremium der römischen Republik, hat nicht mehr viel zu sagen. Trotzdem will Cäsar heute in die Sitzung. Er muss den Institutionen, Traditionen und Ritualen der Republik Respekt entgegenbringen, zumindest nach außen. Was er nicht weiß: Seine Mörder warten schon auf ihn. Kaum hat er seinen Sessel im Senat erreicht, umringen sie ihn, schweigend, scheinbar ehrerbietig. Plötzlich reißt ihm einer die Toga vom Hals. Das ist das Zeichen. Die Männer zücken Schwerter und Dolche.
ZITATOR PLUTARCH:
„Wohin sich Caesar wendete, überall zuckten Hiebe, fuhren ihm Klingen vor Gesicht und Augen hin und her, er wurde durchbohrt wie ein wildes Tier, sich windend unter den Händen seiner Mörder. Aber als er Brutus mit gezogenem Schwert unter den Gegnern erblickte, zog er die Toga übers Haupt und leistete keinen Widerstand mehr.“
ERZÄHLERIN:
Brutus ist der Sohn von Servilia, einer langjährigen Geliebten Cäsars; ein Mann mit Prinzipien. Der Althistoriker Christian Meier, emeritierter Professor an der Münchner Universität und Autor einer bahnbrechenden Cäsar-Biographie, erläutert die Motive der Verschwörer:
ORIGINALTON PROF. MEIER:
„Die Verschwörer waren der Meinung, dass die Republik wiederhergestellt werden müsse, und zwar wirklich nur dadurch, dass der Tyrann beseitigt wird. Es gab natürlich Leute, die man auch noch hätte beseitigen müssen, weil es ja nicht nur am Diktator hängt, sondern auch noch an anderen, aber Brutus, der ein philosophisch sehr ernsthaft gebildeter Mann und sehr überzeugter Mann war, Brutus war der Meinung, nur, wer sich der Tyrannis schuldig macht, darf und muss umgebracht werden. Und das war Cäsar.“
ERZÄHLERIN:
Doch die Hoffnung, dass die Republik nach dieser Tat in alter Frische wiederauflebt, erfüllt sich nicht. Die Verschwörer haben nicht gut genug geplant.
ORIGINALTON PROF. MEIER:
„Sie hatten keine Vorbereitung – dass man das Kapitol besetzt, das Forum besetzt, oder heute würde man sagen, Rundfunkstationen besetzt – was man so alles tut, wenn man einen Umsturz macht. Nichts davon.“
MUSIK
ERZÄHLERIN:
In den nächsten Jahrhunderten werden Kaiser das römische Weltreich regieren. Die Republik wird nicht zu retten sein. Sie kränkelte schon, als Cäsar noch jung war. Nur deswegen konnte er so viel Macht erringen. Cäsars Zeit ist die Zeit der großen Feldherrn. Ihre Eroberungen haben Rom zur Supermacht des Mittelmeerraums geformt. Daraus leiten sie Ansprüche ab, die Konflikte mit dem Senat zur Folge haben.
ORIGINALTON PROF. MEIER:
„Es ergaben sich einfach bestimmte Forderungen etwa aus Feldzügen, denn es hatte sich eingespielt, dass man die Soldaten hinterher ansiedelte. Man gab ihnen Land, von dem sie leben konnten. Dieses Land musste man entweder jemandem wegnehmen, das war natürlich schmerzlich, oder man konnte sich das Land in den Gebieten holen, wo man Kriege geführt hatte. Dies aber wollte wiederum der Senat nicht, weil er das Gefühl hatte, wenn da in größerem Stil römische Bürger und noch dazu Veteranen von großen Feldherren ganze Kolonien hatten, dann wären die auf die Dauer unkontrollierbar gewesen. Also der Senat stellte einen Gesichtspunkt in den Vordergrund, der hieß: Keiner darf zu mächtig werden. Denn wenn einer zu mächtig ist, dann geht das auf Kosten des Senats.“
MUSIK
ERZÄHLERIN:
Als Cäsar, geboren 100 v. Chr., am Anfang seiner Karriere steht, tobt in Rom der Bürgerkrieg, ausgelöst durch einen Konflikt zwischen den Feldherren Marius und Sulla, die zwei unterschiedlichen politischen Gruppierungen angehören. Sulla siegt, lässt sich für die Dauer des Notstandes zum Diktator ernennen und nimmt in einem wahren Blutrausch an seinen Gegnern Rache. Auch der junge Cäsar ist ernsthaft in Gefahr.
ERZÄHLERIN:
Um Sullas Häschern zu entgehen, begibt sich Cäsar zum Kriegsdienst nach Kleinasien. Erst nach Sullas Tod im Jahre 78 v. Chr. kommt er zurück und startet die übliche aristokratische Ämterlaufbahn. Seine Willenskraft, Kaltblütigkeit und Skrupellosigkeit sind damals schon sehr ausgeprägt. Das belegt ein Zwischenfall, den Plutarch überliefert hat. Auf einer Schiffsreise fällt Cäsar Piraten in die Hände. Er ist eine fette Beute, denn für einen römischen Adeligen müssen die Provinzstädte an der Küste Lösegeld zahlen. Cäsar schickt seine Leute los, um das Geld einzutreiben, und bewältigt die Lage an Bord auf seine Weise:
ZITATOR PLUTARCH:
„Während der 38 Tage, die er sich in ihrer Gewalt befand, spielte und turnte er ohne alle Furcht mit ihnen, als ob nicht er der Gefangene, sondern sie seine Trabanten wären. Er verfasste Gedichte und Reden und las sie ihnen vor, und wenn sie ihm keine Bewunderung zollten, schalt er sie unverblümt Barbaren ohne Bildung und Kultur. Oft stieß er lachend die Drohung aus, er werde sie aufknüpfen lassen – und die Kerle hatten ihre Freude dran, hielten sie ihn doch für einen harmlosen, lustigen Patron, der die losen Reden nicht lassen könne.“
ERZÄHLERIN
Doch kaum ist das Lösegeld da und Cäsar wieder frei, chartert der Spaßvogel ein paar Schiffe, verfolgt die Piraten und wirft sie in den Kerker von Pergamon. Der zuständige Statthalter soll sie hinrichten lassen, und zwar sofort. Doch der ist eher an Beutegeldern interessiert und will die Sache erst mal prüfen lassen. Also wird Cäsar selbst aktiv.
ZITATOR PLUTARCH:
„Er ließ die Seeräuber vorführen und bis auf den letzten Mann ans Kreuz schlagen!“
ERZÄHLERIN:
Cäsar schert sich nicht um Dienstwege und Zuständigkeiten. Sein Machtwille überragt den Geltungsdrang der übrigen Aristokraten um Einiges, und das will etwas heißen. Im persönlichen Umgang besticht Cäsar durch Liebenswürdigkeit und Charme. Er ist ein schöner schlanker Mann mit markanten Gesichtszügen und lebhaften schwarzen Augen, sehr gepflegt, immer perfekt gekleidet. Jeder bewundert seine Intelligenz, seine Bildung, seine Sprachbegabung, sein geschliffenes, schnörkelloses, gut verständliches Latein.
ZITATOR PLUTARCH
„In Rom fand Cäsar durch seine Reden viel Beifall, und die Freundlichkeit seines Grußes wie die Liebenswürdigkeit im Umgang gewannen ihm die Liebe des Volkes; denn solche Höflichkeit hätte man seiner Jugend nicht zugetraut. Auch seine Tafel, seine Gesellschaft und sein prunkvolles Auftreten ließen seinen Einfluss im öffentlichen Leben unmerklich steigen.“
ERZÄHLERIN:
Obwohl er im Senat mächtige Gegner hat, den sittenstrengen Cato beispielsweise und den überragenden Redner Cicero, geht es mit der Karriere Schlag auf Schlag. 59 v. Chr. ist er Konsul, das ist das höchste Amt. Damit hat er Anspruch auf eine Führungsrolle im Senat. Doch von Senatoren hält er nicht sehr viel. Es gibt Männer, die sind viel mächtiger. Pompeius zum Beispiel, der brillanteste Feldherr seiner Zeit, der große Eroberungen gemacht hat, besonders im Nahen Osten. Pompeius hat Schwierigkeiten mit dem Senat, weil er seine Veteranen mit Land versorgen will: Wie immer befürchten die Senatoren, er könne dadurch zu mächtig werden.
ORIGINALTON PROF. MEIER
„... Da hat Cäsar sich die Möglichkeit erspäht, durch ein Bündnis mit Pompeius über die normale Stufe eines Konsulars (...) hinauszukommen und eine Art Sonderstellung, ganz ähnlich wie Pompeius, zu gewinnen. Dann hat er sich die Forderungen des Pompeius zu eigen gemacht, hat sie durchzubringen versucht, das war nicht leicht, weil der Senat mit allen Mitteln Widerstand geleistet hat.“
ERZÄHLERIN:
Cäsar und Pompeius verbinden sich Ende des Jahres 60 v. Chr. gemeinsam mit Crassus, einem steinreichen Immoblilienspekulanten, zum Ersten Triumvirat. Das ist ein informeller Freundschaftsbund zur wechselseitigen Unterstützung, der es den dreien ermöglicht, dem Senat ihren Willen aufzuzwingen. Der Graben zwischen Cäsar und den Senatoren wird immer tiefer – und so ist Cäsar froh, dass er als Konsul auch die Statthalterschaft über zwei Provinzen beanspruchen kann. Der römische Historiker Sueton, der nur ein Vierteljahrhundert nach Cäsars Tod geboren wurde, wittert dahinter völlig zu Recht das Streben nach Macht und Geld:
ZITATOR SUETON:
„Cäsar wählte sich aus der Gesamtzahl der Provinzen vornehmlich Gallien aus, ein Land, das ihm finanziell großen Vorteil zu bieten schien, und dessen günstige Beschaffenheit berechtigte Aussicht auf Triumphe verheißen mochte.“
ERZÄHLERIN:
Noch sind nur das Gebiet um die Poebene und die heutige Provence in römischer Hand. Das restliche Gallien wird von Stammesfürsten beherrscht, die Rom noch nicht unterworfen hat. Das aber kann man ändern – und Cäsar wird es ändern.
ZITATOR CÄSAR:
Gallia est omnis divisa in partes tres .... Gallien, im umfassenden Sinne genommen, zerfällt in drei Teile, davon bewohnen einen die Belger, den zweiten die Aquitaner, den dritten aber die Völker, die in ihrer eigenen Sprache Kelten, in unserer Gallier heißen.“
ERZÄHLERIN:
Wer in der Schule Latein gelernt hat, kennt diese Sätze. Sie stammen von Cäsar selbst, der ein Buch über den Gallischen Krieg geschrieben hat, in einem so makellosen und klaren Latein, dass sogar Cicero es bewundert. Für Cäsar ist das Buch ein Propagandamittel. Er will zeigen, dass er den Krieg mit den besten Absichten begonnen und mit unglaublicher Tatkraft durchgezogen hat. Schuld am Krieg, so lesen wir bei Cäsar, sind die Helvetier, weil die aus ihrem Siedlungsgebiet in der Schweiz ausbrechen und sich ein neues suchen wollen. Sie baten Cäsar zwar höflich um Erlaubnis, durch seine Provinz ziehen zu dürfen, aber der denkt nicht daran, sie zu erteilen. Er sucht ja einen Grund, um loszuschlagen.
ZITATOR CÄSAR (DE BELLO GALLICO):
„Auch hielt er es nicht für wahrscheinlich, dass Leute von so feindseliger Gesinnung jegliche Unbill und Gewalttätigkeit vermeiden würden, wenn ihnen einmal die Möglichkeit des Durchzuges durch die Provinz gegeben wäre.“
ERZÄHLERIN:
Cäsar stellt seine Angriffshandlungen stets so dar, als seien es Defensivmaßnahmen mit dem einzigen Ziel, Rom und seine Provinzen zu schützen. Nach dem Sieg über die Helvetier geht es gegen den Germanenkönig Ariovist, der ebenfalls vorhat, sein Herrschaftsgebiet auszudehnen. Cäsars Legionäre sehen dem Feind mit Heulen und Zähneklappern entgegen, denn über die Germanen kursieren die wildesten Gerüchte.
ZITATOR CÄSAR:
„Es rühmten nämlich jene die Germanen als Leute von riesigem Körperbau, unglaublicher Tapferkeit und Gewandtheit im Gebrauch der Waffen; gar oft wären sie mit ihnen zusammengetroffen, hätten aber nicht einmal ihre Miene und den stechenden Blick ihrer Augen ertragen können. In den Zelten versteckt beklagten sie entweder ihr Los oder jammerten mit ihren Vertrauten über die gemeinsame Gefahr. Allenthalben im ganzen Lager wurden Testamente gemacht.“
ERZÄHLERIN:
Je furchteinflößender der Feind, desto strahlender der Sieg über ihn. Je ängstlicher die Soldaten, desto beeindruckender die Fähigkeiten des über alle Furcht erhabenen Feldherrn. Mit flammenden Reden facht Cäsar den Kampfgeist der Legionäre immer wieder an. Und er begeistert sie durch seine Bereitschaft, alle Strapazen und Entbehrungen mit ihnen zu teilen. Seine Zähigkeit ist geradezu unheimlich. Und das, obwohl er, wie Plutarch berichtet, eine eher anfällige Konstitution hat.
ZITATOR PLUTARCH:
„Er war von hagerer Gestalt und hatte eine zarte weiße Haut, auch litt er unter Kopfschmerzen und wurde von epileptischen Anfällen heimgesucht. Durch lange Märsche und karge Kost, durch ständigen Aufenthalt unter freiem Himmel und harte Anforderungen an seinen Körper kämpfte er gegen das Übel an, erhielt sich widerstandsfähig. Er schlief meistens im Wagen oder in der Sänfte, um auch während der Ruhezeit tätig zu sein.“
ERZÄHLERIN:
Ariovist wird besiegt, ein Stamm nach dem anderen unterworfen. Die Römer erobern ganz Gallien bis hoch an die Nordsee. Immer wieder kommt es zu grauenhaften Massakern. Den Einwohnern der aquitanischen Stadt Uxellodonum, die nicht sofort klein beigeben, lässt Cäsar beide Hände abhacken. Historiker beziffern die Zahl der Opfer des Krieges auf 1,2 Millionen, eine weitere Million wird versklavt. Nicht alle Gallier sterben durch das Schwert, viele verhungern. Die römischen Legionen beschlagnahmen die Ernte, roden die Wälder, vertilgen ganze Rinderherden. Dennoch geben die Gallier nicht kampflos auf. Anfang des Jahres 52 einigt der Avernerkönig Vercingetorix die Stämme unter seiner Führung und bringt die Römer in ernste Bedrängnis. Doch im Sommer, nach der Belagerung von Alesia, die grausame Opfer unter der Zivilbevölkerung fordert, muss Vercingetorix aufgeben. Plutarch schildert das traurige Finale:
ZITATOR PLUTARCH:
„Vercingetorix, der oberste Befehlshaber im Kriege, bewaffnete sich auf das Prächtigste und ritt dann auf glänzend aufgezäumtem Pferd zum Tor hinaus. Einmal sprengte er im Kreis um das Tribunal, auf welchem Cäsar Platz genommen hatte, sprang dann vom Pferde, nahm die Rüstung ab und setzte sich zu Cäsars Füßen nieder, ruhig wartend, bis man ihn in den Kerker führte, wo er für den Triumph aufgespart werden sollte.“
ERZÄHLERIN:
Vercingetorix schmachtet sechs Jahre im römischen Staatsgefängnis, ehe er im Triumphzug durch die Straßen von Rom geführt wird. Gleich anschließend erwürgt ihn der Henker. - Gallien ist befriedet – wenn man das so nennen will. Denn Cäsar kümmert sich wenig um das verwüstete Land, überlässt es skrupellosen Steuereintreibern und landgierigen Soldaten. Dennoch: Die Eroberung Galliens ist größer als alle Eroberungen zuvor. Sie prägt die Geschichte Europas für immer. Rom ist nicht länger nur ein Mittelmeerreich.
ORIGINALTON PROF. MEIER
„Aber nun grenzt Rom an die Nordsee und an den Rhein und wird auf diese Weise erheblich vorangeschoben. (...) Denn im römischen Reich muss man ja, grob gesagt, unterscheiden zwischen dem Osten, der wesentlich griechisch und hellenistisch geprägt ist, und dem Westen, der zivilisatorisch hinter den Griechen sowieso, aber auch hinter Rom und Italien zurücksteht. Und da wächst dann ja die eigentliche römische Zivilisation. Auf diese Weise wird, wenn man so will, Westeuropa stark gemacht.“
ERZÄHLERIN:
Doch in Rom gibt es schwere Unruhen. Pompeius befürchtet, gegenüber Cäsar ins Hintertreffen zu geraten und sucht den Schulterschluss mit dem Senat. Cäsar hingegen soll aus Gallien abberufen werden. Das ist ein Angriff auf seine Ehre, den er nicht hinnehmen kann. 49 v. Chr. überschreitet er den Grenzfluss Rubicon und führt seine Truppen gegen Rom.
ZITATOR CAESAR:
„Alea iacta est – Der Würfel ist geworfen!“
ERZÄHLERIN:
Es folgt ein blutiger Bürgerkrieg gegen Pompeius und die mit ihm verbündeten Provinzen. Wie viele Zeitgenossen ist auch der berühmte Redner und Schriftsteller Cicero von Cäsars unbändigem Machtwillen entsetzt.
ZITATOR CICERO:
Dieser elende, wahnsinnige Kerl, der niemals auch nur einen Hauch des Edlen verspürt hat! Und da sagt er noch, er tue dies alles, um seine Ehre zu wahren. Aber was heißt Ehre ohne Anstand? Ist es etwa anständig, ein Heer in der Hand zu haben, das einem nicht der Staat gegeben hat?“
ERZÄHLERIN:
Pompeius flieht nach Ägypten, was sich als schwerer Fehler erweist: Die Ägypter sind zwar keine römische Provinz, aber doch so abhängig von der römischen Großmacht, dass sie ängstlich darauf schielen, wer dort wohl der Mächtigste ist. Man setzt auf Cäsar, bringt Pompeius in vorauseilendem Gehorsam um und präsentiert seinem Gegner seinen Kopf. Plutarch berichtet:
ZITATOR PLUTARCH:
„Aber Cäsar wandte sich erschüttert ab. Unter Tränen nahm er dann den Siegelring seines Widersachers entgegen.“
ERZÄHLERIN:
Der Versuch der jungen Königin Kleopatra, Cäsars Gunst zu gewinnen, gestaltet sich da schon angenehmer. Sie lässt sich, wie Plutarch berichtet, in einen Bettsack einnähen und sozusagen als Wäschebündel verkleidet auf den Schultern eines Dieners in Cäsars Residenz tragen. Andere Quellen erzählen, es sei ein Teppich gewesen, aus dem sich Kleopatra ebenso effektvoll wie erotisch herausgeschält haben soll. Wie auch immer: Cäsar hat’s gefallen.
ZITATOR PLUTARCH:
„Schon dieser listige Einfall, der Kleopatras mutwilliges Wesen verriet, gewann Cäsars Herz, und vollends erlag er ihrer Anmut und dem Reiz ihres Umgangs.“
ERZÄHLERIN:
Cäsar zu verführen ist nicht weiter schwierig, Frauengeschichten hat er ja ständig. Doch die 21-jährige Kleopatra ist eine Herausforderung der ganz besonderen Art: Vollblutweib und Vollblutpolitikerin, Gottkönigin aus einer uralten Dynastie, machtbewusst und mit allen Wassern gewaschen, hoch gebildet, klug, von bestrickendem Charme. Plutarch beschreibt sie so:
ZITATOR PLUTARCH:
„Ihre Schönheit war, wie man sagt, nicht ganz so unvergleichbar noch von der Art, dass sie gleich beim ersten Anblick Aufsehen erregen konnte. Allein der nähere Umgang mit ihr hatte einen unwiderstehlichen Reiz, und ihre Gestalt, verbunden mit der einnehmenden Unterhaltung und ihren feinen Sitten, machte immer einen tiefen Eindruck.“
ERZÄHLERIN:
Kleopatra braucht Cäsars Hilfe, denn ihr Bruder und Mitregent Ptolemäus hat sie aus dem Palast verjagt. Cäsar greift in die ägyptischen Thronstreitigkeiten ein und setzt Kleopatra wieder in ihre Rechte. Dann aber ist ihm die Politik plötzlich ganz egal. Der römische Geschichtsschreiber Sueton berichtet:
ZITATOR SUETON:
„Am meisten aber war er in Kleopatra verliebt. In ihrer Gesellschaft tafelte er oft bis zum frühen Morgen; auf ihrem Prachtschiff wäre er durch Ägypten fast bis nach Äthiopien gefahren, wenn sich nicht sein Heer geweigert hätte, ihm zu folgen.“
ERZÄHLERIN:
Cäsars Offizieren vergeht die Reiselust angesichts der Tatsache, dass sich in vielen Provinzen die Anhänger des toten Pompeius sammeln. Bis heute wundern sich die Forscher darüber, dass Cäsar in seinem Schiff auf dem Nil den Bürgerkrieg wochenlang völlig ignoriert. Keiner findet eine andere Erklärung als die: Die Liebe war ihm wichtiger. Danach geht das Siegen aber umso schneller. 47 v. Chr. nimmt Cäsar die letzten feindlichen Provinzen im Sturm.
ZITATOR CÄSAR:
„Veni, vidi, vici, ich kam, sah, siegte!“
ERZÄHLERIN:
Er kehrt nach Rom zurück und wird zum Diktator ernannt, erst für 10 Jahre, dann auf Lebenszeit. Mit seinen Gegnern in Rom verfährt er überraschend großmütig, denn er braucht ihre Gunst. Von den Neuerungen, die er in die Wege leitet, hat sich bis heute die Kalenderreform erhalten – der Monat Juli ist nach Cäsar benannt. Befremdlich wirkt die Flut von Ehrungen, die der Senat auf Cäsar nieder regnen lässt. Die Anhäufung von Ämtern und Auszeichnungen steigt ihm zu Kopf und macht ihn angreifbar.
ORIGINALTON PROF. MEIER:
„Es gibt da eine Theorie, schon in der Antike, die besagt, man habe ihn wie ein Opfertier geschmückt. Das heißt, indem man ihn wie ein Gott da herausgehoben hat, hat man ihn auch angreifbar gemacht, weil die Leute gesagt haben, der muss beseitigt werden, denn so einen Gott auf Erden, den können wir hier gar nicht brauchen.
MUSIK
ERZÄHLERIN:
Das Ende ist bekannt. Cäsars blutverschmierte Leiche liegt im Sitzungssaal des Senats, ausgerechnet zu Füßen einer Statue des Pompeius. Die Wirren nach seinem Tod münden in das Prinzipat unter Cäsars Adoptivsohn Oktavian, dem späteren Kaiser Augustus. Das Attentat hat den Nimbus um Cäsars Person noch gesteigert, vielleicht sogar erst entstehen lassen.