Negativ-dekadent, das war die Bezeichnung der DDR-Repressionsorgane für Jugendliche, die aus dem sozialistischen Einheitsbrei ausbrachen. Egal ob Punks, Skins, Grufties oder "Gammler", alle die, die die DDR-Tristesse zwischen Blauhemd, Fackelzug und den Lügen verkalkter alter SED-Bonzen störten, waren im Visier der Staatssicherheit und sollten zersetzt oder später vereinnahmt werden.
Genau davon kann die Autorin Anne Hahn, die zusammen mit Frank Willmann auch ein Buch mit dem Titel "Negativ-dekadent" herausgab, erzählen. Geboren Mitte der 60er in Magdeburg, organisiert sie Mitte der 80er Konzerte mit "anderen Bands" in staatlichen Räumen, gerät ins Visier der Vopo und Stasi, wird zur Persona non grata und wagt 1989 über Aserbaidschan die Flucht, die allerdings misslingt. Anne kommt ins Gefängnis und wird am 17.11.1989 im Zuge einer Amnestie entlassen. Nach Stationen in Freiburg und Köln landet sie schließlich in Berlin, wo sie bis heute lebt. Ich besuche sie dort und wir sprechen über Magdeburg vor und nach der Wende, über ihre Zeit in der DDR-Punkszene, ihre Flucht und die Zeit im Knast, die Nachwendezeit und ihre heutige Tätigkeit als Autorin und Zeitzeugin, die u.a. vor Schulklassen auftritt. Und ja, wir sprechen auch über Fußball. Der 1. FC Magdeburg und dessen Fans scheinen wohl doch nicht mehr so übel zu sein, wie ich es in Erinnerung habe.
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