
CL073 Die Plejaden: zwischen Mythos, Astronomie und Menschheitsgeschichte
Cosmic Latte
Sonnen-Geschwister und HD 162826
Diskussion über mögliche Sonnen-Geschwister, insbesondere den Kandidaten HD 162826.
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In dieser Episode erkunden Eva und Jana die Plejaden, ein gut sichtbarer Sternhaufen am Himmel. Sie geben der Menschheit seit Urzeiten Orientierung - am Himmel, in der Landwirtschaft, im Jahreslauf und sie finden sich in den Erzähltraditionen vieler Kulturen. Wir erkunden die Verbindung zwischen Astronomie, Mythologie und Menschheitsgeschichte und werfen einen Blick auf die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse. Denn hinter dem vertrauten Siebengestirn liegt eine kosmische Familie ungeahnten Ausmaßes verborgen.
Die Plejaden
Die Plejaden gehören zu den faszinierendsten Objekten am Nachthimmel. Der offene Sternhaufen im Sternbild Stier, katalogisiert als M45, ist mit bloßem Auge sichtbar und begleitet die Menschheit bereits seit Jahrtausenden und findet sich in zahlreichen Mythen rund um den Globus. Das sogenannte Siebengestirn oder die Sieben Schwestern, wie die Plejaden auch genannt werden, ist erst rund 120 Millionen Jahre alt und etwa 444 Lichtjahre von der Erde entfernt. Als offener Sternhaufen besteht M45 aus einigen Hundert gemeinsam entstandenen Sternen, die sich aus derselben Molekülwolke gebildet haben. Im Gegensatz zu den dichten, uralten Kugelsternhaufen sind offene Sternhaufen relativ locker, jung und kurzlebig, denn ihre Sterne werden durch Sternwinde und Gravitationseinflüsse schnell auseinandergetrieben.
Der Mythos hinter dem Siebengestirn
Die Plejaden tragen ihre Namen aus der griechischen Mythologie: Alkione, Electra, Maia, Merope, Taygete, Celaeno und Asterope. Sie sind die Töchter des Titanen Atlas und der Okeanide Pleione. Viele Kulturen erzählen Varianten derselben Geschichte: Die sieben Schwestern werden verfolgt, im griechischen Mythos etwa vom Jäger Orion, den Zeus durch die Verwandlung in Sterne abwehrt. Bemerkenswert ist, dass ähnliche Erzählungen weltweit existieren: Bei australischen Aborigines, lange bevor Europäer den Kontinent erreichten, werden ebenfalls sieben Schwestern von einer männlichen Figur verfolgt. Bei Cherokee, Lakota oder Kiowa in Nordamerika fliehen sieben Mädchen vor einem Bären oder Monster. Im Hinduismus sind die Plejaden die Ammen des Kriegsgottes Kartikeya, im südafrikanischen Zulu-Glauben verkörpern sie feminine Kraft.
Diese verblüffende kulturelle Übereinstimmung wirft eine spannende Frage auf: Sind die Geschichten der Sieben Schwestern unabhängig entstanden oder handelt es sich um eine der ältesten Sagentraditionen der Menschheit?
Auch in Mitteleuropa spielten die Plejaden eine bedeutende Rolle. Auf der Himmelsscheibe von Nebra, der ältesten bekannten konkreten Himmelsdarstellung, rund 3.700 bis 4.100 Jahre alt, markieren sieben Punkte über einer Mondsichel höchstwahrscheinlich das Siebengestirn. Für die Menschen der Bronzezeit waren die Plejaden ein wichtiges saisonales Signal: ihr heliakischer Aufgang im März kündigte die Aussaat an, ihr Verschwinden im Herbst markierte das Ende des Erntejahres. Ähnliche Bedeutungen finden sich in vielen Kulturen. Für die Römer signalisierten die Plejaden den Beginn der Erntezeit. Bei den Beduinen steht ihr Aufgang für den Sommer, ihr Untergang für den Winter. Die Massai orientieren sich bis heute bei der Regenzeit an ihnen. Für die Blackfoot in Nordamerika gaben die Plejaden einst den Zeitpunkt großer Bisonjagden vor.
Die Plejaden in der modernen Astronomie
Moderne Astronomie zeigt, dass die Plejaden auch wissenschaftlich ein außergewöhnliches Objekt sind. Viele Sterne entstehen gemeinsam in dichten Gaswolken. So hatte auch unsere Sonne Geschwister, die heute weit von ihr entfernt sind. Ein möglicher Sonnengeschwisterstern ist HD 162826, rund 110 Lichtjahre entfernt, chemisch nahezu identisch und vermutlich einst in unmittelbarer Nähe der jungen Sonne. Doch diese stellaren Familien lösen sich rasch auf. Deshalb untersuchen Astronominnen und Astronomen heute mithilfe präziser Daten des Gaia-Katalogs und des TESS-Weltraumteleskops, welche Sterne gemeinsame Bewegungen, Zusammensetzungen und Altersmerkmale teilen.
Neue Entdeckungen
Eine neue Entdeckung zeigt nun: Die Plejaden sind nicht einfach nur ein kleiner Sternhaufen, sondern Teil eines gigantischen Greater Pleiades Complex. Dieser erstreckt sich über mehr als 1.500 Lichtjahre und umfasst Tausende Sterne sowie mindestens drei bis fünf weitere Sternhaufen, die alle zur selben kosmischen Familie gehören. Drei dieser Haufen standen den Plejaden früher besonders nahe. Damit ist das Siebengestirn tatsächlich das leuchtende Herzstück eines riesigen, weit in der Milchstraße verstreuten stellaren Clusters. Solche Untersuchungen könnten eines Tages sogar helfen, die verlorene Geburtsumgebung unserer eigenen Sonne zu rekonstruieren.
Termine
- Dezember 2025, 19:30 Uhr: Was wäre, wenn es die Astronomie nicht gäbe? Live Podcast "Erklär mir die Welt" mit Andreas Sator und Eva als Gast im Planetarium Wien, Oswald Thomas Platz 1, 1020 Wien
Karten erhältlich bei VHS Wien
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