
#325 Die Wahrheit hinter dem KI-Hype: Wann Euphorie zur Gefahr wird!
Der Börseninvestor - Aktien, Börse & Geldanlage mit Ulrich Müller
Unternehmenszahlen und Index-Divergenz
Ulrich beschreibt, wie große Titel die Indizes treiben und die breite Marktteilnahme hinterherhinkt.
Der Markt ist außer Rand und Band: Der Oktober bescherte Anlegern erneut zweistellige Zuwächse – angeführt von der ungebremsten KI-Euphorie. In diesem Marktupdate analysiere ich die erstaunlichen Parallelen zur Dotcom-Blase, zeige auf, warum die US-Notenbank trotz hoher Inflation die Zinsen senkt und welche Aktien abseits des KI-Hypes jetzt interessant werden
Das erwartet Dich in dieser Folge:
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Das Zinsdilemma: Warum die FED trotz Inflation die Zinsen senkt
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Die Oktober-Bilanz: So performten die globalen Indizes
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Deutschlands Problem: Wachstumsdelle statt Aufschwung
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KI-Blase oder nachhaltiger Boom? Die Parallelen zu Dotcom
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Big Tech: Die Zahlen von Alphabet, Microsoft und Meta
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Ausblick November/Dezember: Warum ich vorsichtig optimistisch bleibe
Die Aktienmärkte im Oktober sind ziemlich hoch. Während Deutschland mit über drei Millionen Arbeitslosen und massiven Wirtschaftsproblemen kämpft, klettern die Börsenindizes in schwindelerregende Höhen. Der DAX übersprang die 24.000-Punkte-Marke, der Dow Jones kratzt an 48.000 und die Nasdaq erreichte über 26.000 Punkte.
Doch diese scheinbare Euphorie trügt. Wir erleben eine gefährliche Abkopplung von der Realwirtschaft. Der Ifo-Chef warnt eindringlich vor einer 20-jährigen Wachstumsdelle für Deutschland, ähnlich dem japanischen Schicksal. Seine Forderung: Eine sofortige Agenda mit Maßnahmen, die bis Februar umgesetzt werden müssen – Senkung der Energiepreise, Reduzierung der Lohnnebenkosten, massive Investitionen in Digitalisierung und Infrastruktur. Natürlich auch im Rüstungsbereich wird gerade viel investiert. Aber wir müssen endlich wieder auf Wachstum kommen.
Mitten in dieser angespannten Lage hat die US-Notenbank (FED) zum zweiten Mal in diesem Jahr die Zinsen gesenkt, und das, obwohl die Inflation mit rund 3 Prozent deutlich über dem Zielwert von 2 Prozent liegt. Die Begründung: Schwächezeichen am Arbeitsmarkt. Die Leitzinsen wurden um einen Viertelpunkt auf die neue Spanne von 3,75 bis 4 Prozent gesenkt. Jetzt diskutieren sie das wieder. Auch US-Präsident Trump hat wiederholt deutlich massivere Zinssenkungen sogar gefordert, damit die Kredite günstiger gemacht werden und die Weltwirtschaft am Ende angekurbelt wird.
Diese Entscheidung war alles andere als einstimmig. Zwei FED-Vorstände stimmten gegen die Leitzinssenkung, andere wollten sogar eine Halbpunkt-Senkung. Die Diskussion über weitere Zinssenkungen im Dezember bleibt offen, denn die Notenbank steht vor einem klassischen Dilemma: Einerseits die schwächelnde Konjunktur stützen, andererseits die Inflation nicht weiter anheizen.
Die Oktober-Bilanz: So performten die globalen IndizesDie Earnings der Unternehmen, die wir uns gleich anschauen, muss man mit Vorsicht betrachten, da die Unternehmen die Erwartungen im Vorfeld ein wenig runterschrauben, um dann ein Stück weit überperformen zu können. Was ganz klar zu sehen ist, dass die Märkte eine extreme Divergenz aufweisen.
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Dow Jones: von 46.397 auf 47.632 Punkte (+2,6 %)
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Nasdaq: von 24.679 auf 26.119 Punkte (+5,5 %)
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S&P 500: von 6.688 auf 6.890 Punkte (+2,9 %)
Besonders bemerkenswert: Die gleichgewichtete Nasdaq stieg nur um 3,6 %, was deutlich macht, dass der Index von den schwergewichtigen „Big Seven" getrieben wird. Der gleichgewichtete S&P 500 liegt bei einem Plus von 1,1 %. Auch da sieht man wieder, dass die Großen den Indizes nach oben reißen, aber die Masse der Märkte nicht mitkommt.
Die Schwäche des breiten Marktes wird besonders beim Russell 2000 mit mittleren und kleinen Unternehmen sichtbar: Er legte von 2.436 auf 2.520 Punkte zu (+3,5 %). Der MSCI World stieg von 4.306 auf 4.430 Punkte (+2,6 %).
Der DAX hing etwas zurück: von 23.880 auf 24.120 Punkte (+1,9 %). Alle Zahlen beziehen sich auf den 30.10.25, der 31. ist also nicht mit drin.
Bei den Rohstoffen zeigte sich eine volatile Entwicklung:
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Öl: leicht rückläufig von 62,37 auf 61,31 USD (-1,7 %)
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EUR/USD: stabil bei etwa 1,17
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Gold: Nach einem Höhenflug bis auf 4.400 USD korrigierte das Edelmetall auf rund 3.980 USD – ein Verlust von über 10 % vom Hoch.
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Silber: Noch dramatischer verlief die Korrektur von über 54 USD auf rund 46 USD – fast 17 % Verlust vom Allzeithoch.
Der Bitcoin war bei 114.000, steht immer noch bei 114.000. Der verändert sich im Moment gerade nicht so richtig und ist relativ eingefroren. Das Gleiche gilt auch für den UM Strategy Fund mit einem ganz kleinen Plus.
Deutschlands Problem: Wachstumsdelle statt AufschwungWährend die Finanzmärkte scheinbar sorgenfrei steigen, offenbart sich in Deutschland ein dramatisches realwirtschaftliches Bild. Die Lage ist ernst: Über drei Millionen Arbeitslose, pleitegehende Autozulieferer und massive Probleme in Schlüsselindustrien wie Metall- und Anlagenbau zeichnen ein düsteres Bild.
Das Kernproblem: Ein gewaltiger Investitionsstau. Deutschland befindet sich bei Investitionen wieder auf dem Niveau von 2015 – ein alarmierender Rückschritt. Geld, das heute nicht investiert wird, fehlt morgen als Wachstumstreiber. Diese Unterinvestition wird ihre volle Wirkung erst in den kommenden ein bis drei Jahren entfalten.
Während die EZB die Zinsen bereits mehrfach gesenkt hat, steht die deutsche Politik „komplett am Anschlag". Die dringende Notwendigkeit: Eine sofortige Wachstumsagenda, die Energiepreise senkt, Lohnnebenkosten reduziert und die Digitalisierung vorantreibt. Die Zeit drängt, um eine 20-jährige Wachstumsdelle wie in Japan zu verhindern. Wir brauchen eine ähnlich konsequente Reformagenda wie die Agenda 2010, die damals die Weichen für wirtschaftlichen Aufschwung stellte.
KI-Blase oder nachhaltiger Boom? Die Parallelen zu DotcomDeutschland droht den Anschluss an die technologische Zukunft zu verlieren. Während die Welt in die KI-Revolution startet, hinken wir bereits bei der Basisdigitalisierung hinterher. Ein erschreckendes Beispiel aus dem Healthcare-Bereich: Nur 15 Prozent der deutschen Ärzte und Zahnärzte sind so digitalisiert, dass sie KI überhaupt sinnvoll einsetzen könnten.
Doch was bedeutet der KI-Hype wirklich? Nach Gesprächen mit zwei international führenden KI-Experten kann ich sagen: Die Technologie ist revolutionär, hat aber klare Grenzen. Beide Experten betonten, dass sie bei kritischen Entscheidungen – insbesondere im Investmentbereich – „den Knopf noch selbst drücken" würden. KI kann vor-analysieren, Daten sichten und aufbereiten, aber die finale Entscheidung bleibt menschliche Verantwortung. Diese Einschätzung ist entscheidend, um den aktuellen KI-Rausch an den Märkten richtig einzuordnen.
Die Kluft zwischen der Hightech-Euphorie und der Realwirtschaft könnte kaum größer sein. Während NVIDIA mit einer Marktkapitalisierung von über 5 Billionen US-Dollar und einem Spitzenkurs von rund 212 Dollar neue Dimensionen erreicht, zeigt der breite Markt ein völlig anderes Bild.
Diese extreme Diskrepanz wird durch die Index-Performance deutlich: Die gleichgewichteten Indizes performten weit schwächer als ihre kapitalisierungsgewichteten Pendants. Während die „Big Seven" die Märkte nach oben treiben, hinkt die breite Masse der Unternehmen hinterher – ein klassisches Zeichen für eine überhitzte Spekulation in einem eng umrissenen Sektor.
Big Tech: Die Zahlen von Alphabet, Microsoft und MetaDie Quartalszahlen der Tech-Giganten untermauern den KI-Boom mit beeindruckenden Zahlen. Alphabet (Google), Meta und Microsoft verzeichneten durch die hohe Nachfrage nach KI-Produkten zweistellige Wachstumsraten. Noch bedeutsamer ist jedoch ihre Investitionsaggressivität: Alle drei Unternehmen kündigten an, ihre KI-Investitionen massiv auszuweiten.
Doch der eigentliche Game-Changer wird oft übersehen: Die KI-Infrastruktur im Hintergrund. Während sich die Aufmerksamkeit auf NVIDIA, AMD und OpenAI konzentriert, bleiben die entscheidenden Faktoren weitgehend unbeachtet:
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Netzwerke und Internet-Infrastruktur
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Stromversorgung und Energie
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Rechenzentren und Cloud-Kapazitäten
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Prozessoren und Hardware
Im Moment wird für mich nur der Prozessorenbereich gespielt, aber die anderen Bereiche eher nicht. Ich kann für mich sagen, dass ich hier wieder sehr große Chancen sehe. Das habe ich damals auch im Internet gesagt. Die Dotcom-Krise war natürlich bitter und tiefgehend. Auf der anderen Seite muss man sagen, dort ist das Gleiche passiert, was auch mit KI passiert. Die Leute gucken immer erst mal jetzt vorne. Internet ist toll. Aber was dahinter passiert, das vergisst man dabei oft. Bei KI ist es genau das Gleiche.
Im Moment laufen die Unternehmen, wo gefühlt KI drin steht im Namen. Das war damals wie bei Dotcom. Da sind auch die Unternehmen nur gelaufen, der Rest nicht mehr. Aber das Ganze wird sich auch wieder verschieben. Ich erwarte, dass das Ganze noch ein Stück weit mehr nach oben gehen kann – und das ist auch die Gefahr.
Sollte die Nasdaq die gleiche Übertreibung wie während der Dotcom-Blase erreichen, könnte sie bis auf 50.000 Punkte steigen – eine Verdopplung vom aktuellen Niveau. In diesem Szenario würde Nvidia statt 5 Billionen sogar 10 Billionen Dollar wert sein.
Und jetzt sind die Fragen: Wie geht das Ganze? Wie läuft das Ganze? Und wenn wir uns dort eben mal Zahlen anschauen von den großen Unternehmen, dann muss man sagen, dass die großen Gas gegeben haben.
Und wenn wir uns Microsoft anschauen, dann haben die alleine rund 35 Milliarden Dollar in KI-Infrastruktur investiert. Und das ist eben krass, weil da kein Ende des Trends in Sicht ist. Auch Alphabet und Meta haben gestern nach dem Börsenschluss die Jahresprognosen gegeben. Und die haben auch einiges investiert: Alphabet investierte über 90 Milliarden Dollar, Meta rund 70 Milliarden – und für 2026 sind noch deutlich höhere Ausgaben geplant.
Die Umsatzentwicklung zeigt durchweg beeindruckende Wachstumsraten: Alphabet steigerte seine Quartalserlöse um 16 % auf 102 Milliarden Dollar und knackte damit erstmals die 100-Milliarden-Marke. Microsoft legte um 18 % auf 77,7 Milliarden Dollar zu, während Meta mit 26 % Wachstum auf 51,24 Milliarden Dollar die höchste Steigerungsrate erreichte. Umsatz ist das eine und Gewinn die andere Seite.
Auf der Gewinnseite zeigt sich ein differenzierteres Bild: Microsoft erzielte im letzten Quartal 28 Milliarden Dollar Gewinn, ein Plus von 12 %. Alphabet steigerte seinen Gewinn sogar um 33 % auf 35 Milliarden Dollar, und das trotz einer 3-Milliarden-Dollar-Strafe der EU. Meta hingegen verzeichnete einen Gewinneinbruch um 83 % auf nur noch 2,7 Milliarden Dollar, verursacht durch eine 16-Milliarden-Dollar-Steuerabschreibung im Zusammenhang mit der Steuerreform von Trump.
Ausblick November/Dezember: Warum ich vorsichtig optimistisch bleibeIch glaube, man kann daraus ein paar Dinge ableiten: Zum einen sehen wir, dass extrem viel Geld in den KI-Bereich investiert wurde. Es wird aber auch die klare Aussage getroffen, dass noch viel mehr Geld in KI investiert werden soll. Und das passt zu der Aussage von mir, dass eben natürlich die Unternehmen noch weiter steigen können, aber dass eben auch massiv viel Geld dort investiert wird.
Auf der anderen Seite glaube ich, dass die Bereiche von Healthcare, vielleicht auch Rohstoffe, natürlich auch die Old Economy und der Infrastrukturbereich sehr spannend sind. Denn wenn wir wirklich KI flächendeckend in der ganzen Welt nutzen möchten, braucht es massiv viel Energie, Internet und Prozessoren. Und am Ende ist es so, dass jetzt natürlich Unternehmen dort eher mehr investieren und die Gewinne in ein paar Jahren dann auch erst kommen. Aber ich bleibe übrigens auch hier dabei: Natürlich wird es passieren, dass die Märkte noch weiter steigen. Natürlich kann es auch passieren, dass es relativ zügig dann mal einen gewissen Abverkauf gibt. Ich kann im Moment noch nicht genau sagen, wann der wirklich passiert.
Wir können auf jeden Fall festhalten, dass die Nasdaq innerhalb von 6 Wochen um über 10 % zugelegt hat. Wenn wir uns auch Einzelzahlen angucken: PayPal gewinnt über Nacht 17 % wegen ChatGPT der will PayPal als Zahlungsdienstleister nutzen, macht über 10 Milliarden mehr an einem Tag.
Eine Nokia sammelt eine Milliarde ein und gewinnt einen Börsenwert von 6 Milliarden. Das alles sind keine seriösen Zahlen. Sie bewegen sich in einer Blase, die meiner Meinung nach irgendwann platzen wird. Und die Frage ist: Wie weit werden die Zahlen nach unten gehen? Ich möchte Dir davor aber keine Angst machen, sondern rate Dir:
Bleibe als Value-Investor mit Tradingansatz diszipliniert. Baue Cashflow auf, nutze Indikatoren zur Risikosteuerung und vergiss diese Sektoren nicht: Old Economy, Healthcare und Rohstoffe. Eine gesunde Korrektur wäre notwendig, aber mit der richtigen Strategie musst Du davor keine Angst haben.
Die Märkte werden schwanken, aber langfristig zahlt sich eine durchdachte, diversifizierte Anlagestrategie aus.
Wie sehe ich den Ausblick für den November und Dezember? Ich bin tatsächlich immer noch leicht bullish, auch wenn die letzten Tage gigantisch nach oben gesprungen sind. Aber ich bin der Meinung, dass es leider, oder vielleicht auch zum Glück, bis zum Ende des Jahres noch ein bisschen weiter steigen wird. Das beste Quartal liegt ja vor uns.
Der Oktober hat schon mal richtig performt. Jetzt wollen wir mal sehen, wie der November und Dezember werden.
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(00:00:00) Status Quo und Zinsen
(00:04:01) Die Märkte stehen unterm Dach
(00:10:39) Die aktuellen Divergenzen
(00:16:24) Was leite ich aus der Situation ab?


